"Ich hasse Klezmer." Daniel Grossmann, der Dirigent und Gründer des Jewish Chamber Orchestra Munich, sagt das in einem Videoclip. Um sich dann gleich näher zu erklären: "Ich hab' ein Problem mit der verkitschten amerikanischen Variante der osteuropäischen jüdischen Volksmusik! Ursprünglich war das eine wilde, raue Tanzmusik, gespielt zu Festen, vor allem zu Hochzeiten im osteuropäischen Stetl des 19. Jahrhunderts."
Mit einem Kompositionsauftrag an Moritz Gagern wollte sich das Ensemble auf die Spuren dieser Musik begeben, so entstand ein abendfüllendes Werk mit dem Titel "Nigunim", das im März 2017 in der Muffathalle uraufgeführt wurde. Eine Art auskomponierte Hochzeitsmusik, bestehend aus 23 kurzen, aufeinanderfolgenden Stücken. Die Komposition ist nun wieder zu hören am Mittwoch, 26. April, in den Münchner Kammerspielen. "Klezmer re-constructed", heißt es da. Diesmal mit Videokunst und Puppenspiel.
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Die Idee, für die beseelte "Nigunim"-Musik bewegte Bilder zu finden, entstand schon vor der Pandemie zwischen Grossmann und dem Münchner Videokünstler Christoph Brech. Der hat nun im Auftrag der Sammlung Goetz gemeinsam mit dem Münchner Marionettentheater einen Film geschaffen, der zum einen verschiedene Traditionen aus der Stummfilmzeit aufnimmt, zum anderen aber auch den Produktionsprozess sichtbar macht: Eine jüdische Hochzeit in Schattenspiel-Szenen mischt sich mit Musiker-Aufnahmen aus unerwarteten Perspektiven, die Herstellung der Stabpuppen-Figuren ist ebenso zu sehen wie die Puppenspieler, die versteckt unter der Aufnahme-Leinwand agieren. Ein Spiel mit Zeitebenen und Räumen, wie es auch Moritz Gagern treibt, der mit "Nigunim" einen Blick zurück wirft in eine untergegangene Welt - und dabei etwas Neues geschaffen hat.
Klezmer re-constructed, Orchesterkonzert mit Videokunst, Mi., 26. 4., 20 Uhr, Münchner Kammerspiele. Infos und Karten unter www.muenchner-kammerspiele.de