Wohnen in München:Rettung für ein Stückchen Gartenstadt

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Der Garten hinter der Villa an der Zuccalistraße 31 in Nymphenburg soll erhalten bleiben. (Foto: privat)

Nachverdichten und aufstocken - das ist die Devise auf dem Münchner Immobilienmarkt. Doch nun kämpft die Stadt mit rechtlichen Mitteln um den Charakter eines Villen-Quartiers, der durch Neubauten in zweiter Reihe zerstört werden könnte.

Von Ulrike Steinbacher

Der grüne Innenhof zwischen Schleißheimer und Gernotstraße in Schwabing? Wurde für eine Tiefgarage abgeholzt, denn auf die Gebäude ringsum lässt der Eigentümer 30 Galeriewohnungen aufsetzen. Die drei alten Bäume im Hinterhof der Breisacher Straße 5 in Haidhausen? Werden gefällt, weil dort ein neues Rückgebäude entsteht. Die Villa samt Garten am Schmorellplatz 8 in Harlaching? Dürfte wohl einem zwölf Meter hohen Neubau mit 14 Wohnungen weichen, auch wenn noch Klagen von Nachbarn anhängig sind.

Nachverdichten und aufstocken - in vielen Vierteln der Stadt ist das seit Jahren Realität. Manchmal setzen Investoren ihren Willen juristisch durch wie am Schmorellplatz, manchmal hat die Stadt keine Handhabe, ein Bauvorhaben abzulehnen, wie an der Breisacher Straße. Manchmal gelingt es den Kommunalpolitikern auch, dringend benötigten preisregulierten Wohnraum in eine Nachverdichtung hinein zu verhandeln wie beim Hohenzollernkarree, wo ein Drittel der Wohnungen in einem neuen Riegel im Innenhof sozial gebunden sein werden.

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Ob es um Gewinnstreben oder sozialen Wohnungsbau geht: Grün raus, Beton rein ist seit Jahren die Devise auf dem Münchner Immobilienmarkt. Ausnahmen fallen da natürlich auf, selbst wenn sie nur ein einziges Straßengeviert betreffen: den Block von 17 Häusern an Zuccali-, Richilden- und Brunhildenstraße in Nymphenburg. Für dieses 1,7 Hektar große Areal, das im Norden und Westen an den Schlosspark grenzt, stellt die Stadt nun einen Bebauungsplan auf, "zur Sicherung der Gartenstadtziele". Sprich: Sie verhindert damit eine bereits geplante Nachverdichtung, die den Charakter des Villen-Quartiers zerstören würde. Am Mittwoch stand das Thema im Planungsausschuss auf der Tagesordnung.

Fünf denkmalgeschützte Villen und Doppelhäuser von Anfang des 20. Jahrhunderts, ein paar ultramoderne Neubauten, dazu Ein- und Zweifamilienhäuser aus den Jahrzehnten dazwischen stehen an den stillen Straßen. Hinter hohen Hecken und Zäunen lassen sich im Inneren des Blocks große Gärten und alte Bäume erahnen - "eine Gehölzkulisse, die den Münchner Gartenstadtcharakter des Gevierts maßgeblich prägt", urteilt das Planungsreferat.

Die Pläne für den Garten hinter der Villa an der Zuccalistraße 31 waren im Mai 2019 für die Stadträte der Anlass einzugreifen: Ein Bauherr wollte dort in zweiter Reihe zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils sechs Wohneinheiten errichten. Im Grundbuch war der Garten schon von der Villa abgetrennt und als eigenständig erschlossenes Grundstück eingetragen. Damit war genau wie nebenan hinter Hausnummer 29 ein sogenanntes Pfeifenkopfgrundstück mit langer Zufahrt entstanden, was "eine nachteilige Veränderung der Gesamtsituation erwarten ließ", wie es in der Vorlage des Planungsreferats heißt. Die Lokalbaukommission lehnte den Bauantrag ab, der Bauherr klagte, hat die Klage aber inzwischen zurückgenommen.

Erst einmal verhängten die Stadträte 2019 eine Veränderungssperre. Doch mit Paragraf 34 des Baugesetzbuches, so fürchteten die Experten von der Genehmigungsbehörde, würde sich eine Bebauung der Gärten letztlich nicht verhindern lassen. Dieser Passus schreibt nur vor, dass sich ein Projekt in die Umgebung einfügen muss. Zu wenig Schutz für den Gartenstadt-Charakter, befand das Planungsreferat. "Sukzessive wäre die weitergehende Bebauung der bisher freien Flächen mit Neubauten, einschließlich Tiefgaragen, Nebenanlagen und Zufahrten zu erwarten", heißt es in der Vorlage. Also wurde ein Bebauungsplan erarbeitet.

Er setzt 16 Meter tiefe Baufenster und Baugrenzen in Richtung der Gärten fest und verhindert damit neue Hauptgebäude in zweiter Reihe, lässt den Eigentümern aber Spielraum bei Nebengebäuden. Auf den drei Grundstücken im Geviert, wo die Häuser im hinteren Bereich stehen, sind im Gegenzug die Vorgärten freigehalten, die Eigentümer, so das Referat, hätten auf weiteres Baurecht verzichtet.

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