Stagnation. Das ist die Nachricht des Tages vom Mietmarkt. Es bewegt sich fast nichts und genau das ist in München "fast eine kleine Sensation", sagt Stephan Kippes. Erstmals seit vielen Jahren verzeichnet der Immobilienverband Deutschland (IVD) in seinem Halbjahresbericht für Bayern keine deutlich steigenden Preise, sondern ein stabiles Niveau, sogar in München. "Plateau" ist das Stichwort, das Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, immer wieder verwendet, als er die einzelnen München-Grafiken seines Berichts vorstellt. "Das sind Zahlen, die wir für München eigentlich nicht kennen."
Ehe Mieterinnen und Mieter in Jubel ausbrechen: Das jetzt erreichte Plateau ist natürlich immer noch so hoch, dass viele Wohnungssuchende Höhenangst haben. Für eine Altbauwohnung zahlt man im Monat durchschnittlich 19 Euro pro Quadratmeter kalt; für eine Bestandswohnung, also gebaut nach dem Zweiten Weltkrieg, 18,30 Euro, und für einen Neubau 21 Euro. Das sind keine oder nur minimale Steigerungen im Vergleich zum letzten IVD-Bericht aus dem vergangenen Herbst. Bezieht man die Inflationsrate mit ein, sind die Preise sogar gesunken.
Kippes nennt drei Erklärungen für die Stagnation: Es seien aufgrund der Pandemie weniger neue Arbeitskräfte als früher nach München gezogen; die Obergrenze der Zahlungsfähigkeit vieler Wohnungssuchenden sei wohl erreicht; und auch die verschärfte Mietgesetzgebung trage ihren Teil dazu bei, dass der Anstieg gebremst wurde. Verharrt die Kurve für längere Zeit auf diesem Plateau? Das sei die große Frage, sagt Kippes. Er jedenfalls gehe nicht davon aus, dass das Preisniveau in Kürze wieder stark ansteige.
Die Verschnaufpause in München findet auf dem bundesweiten Mieten-Spitzenplatz statt. Das gilt für Wohnungen wie für Häuser. Ein Reihenmittelhaus etwa kostet 2600 (Bestand) oder 2880 Euro (Neubau) im Monat kalt. Eine neue Doppelhaushälfte kostet gar 3500 Euro. "Man fragt sich", sagt Kippes, "wo das noch hingehen soll."
Die Mieter werden anspruchsvoller
Während der Mietanstieg erst jetzt gebremst ist, ist dies bei der Entwicklung der Wohnungsgrößen in München schon länger zu beobachten. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person, die bei gut 39 Quadratmetern liegt, hat sich seit Jahren kaum vergrößert, was den Preisen geschuldet sei. Und doch dürfte sich das bald ändern, sagt Kippes: Weil so viele Menschen während der Pandemie ins Home-Office wechselten und nicht wenige dort wohl auch bleiben werden, dürfte der heimische Flächenbedarf ansteigen.
Schon jetzt, so berichtet Makler Paul Schmidmaier, sei auffällig, dass viele Wohnungssuchende nach einem Extra-Zimmer für den Schreibtisch Ausschau halten und sehr gerne Balkon oder Garten nehmen - das macht die vielen Stunden daheim angenehmer. Was er auch beobachte, sagt Schmidmaier: Mit steigenden Mieten wüchsen auch die Ansprüche der Mieterinnen und Mieter, sie wollten fürs viele Geld was Hochwertiges haben. Stimme das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht, könne eine Vermietung schon mal schwierig werden.
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Auch für suchende Mieter könnte die Lage bald deutlich schwieriger werden. Das liegt zum einen an der Zahl der Baugenehmigungen in München, die gehe nämlich nach unten. "Wir werden Probleme bei der Wohnungsproduktion bekommen", sagt Kippes. Eine Ursache seien die langen Wartezeiten für Bauträger, bis sie eine Firma finden, die ihnen dieses oder jenes Gewerk ausführe. Und wenn dann was gebaut oder saniert wird, dürften die Preise enorm gestiegen sein, weil Rohstoffe in Folge des Ukraine-Kriegs knapp sind.
Und dann, sagt Kippes, gelte es ja nicht nur die Miete zu bezahlen, sondern auch die Nebenkosten. Diese "zweite Miete" dürfte aufgrund der Energiekosten enorm steigen, abzulesen in der nächsten Jahresabrechnung. Also: aktuell ein Preis-Plateau, aber von Entspannung, sagt Kippes, könne man wirklich nicht sprechen.