Neues Festival:Ein "Superbloom" mitten in der Stadt

Neues Festival: Im Münchner Olympiastadion soll beim neuen Festival die Hauptbühne stehen.

Im Münchner Olympiastadion soll beim neuen Festival die Hauptbühne stehen.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Ein Berliner Veranstalter, der auch Festivals wie "Melt" und "Splash" und das "Lollapalooza" in Berlin organisiert, will ein zweitägiges Popmusik- und Kulturfestival im Olympiapark etablieren.
  • Schon im kommenden Jahr soll das "Superbloom" am ersten Septemberwochenende erstmalig stattfinden, gleichzeitig mit dem "Lollapalooza" in Berlin.
  • Die Organisatoren rechnen mit rund 40 000 Besuchern, es soll Tages- und Kombitickets geben, auch für Familien.
  • Laut Veranstalter handelt es sich nicht um einen "Lolla"-Ableger, doch die Parallelen zu dem international bekannten Festival sind unverkennbar.

Von Philipp von Nathusius

Superbloom. In Kalifornien bezeichnet dies ein Naturphänomen, wenn nach Regen plötzlich wilder Mohn aus sandigen Böden sprießt - und daraufhin Hunderttausende Selfie-Touristen anschwärmen. In München nun soll unter diesem Namen etwas ganz anderes wachsen: ein Popkulturfestival, ein großes Event im Olympiapark, wie es das in München bisher nicht gebe, sagt Fruzsina Szép, die Chef-Organisatorin. Die erste Auflage soll am ersten Septemberwochenende 2020 stattfinden, zur selben Zeit also wie das ebenfalls von Szép verantwortete Festival "Lollapalooza" in Berlin. "Superbloom", sagt die 42-Jährige ganz unbekümmert, sei ihr "neues Kind".

Die Pläne für die Veranstaltung waren bereits vor drei Wochen vorab bekannt geworden. In dieser Woche nun haben der Veranstalter, die Berliner Unternehmensgruppe Goodlive, und der Gastgeber, die Olympiapark München GmbH, das Rahmenkonzept in München vorgestellt. Im Turmrestaurant, hoch oben über dem Parkgelände. Nicht weniger als "etwas sehr Einzigartiges", sagt Szép, dürften sich die Menschen hier von dem neuen "Stadtfestival" erwarten. Von einem bloßen Ableger des "Lollapalooza"-Festivals, das für einen Mix verschiedener Musikstile und ein breites Kulturangebot bekannt ist und das es in insgesamt sieben Ländern gibt, könne keine Rede sein. Dennoch sagt Olympiapark-Chefin Marion Schöne, dass sie sich schon freue auf "60 Prozent Frauen und Familien, die blumig geschmückt über das Gelände laufen werden". Diese Prognose fuße auf der jüngsten Besucherstatistik des Berliner "Lollapalooza".

Atmosphere - Lollapalooza Berlin 2019

Vorbild für München: das Lollapalooza-Festival in Berlin.

(Foto: Gina Wetzler/Getty)

Vom Olympiaturm aus lässt sich das künftige Festivalgelände gut überblicken. Der Rasen des Olympiastadions, wo die Hauptbühne stehen soll, das sogenannte Theater- und Festivalgelände am Spiridon-Louis-Ring, wo sonst "Tollwood" und "Lilalu" für ein paar Wochen im Jahr ihre Zelte aufstellen. Außerdem steht den Festivalmachern der Coubertinplatz zwischen Olympiahalle und -stadion zur Verfügung, die Rasenterrassen und die Theatron-Bühne am See sowie die Halbinsel gegenüber am anderen Ufer.

Szép trägt, was auch sonst, eine geblümte Bluse während sie das Konzept erläutert: Beim "Superbloom" sollten sich Musik und nicht-musikalische Inhalte die Waage halten. Musikalisch werde es ein großes Spektrum geben auf den "drei bis vier Bühnen". Sogar Volksmusik sei denkbar, sagt Szép, solange ein kultureller Bezug zu München gegeben sei. Und lokale Bands sollten auf dem Festival "eine Plattform bekommen". Das hört man auch bei der Fachstelle Pop im Feierwerk gerne, die sich im Auftrag der Stadt um Nachwuchsförderung kümmert: Zwar habe der Veranstalter noch nicht den Kontakt gesucht, trotzdem blicke man "mit freudiger Erwartung" dem neuen Festival entgegen, sagt Alessa Patzer. "Ein Event dieser Größenordnung kann durchaus eine Chance sein für lokale Newcomer und Newcomerinnen." Dass andere, weniger im Fokus stehende Angebote womöglich verdrängt würden, fürchtet Patzer nicht. "Es gibt in unserer Stadt genug Platz für verschiedene Arten von Popkultur."

Und die soll es laut Fruszina Szép, der Festival-Chefin, auch nicht nur in musikalischer Form geben. Von "vier bis fünf nicht-musikalischen Event-Locations", seien geplant. "Bunte Welten" in denen sich Besucher mit Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Familie oder etwa Mobilität auseinandersetzen können, soll es geben. Außerdem soll es jede Menge Kunst und Installationen zu bestaunen geben. "Wir wollen dabei stark mit lokalen Akteuren zusammenarbeiten", sagt Szép. Auch Kooperationen mit Universitäten, Museen, Münchner Künstlern oder Vereinen und Verbänden seien angedacht. Außerdem soll es auf dem Festival wie beim "Lollapalooza" einen abgegrenzten Bereich geben, "wo Eltern die Möglichkeit haben, gemeinsam mit ihren Kindern Zeit zu verbringen, eine Klopapierschlacht zu machen und Kinderbands zu sehen".

Wer Szép zuhört, bekommt den Eindruck, ein in München wohl nicht für möglich gehaltener, post-materieller Neo-Hippie-Festival(alb-)traum komme demnächst über die Stadt. Zumal wenn sie Dinge sagt wie: "Wir Festivalmacher sind Freaks, wir sind Hippies. Wir reiten auf Wolken." Bei so viel Flower Power könnte man beinahe vergessen, dass es bei dem Vorhaben vor allem um eines geht: den wirtschaftlichen Erfolg. Für den hat der Veranstalter einen lokalen Investor mit im Boot: das Münchner Unternehmen Paragon Partners, seit der Übernahme der Weltbild-Verlagsgruppe im Jahr 2014 nicht nur Intimkennern der Finanzbranche bekannt. Darüber, wie und in welchem Umfang man am "Superbloom" beteiligt ist, äußert sich Paragon bisher nicht öffentlich.

518 000 Menschen

haben in diesem Jahr ein Open-Air im Münchner Olympiastadion besucht - weit mehr als in jedem anderen deutschen Stadion. Das hat eine Erhebung des Fachportals stadionwelt.de ergeben. Das lag auch daran, dass in diesem Jahr gleich acht Open-Airs im Olympiastadion über die Bühne gingen. Phil Collins mobilisierte nur 50 000 Zuhörer, die Sängerin Pink hingegen bei ihren zwei Konzerten 120 000 und die Band Rammstein bei zwei Auftritten sogar 140 000.

Die Gesellschafter von Goodlive wiederum sind seit vielen Jahren im Festivalbusiness aktiv. Zum Portfolio der Firma zählen Publikumsmagnete wie die Festivals "Melt" und "Splash". Und zum diesjährigen "Lollapalooza" sollen an beiden Veranstaltungstagen mehr als 80 000 Besucher auf das Berliner Olympiagelände geströmt sein. Zugpferde waren international erfolgreiche Bands wie Kings of Leon, Swedish House Mafia, Kraftklub oder Twenty One Pilots. In München rechnet der Veranstalter zunächst mit deutlich weniger Ticketverkäufen. "Knapp 40 000 Besucher pro Tag wollen wir im nächsten Jahr erreichen", sagt Szép. Eine neue Festivalmarke zu etablieren, brauche Zeit. Mit dem Olympiapark wurde "eine Zusammenarbeit auf zunächst fünf Jahre" vereinbart, wie dessen Sprecher Tobias Kohler sagt. Darüber, in welcher Höhe die Eintrittspreise liegen werden, schweigt der Veranstalter bislang. In Berlin bezahlten Festivalbesucher für ein Tagesticket zuletzt etwas mehr als 80 Euro, für einen Kombipass knapp 150 Euro.

In jedem Fall dürfte das Festival einige namhafte Künstler nach München lotsen. Trotz der hohen Gagen, die bekannte Bands verlangen. Manche Veranstalter setzen deshalb auf parallel stattfindende Festivals wie "Southside" und "Hurricane", "Rock im Park" und "Rock am Ring" - oder eben "Superbloom" und "Lollapalooza" - so lässt sich mit den Musikern eine Art Mengenrabatt vereinbaren.

Dass es Open-Air-Festivals dieser Art in München generell schwer haben, hat sich natürlich auch bis nach Berlin herumgesprochen. Immerhin sitzt dort ein anderer Veranstalter, die Deutsche Entertainment-AG (Deag), die davon ein Lied singen könnte, eine Rock-Ballade in Moll. Deren Festival "Rockavaria" zog nach zwei eher mittelmäßig erfolgreichen Anläufen im Olympiapark und einem Jahr Pause im vergangenen Jahr auf den Königsplatz um. Dort fand es zum bislang letzten Mal im Juni 2018 statt. Auch im kommenden Jahr werde es keine Neuauflage geben, sagt ein Sprecher. Grund seien die Sanierungsarbeiten an der Glyptothek, die wohl noch mindestens bis Ende kommenden Jahres dauern werden und die Nutzung des Platzes "erheblich" einschränkten.Wie es 2021 aussieht, dazu könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen.

Und vielleicht erinnert sich manch einer noch an "Rock in Riem", das nach seinem Umzug in den Münchner Olympiapark in "Rock im Park" umbenannt wurde. Zwei Jahre, 1995 und 1996, dauerte das Festival-Gastspiel. Ob es die vielen Wildcamper waren, die illegal im Park um den Olympiaberg ihre Zelte aufstellten, oder ob es andere Gründe hatte: Dann zogen die Veranstalter nach Nürnberg weiter. Der Rest ist Festivalgeschichte.

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