Krapfen im Test:Die Kunst der fetten Leichtigkeit

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Die Auswahl an Krapfen in München ist groß. Doch wo gibt es die besten? (Foto: Stephan Rumpf)

Wenn es um Faschingskrapfen geht, sind die Konditoreien in München äußerst kreativ: Vom Klassiker mit Aprikosenmarmelade bis zum Champagner-Gebäck ist alles dabei. Doch welche Sünde lohnt sich? Die SZ hat sieben Krapfenbäcker getestet.

Die Definition des Faschingskrapfens ist denkbar einfach: Man nehme Hefeteig mit Eigelb, knete ihn zur Kugel, backe ihn bei 160 Grad in Butterschmalz aus und fülle ihn anschließend mittels Spritztülle mit Aprikosenmarmelade. Soweit die Theorie, denn natürlich ist der Faschingskrapfen ein nahezu unerschöpfliches Thema mit Variationen. Und da ist noch gar nicht die Rede von jenen Scherzkeksen, die den Krapfen mit Senf statt mit Marmelade füllen. Jedes Jahr wieder überschlagen sich Münchens Konditoren mit neuen Kreationen, die nicht immer allererste Sahne sind, aber auf alle Fälle von Einfallsreichtum künden. Die Kostproben-Redaktion der SZ hat sich in diesem Jahr daran versucht, sowohl ganz traditionelle als auch besonders ausgefallene Krapfen einem eingehenden Test zu unterziehen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber wie stets nach bestem Wissen und Gewissen.

Leicht und luftig

Ein "Traum" sind die Krapfen, die Katharina Stadler in der Konditorei Kustermann verkauft. (Foto: Stephan Rumpf)

Konditorei Kustermann: Geht man dieser Tage die Lindwurmstraße südlich des Goetheplatzes hinunter, begegnen einem tagsüber auffallend viele Menschen mit Schachteln voller Krapfen. Sie kommen aus dem Café Kustermann, aber will man selbst welche kaufen, kann es passieren, dass es gerade keine mehr gibt: Sie sind derzeit der Renner hier, und in der hauseigenen Backstube geht es deshalb ziemlich rund. Das ist nicht verwunderlich, denn seit Katharina Stadler mit ihrem Team Konditorei und Café 2018 übernommen hat, hat sich herumgesprochen, dass es hier die besten Krapfen weit und breit gibt. Das gilt besonders für den Klassiker mit Aprikosenmarmelade: Er ist leicht und luftig, trotz der kompakten, mit Puderzucker fein bestäubten Kruste - würde der Bayer das Wort "fluffig" kennen, so würde er es für diesen Krapfen reservieren. Schon beim ersten Bissen fühlt sich das Gebäck angenehm weich an und schmilzt schon fast am Gaumen. Das verleitet, Gott sei's geklagt, zum Schlingen: Denn dann kommt ja noch die herrlich süße Marmelade... Ein Traum. Die Qualität dieses Backwerks erweist sich übrigens auch, wenn man es schafft, die frisch gekauften Krapfen nicht gleich auf einen Satz wegzuputzen, sondern sich noch welche für den nächsten Tag aufbewahrt. Krapfen aus konventioneller Massenerzeugung haben oft schon am zweiten Tag nur noch die Konsistenz von Styropor. Die Kustermänner aber haben kaum etwas von ihrer Leichtigkeit verloren. Zusatzpunkt! Marcelinus Sturm

Gelungenes Wagnis

Einen Krapfen mit Latte-Macchiato-Füllung gibt es bei der Brotmanufaktur Schmidt. (Foto: Stephan Rumpf)

Brotmanufaktur Schmidt: Fasching ist eine Saison für Kinder, und die penetranteste aller Kinderfragen ist darum erlaubt: Warum? Warum nur füllen sie heute Krapfen statt mit Marillenmarmelade oder Zwetschgenmus mit allem möglichen modischen Zeug? Warum also, mal ganz verrückt, mit Latte Macchiato, jenem Frühstücksgetränk, mit dem kleine Kinder südlich der Alpen zu jener Koffein-Abhängigkeit angefixt werden, die Italien am Laufen hält? Macchiato, echt jetzt? Bei der Brotmanufaktur Schmidt, die es 14 Mal in München gibt, backen sie ja ganz ausgezeichnete Krapfen traditioneller Art, also mit fluffigem Teig und schön viel süß-fruchtigem Zwetschgenmus drin. Aber eben auch, ja: Latte Macchiato. Eine Kaffeebohne krönt den Krapfen, glacierter Zucker überzieht ihn - Puderzucker könnte ja womöglich der lehelbogenhaidhauser Cappuccino-Kundschaft den Kaschmirmantel einsauen. Ein wagemutiger Biss - und eine höchst angenehme Überraschung: Die Creme-Füllung ist ganz wunderbar luftig, leicht und süß, mit eben jenem Hauch von Kaffeegeschmack, der das Ganze besonders macht. Das ist schon sehr fein komponiert. Darum heißt also die Antwort: Warum eigentlich nicht? Alois Gudmund

Ordentliche Trümmer

Bäckerei Neulinger: Wir haben ihn nicht eigens gefragt, aber schon aus landsmannschaftlichen Gründen müsste Markus Söder in einen Krapfen mit Hiffenmark beißen, wenn er im fränkischen Veitshöchheim alljährlich seine Fastnachtskostüme paradiert. Hiffenmark? Ja, damit füllt der Franke nach alter Sitte seine Krapfen. Versteht man in München aber ebenso wenig wie manche Entscheidung des Ministerpräsidenten. Darum ins hiesige Idiom übersetzt: Hiffen sind Hagebutten. Und als Hagebuttenkrapfen preist die Bäckerei Neulinger allgemeinverständlich die ihren an. Schon in der Vitrine ist zu sehen: Es sind ordentliche Trümmer, 80 Gramm Teiggewicht nach eigener Angabe, alles Bio, nur Weizenmehl, Butter, Eier, Milch, Zucker, Hefe, Salz - schmeckbar viel Butter übrigens. Neulinger backt natürlich Krapfen verschiedenster Geschmacksrichtungen, mit Marillenmarmelade oder Zwetschgenmus, bestreut mit Mohn unter der Puderzuckerstaubschicht. Der Teig der Hagebutten-Version war tatsächlich buttrig weich, und die Füllung hat eine feine süß-säuerliche Frische. Das soll genügen. Noch mehr zu loben, hieße, Hiffen nach Veitshöchheim zu tragen. Alois Gudmund

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Champagner am Mittag

Woerner's: Schampus gehört genauso zu München wie Bier und Schweinsbraten. Da wundert es natürlich nicht, dass diverse Bäckereien auch schon lange Champagner-Krapfen im Angebot haben. Dass der von Woerner's Confiserie und Café offenbar ziemlich beliebt ist, musste Pep Rooney allerdings mehrfach erfahren, als er sich nach Feierabend am Marienplatz ein Exemplar holen wollte. Leider keine mehr da, hieß es dann, also blieb nichts anderes übrig, als sich eines Tages schon am Mittag einen der begehrten Schampus-Krapfen zu sichern, dazu noch einen Germknödelkrapfen, quasi als Nachspeise. Das Champagner-Modell bestach schon durch die hauchdünnen Raspeln aus weißer Schokolade als Topping, als dann der Biss in den zarten und luftigen Teig die feine Champagner-Crème offenbarte (in der tatsächlich auch Champagner enthalten ist), war klar, dass sich die Anreise zum Marienplatz während der Mittagspause mehr als gelohnt hat. Auch der Germknödelkrapfen mit Mohn obendrauf überzeugte weitgehend, obwohl er mit dem Jausen-Klassiker im Ski-Urlaub jetzt nicht allzu viel gemein hat. Und wenn die köstliche Pflaumenmus-Füllung etwas üppiger dosiert gewesen wäre, wären wir auch nicht böse gewesen. Pep Rooney

Schneller Booster

Beim Krapfen-Klassiker der Privatbäckerei Wimmer hätte es etwas mehr Marmelade sein dürfen. (Foto: Stephan Rumpf)

Privatbäckerei Wimmer: Die sich selbst eigens als "Privat" bezeichnende Bäckerei Wimmer hat 55 Filialen. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass eine von ihnen in der Nähe ist, wenn das Winterwetter gerade wieder allzu kalt und garstig ist und der eingemümmelte Körper nach Sonne schreit - oder eben ersatzweise nach Zucker. Und da liegen sie auch schon in der Vitrine in allen Farben und, merkwürdigerweise, Formen. Manche nämlich sind derart seltsam oval geformt, dass ihnen mit ihrem Nicht-Rund-Sein das doch eigentlich runde Krapfenseiende völlig abzugehen scheint. Derart verwirrt, haben wir uns zum Klassiker gerettet, also rund, zuckerbepudert und mit Marillenmarmelade gefüllt. Nur wo steckte die? Erst mit unserem vierten Biss in einen eher trockenen, allzu festen und leider auch etwas faden Teig gelangten wir zur süßen Füllung. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil dieser Krapfen nicht gerade zu den größten der Stadt gehörte und der Marmelade eigentlich gar nicht genug Raum für derartige Versteckspiele bieten sollte. Immerhin, ein schneller und auch vergleichsweise günstiger Booster für den Blutzuckerspiegel war er dann doch. Sehr viel mehr aber auch nicht. Alois Gudmund

Korrekter Krapfen

Lockerer Teig, aber ein bisschen trocken: der Krapfen der Hofpfisterei. (Foto: Stephan Rumpf)

Hofpfisterei: Sie sind die ernsten unter ihresgleichen, was daran liegt, dass sie so vollkommen korrekt auftreten. Jede Krapfensorte der Hofpfisterei hat einen ausdifferenzierten Internet-Steckbrief, in dem das Wort Öko das absolut Dominierende ist. Wir nahmen, was die Filialen an der Nauplia- und der Freischützstraße boten, den "Öko-Hagebutten-Krapfen" und den "Öko-Schoko-Krapfen", jeweils zu etwa 80 Gramm, beladen mit 387 und 363 Kalorien. Von ihrem Erzeuger werden sie schnöde Fettgebäck genannt, doch vom Fett hatten sie nicht zu viel abbekommen, bei beiden war der Teig zwar locker, aber eher trocken. Der Schoko-Krapfen hatte eine makellose dunkle Glasur mit weißen Dekokritzeln darauf und eine kleine, intensive Schokocrème-Füllung, nichts tropfte beim Verspeisen. Die klassische, flüchtig mit Kristallzucker bestreute Variante war zwar nicht so elegant, doch enthielt sie einen großen Schlag Marmelade. Als wir hinein bissen, floss die sündig süße Hätschi-Bätschi-Masse über die Finger, köstlich und ganz und gar unkorrekt. Johanna N. Hummel

Ein Hauch New York

Bäckerei und Konditorei Riedmair: Jedes Mal, wenn wir in jüngster Zeit an der Filiale der Bäckerei und Konditorei Riedmair in Untergiesing vorbei gegangen sind, mussten wir unsere Lust auf den süßen Kick immer zügeln, um es mit den Kalorien nicht ganz so zu übertreiben. Aber stets hat er uns durchs Schaufenster angelacht - keck, mit gelb-grüner Verzierung und einem NYC-Label auf dem Zuckerguss, das für New York City steht. Als wir dann nicht mehr anders konnten, als tatsächlich zuzuschlagen, erfuhren wir, dass es der "NYC-Limette-Cheesecake-Krapfen" ist, der der Enthaltsamkeit so gar keine Chance geben mochte. Cheesecake klingt immer gut, und in New York gibt es ja angeblich die besten davon. Umso gespannter waren wir also auf die Kreation. In der Tat kommen sie bei Riedmair mit einer hausgemachten Philadelphia-Limettencrème schon recht nah an US-Cheesecake ran, die Mischung ist erfrischend, fein süß-säuerlich und üppig dosiert. Leider war der Teig des an der Claude-Lorrain-Straße gekauften Exemplars für den Geschmack der Tester etwas zu fest. Ein richtiger Käsekuchen, der einem auf der Zunge zerschmilzt, ist uns dann doch lieber. Pep Rooney

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