Gruppengewalt in Riem:Eskalation in der Silvesternacht: Jugendliche Randalierer vor Gericht

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Der Willy-Brandt-Platz in der Messestadt Riem. Hier randalierte in der Silvesternacht 2022 eine Gruppe von etwa 30 Heranwachsenden. (Foto: Robert Haas)

Dutzende Jugendliche liefern sich in der Silvesternacht 2022 Schlägereien in der Messestadt, werfen Tische und Stühle umher und attackieren Polizisten mit Feuerwerkskörpern. Im Prozess kommen einige Angeklagte nun glimpflich davon.

Von Susi Wimmer

Drogengeschäfte, Mord und Randale: Immer wieder kommt es in der Messestadt Riem zu Gewalt und Ausschreitungen. Erst vergangene Woche wurde dort ein 16-Jähriger mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Auch an Silvester 2022 kam es zu Sachbeschädigungen, Schlägereien und Attacken auf Polizei und Feuerwehr mit Pyrotechnik von etwa 30 gewaltbereiten Jugendlichen. Vier junge Männer sind deshalb derzeit vor dem Amtsgericht angeklagt. Doch, so stellte sich heraus, drei von ihnen hatten mit der Gewalt offenbar nichts zu tun.

In ihrer Anklage fasste Staatsanwältin Kristina Motzet zusammen, was sich in jener Silvesternacht zugetragen hatte: Gegen 22 Uhr hielten sich etwa 30 Jugendliche am Willy-Brand-Platz vor den Riem Arcaden auf. Einige von ihnen trugen Sturmhauben, Schlauchschals und Handschuhe, "um ihre Identität zu verschleiern". Dann ging es auf dem Vorplatz rund: Die Jugendlichen warfen Mülltonnen, Stühle und Tische umher, auch um eine Barrikade für Autofahrer zu errichten. Einer riss einen Fahrradständer aus der Verankerung und nutzte ihn als Leiter, um eine Überwachungskamera zu zerstören.

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Zeugen, die die Täter ansprachen und baten, die Randale zu beenden, wurden laut Staatsanwaltschaft angegriffen, geschlagen und getreten - während Mittäter alles mit dem Handy filmten. Gegen zwei Uhr früh, als Polizei und Feuerwehr bereits vor Ort waren, warf ein Heranwachsender Raketen und Böller vom Dach der Riem Arcaden aus auf die Einsatzkräfte. Ein Feuerwerkskörper explodierte etwa zehn Zentimeter hinter einem Feuerwehrmann. "Nur aufgrund eines glücklichen Zufalls", sagt Staatsanwältin Motzet, sei der Mann unverletzt geblieben.

Acht junge Tatverdächtige konnte die Polizei im Nachgang ermitteln, zwei von ihnen wurden bereits verurteilt. Nun sitzen weitere vier junge Männer im Alter von 18 und 19 Jahren auf der Anklagebank. Drei von ihnen, die vergangenes Jahr gemeinsam ihr Abi gemacht haben und derzeit studieren, gaben an, sie hätten sich verabredet, um ins neue Jahr zu feiern. Unter diversen Gruppen habe sich dann "was hochgeschaukelt". Und sie hätten sich "mitziehen" lassen: Sie warfen Stühle gegen Schaufenster, zerstörten eine Kamera, auch mehrere Tische flogen.

Mit der anschließenden Schlägerei aber, so versichern sie, hätten sie nichts zu tun gehabt. Sie würden auch die Jugendlichen aus den anderen Gruppen gar nicht kennen. Als die Polizei kam, so sagt einer von ihnen, habe er gemerkt, dass alles kein Spaß mehr sei, "es ist aus dem Ruder gelaufen". In einer Art "Kurzschluss" habe er zunächst versucht wegzulaufen, sei aber dann stehen geblieben.

So richtig peinlich und unangenehm wurde es für das Trio, als wenige Monate später die Polizei zu Hausdurchsuchungen frühmorgens vor den Türen stand. Alle wohnen noch bei ihren Eltern. Der Vierte im Bunde räumt über seinen Anwalt ein, in jener Nacht vom Dach der Riem Arcaden eine Rakete abgefeuert zu haben. "Wohin die ging, weiß er nicht", sagt der Anwalt.

Am Ende verhängte das Gericht nach Jugendstrafrecht pädagogische Weisungen und Geldauflagen.

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