Ein zünftiger Defiliermarsch, eine prominente Gästeschar aus Politik, Medien und Wirtschaft, dazu Bier mit einem beeindruckenden Stammwürzegehalt sowie ein Kabarettist, der mit Hohn und Spott nicht spart - das kommt einem alles bekannt vor und wirkt fast wie ein kleines Déjà-vu, wenn man an den 3. März und den Nockherberg denkt mit Fastenpredigt und Singspiel. Nicht umsonst wird der Maibockanstich im Hofbräuhaus auch die "kleine Schwester" des Nockherbergs genannt. Nach drei Jahren Pause wegen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine ging es am Dienstagabend aber auch im Herzen Münchens, im großen Saal des Hofbräuhauses, auf der Bühne und an den Biertischen wieder rund - und während der Maibock ein Starkbier ist, das als untergärig bezeichnet wird, darf man die Stimmung bei den rund 600 Gästen durchaus überschäumend nennen.
Das liegt zum einen am Kabarettisten Django Asül, der seit 2008 im Amt ist und inzwischen beim Derblecken als Routinier gilt - was die Vorbereitung der Festrede und das Aushalten der Kritik danach betrifft. Denn bekanntlich verkraftet es nicht jeder trachtengewandete Amts- und jede Würdenträgerin im Saale immer gut, mit all den eigenen Eitelkeiten und politischen Rohrkrepierern vorgeführt zu werden - auch wenn das noch so lustig klingen mag. Oder eben gar nicht genannt zu werden in der Spottrede. Zum anderen war die aufgekratzte Stimmung im Hofbräuhaus darauf zurückzuführen, dass es ja bald wieder richtig zur Sache gehen wird in Bayern, am 8. Oktober bei der Landtagswahl, und der Wahlkampf gerade richtig schön in Schwung kommt.
Django Asül hatte im Vorfeld bekannt, dass die bayerische Spitzenpolitik fast zu viel Material an Absonderlichkeiten und Bemerkenswertem geboten habe. Die Regierung ebenso wie die Opposition. Und dass ihm bei der Stoffsammlung für seine durchaus umfangreiche Rede überhaupt nicht langweilig geworden sei. Das versammelte Kabinett musste sich das alles anhören und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) konnte seinem Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), der an dem Tag zu einer Arbeitssitzung nach München gereist war, die bayerische Lebensart vorführen.
Landestypische Folklore schon in der Begrüßung durch den Kabarettisten Asül: "Seit unserem letzten Beisammensein vor vier Jahren habt ihr euch viel einfallen lassen. Auf die Pandemie habt ihr behutsam reagiert. Während der Lockdowns habt ihr Menschlichkeit walten lassen. Wenn alte Menschen draußen auf einer Parkbank gesessen sind, habt ihr großzügig auf den Einsatz von Wasserwerfern verzichtet." Explizites Lob auch für Söder, der immer mehr zur "Ausschussware" werde, gerade im Hinblick auf die kommenden Monate: "Vier Untersuchungsausschüsse gleichzeitig - das hat noch keiner vor ihm hinbekommen. Auch neu: Söder konzentriert sich auf das Wesentliche. Neulich hat er das Tierheim Feucht besucht und eine Hundepatenschaft übernommen. Markus, ganz ehrlich: Auf mich wirkt das wie plumpe Propaganda. Weißt, was sympathischer wäre: Wenn mal ein Hund die Patenschaft für dich übernimmt."
Die Gäste ließen das sacken bei Lachsforellenroulade auf Spargelragout, später boten Kalbsbackerl auf Rotweinjus samt Serviettenknödel die richtige Grundlage für den Maibock, der zu den Klängen der Bachhauser Blasmusik ausgeschenkt wurde. Der Maibock, das sollte man wissen, wird traditionell zwischen der Fastenzeit und dem Beginn des Frühsommers, bevor die Zeit der Vollbiere beginnt, getrunken.
Also noch weit hin bis zur Landtagswahl im Herbst - weshalb die Gäste aus der Politik ausreichend Zeit haben, das Gehörte zu verarbeiten. Die Landtagsabgeordneten der SPD etwa, die wegen Chancenlosigkeit "null Druck im Wahlkampf" hätten. Oder Hubert Aiwanger, der stellvertretende Ministerpräsident, der neulich in der Weilheimer Gegend unterwegs war, als ein Bauer Bußgeld zahlen sollte, weil seine Kühe ihr Geschäft auf der Straße hinterlassen hatten. "Ruckzuck war der Hubsi" da, freute sich Django Asül. Und zitierte seinen Lieblingssatz aus Aiwangers Auftritt auf der Weide: "Schauma moi, ob die Kühe noch scheißen dürfen."