Porträt:Moment der Entscheidung

Lesezeit: 2 min

Seine selbst geschriebenen Stücke klingen verblüffend reif: Nico Weber. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Der junge Münchner Trompeter Nico Weber ist eine kommende Größe der Jazz-Szene. Soeben ist sein Debütalbum "Ela" erschienen.

Von Oliver Hochkeppel

Wie wird man Trompeter? Bestimmt leichter, wenn das Instrument immer schon greifbar ist. Wie bei Nico Weber. Sein Vater ist Trompeter, zwar nicht im Hauptberuf, aber doch als ambitionierter Hobby-Musiker, der in vielen Pop-und Rock-Bands spielt. So kam Nico früh in Versuchung, das so schön golden glitzernde Instrument auszuprobieren. Gab es nie eine andere Option? "Doch, ich wollte unbedingt Schlagzeug spielen", erzählt er. "Alle kleinen Kinder lieben es ja, auf etwas herumzutrommeln. Ich habe sogar Unterricht genommen. Bin dann am Ende aber doch bei der Trompete geblieben."

Sicher keine schlechte Entscheidung. Der 23-jährige Münchner gilt in der Szene schon jetzt als kommende Größe. Das soeben beim Schweizer Unit-Label erschienene Debütalbum "Ela" mit seinem Kwartett unterstreicht das. Verblüffend reif klingen die neun ausschließlich selbst geschriebenen Stücke. Angefangen mit der minimalistisch ruhigen "Introduction". Über das flott beboppige "Anit Cipation" - der Titel bringt den ausgeprägt spontanen Improvisationscharakter des Stücks sehr lustig auf den Punkt -, das wunderbar melancholisch-melodische, auf dem Flügelhorn gespielte und mit interessanten Wendungen aufwartende Titelstück oder das grelle, von wuchtigen Klavierakkorden angetriebene "Why" bis zum Solo-Vehikel "Boris on his Pentagonal Tricycle" und dem zweiteiligen, sehr lyrischen "Different Shades of a Dawn".

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Das Album, das am 4. April bei einem Doppel-Release-Konzert mit Moritz Stahl in der Unterfahrt vorgestellt wird, zeigt: Nico Weber ist kein nur auf sich fixierter Sturm-und-Drang-Trompeter, er steht ganz auf dem Boden der Tradition. "Die ist mir im Studium auch immer stärker ans Herz gewachsen, weil ich gemerkt habe, was es bedeutet, Jazz zu spielen", erzählt er. "Aber ich will sie natürlich mit meinen eigenen Mitteln und Klängen fortsetzen und erweitern." Dazu passen das Stipendium der Yehudi Menuhin "Live Music Now"-Stiftung wie sein ganzer bisheriger Werdegang. Mit 16 begann er in der bayerischen Jugend-Brass-Band 3BA, einem Blechblas-Orchester nach britischem Vorbild, mit der er schon ein Jahr später bei den "Butlin's Mineworkers Open BrassBand Championships" im englischen Skegness den 1. Preis als Satzführer gewann.

Parallel zum Trompetenstudium bei Claus Reichstaller am Jazzinstitut der Münchner Musikhochschule spielte er im Landesjugendjazzorchester und verschiedenen Bigbands. Schon seit dem 19. Lebensjahr arbeitet er nebenher als Trompetenlehrer. Ein Jahr später gründete er mit den Kommilitonen Jakob Jäger am Bass, Leo Ebert am Schlagzeug und Maxim Burtsev am Klavier seine eigene Jazzcombo, das Nico Weber Kwartett, mit dem er im vergangenen Jahr Finalist beim Kurt Maas Jazz Award war. Und er stieg fest in die Indie-Popband Stray Colours ein.

Den Bachelor hat er jetzt fertig, im vergangenen Sommer absolvierte er sein öffentliches Abschluss-Konzert in der Unterfahrt. Jetzt soll beim Masterstudium die Perspektive erweitert werden. Weber hat sich in Leipzig, Berlin und für den übergreifend skandinavischen "Nordic Jazz Master" beworben, "eine Richtung, in die es mich stark zieht", wie er sagt. Nach einem Auslandssemester in der Mongolei wird es also erstmals richtig aus dem bequemen Münchner Nest herausgehen.

Es wird vermutlich kein leichter Weg werden. Im Grunde muss man jeden jungen Menschen bewundern, der sich dafür entscheidet, Jazzmusiker zu werden. Weber konnte bereits bei seinem Vater sehen, dass nur wenige von der Musik leben können. "Mir war das früh bewusst, und ich habe zunächst nicht daran gedacht, dass die Trompete mein Beruf werden könnte. Aber dann saßen die anderen in der Schule, und ich war eine Woche auf Orchesterfahrt und hatte den Spaß meines Lebens. Das war für mich der Moment der Entscheidung." Nico Weber bringt viel mit, damit er sie nicht bereuen muss.

Nico Weber Kwartett: "Ela", Unit Records 51 30, 2024

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