Harlaching:Demo für die Gartenstadt

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Anwohner nutzen einen Ortstermin des Verwaltungsgerichts zum Protest gegen Nachverdichtung

Von Julian Raff, Harlaching

So üppig es hier auch gerade grünen mag, die Gegend um den Schmorellplatz lässt sich nicht mehr ohne Abstriche als Gartenstadt bezeichnen - als Villenviertel, trotz astronomischer Preise, eigentlich gar nicht mehr, seit von der Harthauser Straße her immer neue Mehrfamilienhäuser entstanden sind. Mit der dichten Bebauung eines abseits liegenden, nur über eine schmale Zufahrt erreichbaren "Hammergrundstücks" am Schmorellplatz 8 droht der Gebietscharakter für Anwohner und Lokalpolitiker endgültig zu kippen.

Vor über einem Jahr hatte der Eigentümer sein Projekt eines rund 40 Meter langen und 12,6 Meter hohen Mehrfamilienhauses vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) gegen die Landeshauptstadt durchgesetzt. Diese hatte eine Bauvoranfrage zunächst abgelehnt, damit in erster Instanz verloren und schließlich, mit Blick auf den Baumschutz, Berufung eingelegt, woraufhin sie vor dem VGH erneut unterlag. Trotz unveränderter Ausgangslage, also begrenzter Erfolgsaussichten, klagen nun Nachbarn aus den angrenzenden Mehrfamilienhäusern gegen die Genehmigung. Den gerichtlichen Ortstermin für eine Verhandlung in der nächsten Woche nutzten am Montag weitere Anwohner sowie Mitglieder des Bezirksausschusses (BA) für eine kleine Kundgebung.

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Die Mini-Demo initiiert und polizeilich angemeldet hatte Andreas Babor (CSU), wobei sich SPD- und Grünen-Vertreter des BA ebenfalls einfanden und mit kleinen Schildern unter anderem daran erinnerten, dass "privates Grün wichtig für alle" ist. Ein wenig spektakuläres, gleichwohl ungewohntes Bild in der gediegenen Nachbarschaft der Menterschwaige, wo zuletzt anlässlich der "Biergartenrevolution" vor 25 Jahren Politik auf der Straße gemacht worden war. Während sich die nördlichen Nachbarn durch den 40 Meter langen, vierstöckigen Bau und eine Tiefgaragenzufahrt für 14 Wohneinheiten um Sonnenlicht und Ruhe gebracht sehen, geht es den Stadtviertelpolitikern auch um den Baumbestand und seine kühlende Wirkung aufs Stadtklima. Ein stumpfes Schwert, jedenfalls keinen Ersatz für die 2004 gekippte Gartenstadtsatzung hat die Verwaltung aus BA-Sicht bei alldem mit einer unverbindlichen "Rahmenplanung" geschmiedet, die künftig hier sowie in Laim und Waldtrudering gelten soll.

Ohne juristische oder politische Diskussionen nahmen die Prozessbeteiligten noch einmal den Bestand der Umgebung unter die Lupe. Deren originelle Architektur mit abgerundeten oder pyramidenförmigen Bauten spielte dabei keine Rolle. Den Maßstab fürs Urteil nach dem viel strapazierten Einfügungs- und Umgebungsparagrafen 34 des Baugesetzbuches liefern allein Baumassen und Höhen. Ungünstig für die Kläger könnte sich ein auffälliges Walmdachhaus im Süden auswirken. Gegen ein Neubauprojekt auf diesem Grundstück liegt ebenfalls eine Klage vor. Als problematischer könnte sich aber die Präzedenzwirkung des Bestands erweisen: Dessen Dach überragt die Umgebung und enthält zwei Teilgeschosse, insgesamt finden sich also vier Wohnebenen.

© SZ vom 07.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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