Forschung in München:Ein Ort für Innovationen

Lesezeit: 3 min

Hier werden bald 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten. (Foto: Robert Haas)

Der Pioneer Campus des Helmholtz Zentrums ist eröffnet: Forschung, Kommunikation und Management sind unter einem Dach vereint - in einem höchst ansprechenden Gebäude.

Von Nicole Graner

Eine Drohne, die über den Helmholtz Pioneer Campus (HPC) fliegen und Bilder nach unten schicken würde, könnte es sichtbar machen: Das neue Gebäude sieht aus wie eine große Raute. Nur mit runden Spitzen. Passt zu Bayern. Es soll ein architektonisches Wahrzeichen sein, das für Grundlagenforschung in der Biomedizin steht.

Drei Jahre wurde gebaut - mitten in der Corona-Zeit. Mitte Juli wurde der Campus, entworfen von Wulf Architekten, mit 6300 Quadratmetern Nutzfläche eröffnet. 52 Millionen Euro hat der Bau an der Ingolstädter Landstraße in Oberschleißheim gekostet, gemeinsam finanziert von Bund und Land.

Noch ist nicht alles fertig, Staub liegt auf so manchem Tisch und Stuhl. Im September sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, und im Oktober werden dann 200 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Arbeitsplätze beziehen. In einem hellen Ambiente aus Holz, Glas und Beton.

Viele Ecken und Nischen bieten Platz für Besprechungen. Kommunikation ist für den CEO und wissenschaftlichen Geschäftsführer Matthias Tschöp ein wichtiger Faktor, damit Innovation gelingen kann, Forschungsergebnisse miteinander diskutiert werden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer neue Impulse bekommen. "Diese jungen Geister, die hier forschen, brauchen enorme Freiheit", sagt Tschöp. Freiheit und Freiraum. Sie bräuchten Zeit, fernab vom klinischen Alltag, in Ruhe ihre Entdeckungen voranzubringen.

Fünf Laboreinheiten mit 150 Plätzen gibt es im dreistöckigen Gebäude. Nicht an der Seite, sondern mitten im Raum und eingebettet in offenen Büroeinheiten.

Die verglasten Labore befinden sich in der Mitte des Raumes. (Foto: Robert Haas)
Der medizinische Blick in die Zukunft muss ein interdisziplinärer sein: Der CEO und wissenschaftliche Geschäftsführer Matthias Tschöp setzt da vor allem auf den Nachwuchs. (Foto: Matthias Tunger)
Das Bild im Eingangsbereich wurde mit Schablonen auf die Wand aufgetragen. (Foto: Robert Haas)

Boyan Bonev, 38, ist Bioinformatiker und Entwicklungsbiologe. Bald wird er in einem der Labore arbeiten. "Endlich", wie er sagt, weil er sich schon sehr auf diese "transparente, offene und einzigartige Atmosphäre" freue. Seit Jahren erforscht er die Zusammenhänge von genetischen und epigenetischen Faktoren und hat eine neue Methode entwickelt, wie man in sogenannten regulatorischen Zellen Mutationen sichtbar machen kann.

"Diese sind sonst nur sehr schwer zu finden", sagt er und erklärt, dass diese Methode helfen könnte, die Diagnostik zu verbessern. Zum Beispiel bei neuronalen Erkrankungen wie Autismus oder Alzheimer. Zu zwölft arbeiten sie, wie Bonev sagt, im Team. Und seien auch bereits mit großen Firmen im Gespräch, wie man die Methode vermarkten könnte.

Die Vision von gemeinschaftlicher Forschung hat Tschöp schon einmal mit dem Helmholtz Diabetes Zentrum, gleich neben dem Pioneer Campus, umgesetzt. Hier wird seit Jahren geforscht, um der Volkskrankheit 100 Jahre nach der Entdeckung des Insulins noch mehr entgegenzusetzen, "weil wir sonst den Kampf gegen Diabetes verlieren", wie der Direktor sagt.

Mit dem HPC - der zweiten Vision von Tschöp - geht es ihm nun besonders um den Nachwuchs. "Wir brauchen ihn, denn die Zukunft liegt in der interdisziplinären Forschung", sagt er. Wie auch in der Robotik und der Künstlichen Intelligenz (KI), mit deren Daten man schneller "tiefer analysieren" könne. Allein im Bereich der KI arbeiten am Helmholtz Zentrum München 350 Mitarbeiter.

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Und es geht um Prävention. Die meisten Wissenschaftler, die am Pioneer Campus forschen werden, hätten bereits einen interdisziplinären Ansatz, suchten nach Synergien. "Wir müssen es schaffen, schneller Lösungen zu finden", sagt Tschöp. Damit man im internationalen Vergleich nicht abgehängt werde. "Und wir müssen weg von der Reparaturmedizin hin zur Präventionsmedizin." Was bedeutet: Krankheiten und Zusammenhänge früh erkennen. "Nicht erst dann, wenn ein Tumor da ist", sagt Tschöp.

Von der "Piazza" im Erdgeschossbereich geht es nach oben. In den "Salon" mit Teeküche. Im "Forum", das mit seinen stufenweise ansteigenden Sitzreihen fast die Anmutung eines Theaters hat und mit einem riesigen LED-Bildschirm ausgestattet ist, können die jungen Forscher Vorträge üben. Auch Gastvorträge sind geplant. Menschen sollen überall zusammenkommen können, wie Projektleiterin Kerstin Adler sagt. In allen Qualitäten: von trubelig bis ruhig.

Für die Wand im Eingangsbereich hat ein Grafik-Student ein schwarz-weißes Bild entworfen, beinahe wie ein Wimmelbild sieht es aus: Glatzköpfige Menschen mit spitzen Nasen und schwarzen Brillen schauen durch Mikroskope. Es passiert viel in diesem Bild. Und das passt zur Synergie von Forschung, Kommunikation, und Management, vereint unter dem Dach dieses Gebäudes. Die zweite Vision von Tschöp ist zumindest architektonisch schon mal Wirklichkeit geworden - jetzt muss sich der Campus nur noch mit Leben füllen.

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