Freizeit:Bouldern für alle 

Lesezeit: 4 min

Für Maximilian Gemsjäger ist Bouldern eine tolle Sportart für alle Altersgruppen. Er hat das Kraxlkollektiv gegründet. Mit selbst gebauten Boulderblöcken ermöglicht das Kollektiv das Klettern auf Freiflächen. (Foto: Catherina Hess)

Maximilian Gemsjäger will mit dem Kraxlkollektiv frei zugängliche Boulderflächen nach München bringen. Was ihn am Bouldern begeistert und wie er versucht, Nachhaltigkeit in das Projekt mit einfließen zu lassen. 

Von Maximilian Cohrs

Für Maximilian Gemsjäger, 27, ist Bouldern mehr als das Entlanghangeln an Griffen, die an einer Wand befestigt sind. Für ihn geht es beim Bouldern jedes Mal darum, sich selbst zu überwinden, sagt er. Besonders gerne auf anspruchsvollen Routen, bei denen sich selbst geübte Kletterer trauen müssten, größere Strecken zwischen den Griffen durch die geschickte Verlagerung des eigenen Körpergewichts zu überwinden. "Manchmal muss man sogar springen", fügt er hinzu. Den höchsten Schwierigkeitsgrad hätten Wände mit einem Überhang, an denen man leicht nach hinten gelehnt klettert.

Er erinnert sich, wie er an das Bouldern herangeführt wurde: "Mein Vater hat meinen Bruder und mich in eine Kletterhalle mitgenommen, als ich ungefähr 14 Jahre alt war." Die Begeisterung war geweckt, der Besuch in der Halle wurde schnell zum festen wöchentlichen Ereignis.

Aus dieser Leidenschaft heraus fasste er vor zwei Jahren den Entschluss, kostenlose Boulderflächen in München zu schaffen. Er gibt zu, dass es nicht seine eigene Idee war. Ähnliche Projekte zum Beispiel in Melbourne oder Stuttgart haben ihn inspiriert. Maximilian Gemsjäger erzählt: "In Melbourne gab es an einem einzigen Ort unter einem Highway drei Boulder-Wände auf einmal." Das habe mehreren Personen gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, an ihnen zu klettern. Zudem gab es zahlreiche Routen verschiedener Schwierigkeitsstufen. Ihm gefiel das Konzept und er dachte sich: "Sowas brauchen wir auch in München."

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Dem Hobby hätte man vorher zwar auch schon in Hallen nachgehen können, "das wird auf Dauer aber schnell teuer und so verbringt man auch noch Zeit an der frischen Luft". Zu Beginn stand er mit seiner Idee noch allein da. Doch nach kurzer Zeit und etwas Werbung zum Beispiel auf Facebook in Boulder-Gruppen oder Klettervereinen schlossen sich ihm einige Freunde und andere Boulder-Fans an. Das Kraxlkollektiv entstand. Mittlerweile bekommt er finanzielle Unterstützung vom Deutschen Alpenverein (DAV), in dem er selbst Mitglied ist, von der Stadt München und verschiedenen Bezirksausschüssen.

Wie ihm sein Architektur-Studium hilft

Vor drei Jahren schloss der junge Mann, der in Trudering aufgewachsen ist, seinen Master in Architektur an der TU München ab, mittlerweile arbeitet er bei einem Münchner Architekturbüro. Er erklärt, das Wissen aus dem Studium sei hilfreich beim Bau von neuen Boulderblöcken. Das Kraxlkollektiv baue sie komplett selbst, vom Zuschneiden und Zusammenschrauben der Holzplatten über die Montage der Bouldergriffe bis zum Design der fertigen Wand. Durch sein Studium habe er ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen erlangt, was dabei helfe, neue potenzielle "Boulderspots", wie er sie nennt, ausfindig zu machen. Auch die anschließende Anfertigung von Skizzen und die Einschätzung des benötigten Budgets falle ihm dank seines Vorwissens leichter.

Altes Plastik wird so stark erhitzt, dass es in alle möglichen Formen gegossen werden kann. So entstehen Bouldergriffe für das Kraxlkollektiv. (Foto: Catherina Hess)

Nachhaltigkeit sei ein wichtiger Aspekt in seinem Studium gewesen, sagt Maximilian Gemsjäger. Die Projekte dort seien immer auch im Hinblick auf möglichst niedrige Emissionen geplant worden, um die Umwelt zu schützen. Das möchte er auch in das Kraxlkollektiv einfließen lassen. Im Internet stolperte er vor einiger Zeit über die Homepage von Precious Plastic München. Das Unternehmen recycelt altes Plastik mit Hilfe selbst gebauter Maschinen. Dank des Spritzgussverfahrens, bei dem das Plastik so stark erhitzt wird, dass es in alle möglichen Formen gegossen werden kann, können auch Bouldergriffe für das Kraxlkollektiv produziert werden. Drei davon befinden sich aktuell am Boulder-Block auf der Theresienwiese, dem "Dicken Hans". Weitere sind in Planung.

Maximilian Gemsjäger sagt, er sei während seiner Boulder-Zeit, die ja schon einige Jahre andauert, nie schlimm gestürzt. Bisher hat es glücklicherweise auch noch keine ernsten Unfälle an einem der Blöcke gegeben. Das liegt sicher an der geringen Höhe. Beim Bouldern geht es nicht darum, möglichst hoch zu klettern, sondern eher horizontale Strecken zurückzulegen. Dabei befindet man sich meist nur wenige Zentimeter bis vielleicht mal einen Meter über dem Boden.

"Anfangs war die Frage der Haftung ein großes Thema. Falls doch mal etwas passiert", sagt Maximilian. Nach gründlicher Recherche und der Zusicherung des DAV, im Schadensfall juristischen Beistand zu leisten, habe er sich dazu entschieden, die Idee in die Tat umzusetzen. Um das Risiko möglichst gering zu halten, müsse jeder Block, bevor er zur allgemeinen Nutzung freigegeben wird, vom TÜV oder von einem Spielplatzprüfer abgesegnet werden. Zusätzlich "werden die Blöcke zweimal wöchentlich von freiwilligen Helfern kontrolliert". Dadurch werde gewährleistet, dass keine Glasscherben oder gar Spritzen herumliegen, an denen man sich verletzen könnte.

Mehr Leute vom Bouldern begeistern

Maximilian Gemsjäger gefällt, wie das Projekt zurzeit läuft, es seien weitere Aktionen geplant, um mehr Menschen an das Bouldern heranzuführen. Für ihn sei Bouldern eine tolle Sportart für alle Altersgruppen. "Das jüngste Kind, das ich je bouldern gesehen habe, konnte noch nicht einmal laufen." Er gibt zwar zu, dass es von seiner Mutter an der Wand gehalten worden sei und es sich noch nicht komplett selbst halten habe können. Aber wenigstens schon mal ein erster Schritt. "Sobald die Kleinen dann wirklich gehen können, können sie eigentlich auch mit dem Bouldern anfangen." Und auch im Alter sei das Bouldern immer noch möglich, Maximilian Gemsjäger sagt, ein guter Bekannter, mit dem er ab und zu klettere, sei Mitte 60.

Genau deswegen habe er vor, Veranstaltungen speziell für Kinder oder auch ältere Personen zu organisieren. Beim Bouldern gibt es meistens verschieden anspruchsvolle Routen, die sich durch die Farbe der Griffe unterscheiden. Es gibt also auch einfachere Routen, an denen sich diejenigen versuchen können, die noch nicht so erfahren sind.

Für Maximilian Gemsjäger geht es beim Aufstellen der Blöcke nicht nur um eine kostenlose Möglichkeit, anderen sein Lieblingshobby näherzubringen. "Am Bouldern gefällt mir sehr, dass man Zeit mit seinen Freunden verbringt", erklärt er. Die Kletterpausen würden sich super eignen, um soziale Kontakte zu pflegen. Über das Kraxlkollektiv habe er beispielsweise Hannah kennengelernt: "Wir sind inzwischen sehr gut befreundet." Genau diese Mischung mache den Reiz für den Kletterer aus, schwärmt er. Man gehe nicht einfach nur Bouldern, sondern verbringt einen Nachmittag mit seinen Freunden.

Maximilian Gemsjäger steht mit Personen aus anderen Städten, die dort genauso wie er frei zugängliche Boulderflächen schaffen wollen, in Kontakt. Er sagt, sie würden sich ständig über neue Projektideen oder den besten Weg zu den Behörden, die die Projekte zuerst genehmigen müssen, austauschen. Als ein Beispiel hierfür nennt er Kletterer aus Nürnberg. Mit dem Aufbauen von Netzwerken und der Motivation der Kletterer wird es in naher Zukunft sicher nicht nur mehr Boulder-Wände in München, sondern in ganz Deutschland geben.

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