Orleansplatz in Haidhausen:Attraktiv nur für die Tauben

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Sehr ansprechend sieht der Orleansplatz derzeit nicht aus: Auf den Wegen und unter den Bäumen liegt Müll, der Brunnen ist seit fünf Jahren trockengelegt, und von den Anwohnern wird er bestenfalls als Abkürzung genutzt. (Foto: Leonhard Simon)

Der Orleansplatz war einmal als "echte Bereicherung" gedacht, doch in der Realität hält sich kaum jemand hier auf. Nun gibt es Vorschläge ihn aufzuwerten.

Von Patrik Stäbler

Nein, Triton hat's wahrlich nicht leicht. Nicht nur haben sie ihm schon vor Jahren das Wasser abgedreht, sondern inzwischen sitzt der Meeresgott in seiner Jakobsmuschel auch hinter einem Bauzaun, und obendrein hat ihm jemand ein Fahrradschloss ums Handgelenk gewickelt. Entsprechend düster schaut die Sandsteinfigur am Südwestende der Brunnenanlage am Orleansplatz drein - was freilich gut zum tristen Halbrund passt, auf dem Tritons Blick ruht. Denn der Orleansplatz ist unter den Münchner Plätzen, was die SpVgg Greuther Fürth in der Bundesliga ist. Oder in den Worten von Maximilian Seidel ausgedrückt: "Der Platz ist zu einem Ort verkommen, der eigentlich nicht mehr den Bürgern dient."

Seidel ist am Orleansplatz aufgewachsen; als Geschäftsführer des Hotels Stadt Rosenheim blickt er aus seinem Büro täglich hinunter auf das Halbrondell. "Der Orleansplatz ist einfach nicht attraktiv fürs Viertel. Es ist nicht angenehm, dort zu sitzen, und er wird bestenfalls als Abkürzung genutzt." Tatsächlich sind die meisten Bänke trotz Sonnenschein auch an diesem Oktobertag verwaist. Entlang der Wege und unter den Bäumen liegt Unrat. Und die Baustelle am Brunnen, der seit fünf Jahren nicht mehr sprudelt, tut ihr Übriges zum Erscheinungsbild. Kurzum, wohl fühlen sich am Orleansplatz bloß die Tauben, die hier schwärmeweise herumflattern - auch wegen der unermüdlichen Fütterer.

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Dabei war der Orleansplatz als "liebenswertes Zentrum" des Franzosenviertels gedacht, als "kleiner Stadtteilpark" und "echte Bereicherung für Haidhausen und für unsere ganze Stadt". So schrieb es Oberbürgermeister Georg Kronawitter in einer Broschüre zur Neugestaltung des Platzes nach dem Ende der Bauarbeiten am U-Bahnhof Ostbahnhof. Im Oktober 1988 wurde der für 8,2 Millionen Mark aufgehübschte Orleansplatz eröffnet - inklusive eines 86 Meter langen Brunnens, dessen Plätschern den Lärm der stark befahrenen Orleansstraße fernhalten sollte. Vor dem Umbau sei der Platz noch grüner und "für viele viel schöner" gewesen, sagt Andreas Micksch, der unweit von hier wohnt und für die CSU im Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen sitzt. Doch seinerzeit habe die Stadt einen Platz schaffen wollen, auf dem auch Veranstaltungen stattfinden können - daher wurden statt Rasen sogenannte wassergebundene Decken angelegt, also feste Sandflächen.

"Heute würde man das vermutlich nicht mehr so machen", sagt Micksch. Es gebe seit Jahren Überlegungen, wie der Orleansplatz umgestaltet werden könnte. Jegliche Gedankenspiele wurden aber auf Eis gelegt durch die Pläne für die zweite Stammstrecke, die eine neue Haltestelle am Orleansplatz vorsahen. Inzwischen jedoch hat die Bahn umdisponiert: Nun soll die Haltestelle auf der anderen Gleisseite an der Friedenstraße entstehen. Was freilich nicht heißt, dass jetzt der Weg frei wäre für einen Umbau des Orleansplatzes. Schließlich gibt es mindestens noch drei Hürden. Erstens ist der Orleansplatz urheberrechtlich geschützt; allen Veränderungen müsste das Architektenbüro zustimmen, das in den 1980er-Jahren die Neugestaltung entwarf. Zweitens könnte der Orleansplatz doch noch zur Baustelle werden, falls die geplante Tram nach Ramersdorf und Neuperlach am Ostbahnhof endet. Drittens: In Zeiten, in denen Corona der Stadt einen Sparkurs verordnet hat, dürften die nötigen Millionen für eine Umgestaltung wohl kaum so schnell lockergemacht werden.

"Die Stadt hat gerade kein Geld", konstatiert Sabine Hofstetter vom Baureferat in der Sitzung des BA-Unterausschusses Planung. Entsprechend sehe sie beim Thema Orleansplatz "momentan nicht das große Änderungsmoment". Dabei hatte sich das eine oder andere BA-Mitglied leise Hoffnungen gemacht, nachdem das Baureferat sich für die Unterausschusssitzung angekündigt hatte, um über die "Sanierung des Orleansplatzes" zu sprechen. Diese werde jedoch bloß oberflächlich geschehen, sagt Hofstetter. Von April an sollen für 800 000 Euro die Pflasterwege ausgebessert, die wassergebundenen Decken saniert, zehn Bäume gepflanzt sowie Bänke und Mülleimer erneuert werden. Zudem werde im Frühjahr auch der Brunnen am Orleansplatz wieder in Betrieb gehen, kündigt Hofstetter an.

"Ich finde es grundsätzlich gut, dass da jetzt was gemacht wird", sagt dazu Maximilian Seidel. Die Aussage, dass für eine weitreichendere Umgestaltung das Geld fehle, will er aber nicht akzeptieren. Gemeinsam mit Christian Horn vom Kaufring am Orleansplatz habe er sich lange Gedanken gemacht, wie das Halbrondell attraktiver werden könne, sagt Seidel. "Der Platz bräuchte eine Attraktion, zum Beispiel ein kleines Café in der Mitte, und außerdem mehr Grün, damit die Menschen sich mal hinsetzen und einen Kaffee trinken oder Kinder dort spielen können." Ihre Ideen wollen Seidel und Horn diese Woche dem Bezirksausschuss vorstellen und so neuen Schwung in die Debatte um eine Umgestaltung des Orleansplatzes bringen. "Ich kenne einfach niemanden, der diesen Platz attraktiv findet", sagt Maximilan Seidel. "Und ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich die Situation dort verbessern lässt."

© SZ vom 20.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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