Erzieher-Zulage:Fragwürdige Quote in der Kinderbetreuung

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Eine Ablage für Schultaschen in der Grundschule an der Helmholtzstraße 6. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Im Oktober 2018 drohte das Tagesheim der Grundschule an der Helmholtzstraße einen Großteil seiner Erzieherinnen zu verlieren.
  • Weil der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unter 50 Prozent gesunken war, galt die Arbeit nicht mehr als "besonders schwierige fachliche Tätigkeit". Damit fiel eine Gehaltszulage weg.
  • Jetzt hat die Stadt Konsequenzen gezogen. Zwar gebe es weiterhin eine Quote, aber auch andere Faktoren werden von nun an berücksichtigt.

Von Jakob Wetzel

Die Eltern der Kinder waren aufgebracht: Im Oktober 2018 drohte das Tagesheim der Grundschule an der Helmholtzstraße einen Großteil seiner Erzieherinnen zu verlieren, und das nur wegen einer fragwürdigen Quote. Weil der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unter 50 Prozent gesunken war, galt die Arbeit der Angestellten nicht mehr als "besonders schwierige fachliche Tätigkeit". Damit fiel eine Gehaltszulage weg, die Erzieherinnen sollten deutlich weniger Geld bekommen.

Fünf Erzieherinnen kündigten daraufhin an zu wechseln. Die Eltern wiederum fragten sich, ob das Tagesheim in Zeiten des Erziehermangels überhaupt rasch genug neues Personal finden würde. Sie ärgerten sich, weil ihre Kinder wegen einer Quote ihre vertrauten Bezugspersonen verlieren sollten. Und sie wunderten sich, denn Grundschule und Tagesheim legten zu allem Überfluss auch noch unterschiedliche Kriterien an, um zu berechnen, wann ein Kind Migrationshintergrund hat. Nach der Zählweise der Schule hätte das Tagesheim die 50-Prozent-Quote noch erfüllt.

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Jetzt hat die Stadt Konsequenzen gezogen. Wie das Bildungsreferat erklärt, gilt weiterhin eine Quote. Es werden aber mehr Faktoren berücksichtigt. Seit September ist nun nicht mehr alleine entscheidend, wie viele Kinder Migrationshintergrund haben, sondern es zählt auch, wie viele sogenannte Integrationskinder, also Kinder mit speziellem Förderbedarf, die Einrichtung besuchen, sowie wie viele Kinder dort auf Empfehlung des Jugendamtes betreut werden. Liegt der Gesamtanteil dieser Kinder bei mehr als 50 Prozent, erhält das Personal mehr Geld. Einrichtungen in sozial schlechter gestellten Stadtvierteln gelten außerdem als "Standorteinrichtungen"; dort können die Erzieherinnen generell mehr Gehalt bekommen.

Laut Bildungsreferat bekommen demnach die Erzieherinnen im Tagesheim an der Helmholtzstraße weiterhin das höhere Gehalt - und nicht nur hier. Im Oktober 2018 wurde bei stadtweit 17 Einrichtungen gerade überprüft, ob die Angestellten wegen der bisherigen Quotenregelung künftig weniger Geld bekommen müssten. Bei einem Großteil der Einrichtungen sei das nun vom Tisch.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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