Bundestagswahl:Vaniessa Rashid ist die grüne Überraschung im Münchner Osten

Lesezeit: 2 min

Vaniessa Rashid tritt für die Grünen im Münchner Osten als Direktkandidatin zur Bundestagswahl an. (Foto: Florian Peljak)

Die 29-Jährige setzte sich im Rennen um die Direktkandidatur für die Bundestagswahl gegen Margarete Bause durch. Für die erfahrene Politikerin bedeutet es zumindest das vorläufige Aus ihrer Karriere.

Von Heiner Effern

Eine einzige Stimme entschied über das zumindest vorläufige Aus einer Karriere: Margarete Bause, eine der prägendsten Figuren der bayerischen Grünen, muss in diesem Herbst von der großen politischen Bühne abtreten. Die frühere Landesvorsitzende, langjährige Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag und jetzige Bundestagsabgeordnete unterlag im Rennen um eine erneute Bundestagskandidatur im Münchner Osten der 29 Jahre alten Vaniessa Rashid. Im zweiten Wahlgang erreichte diese am Sonntagvormittag 48 Stimmen, Bause kam auf 47, bei einer Enthaltung.

Damit werden für die Grünen in München drei Frauen als Direktkandidatinnen antreten, von denen zwei noch unter 30 Jahre alt sind. Am Samstagabend setzte sich Jamila Schäfer, 27, als Bewerberin im Münchner Süden im ersten Wahlgang deutlich durch. Im Norden ist schon länger Doris Wagner, 58, nominiert, im Westen als einzig amtierender Abgeordneter der 44 Jahre alte Dieter Janecek.

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Der Stadtvorsitzende Joel Keilhauer freute sich über "ein starkes Team" für die Bundestagswahl. Das Ziel steckte er selbst hoch. Bei den letzten drei Wahlen seien die Grünen in München jeweils die stärkste Kraft gewesen. "Genau diesen Anspruch haben wir weiterhin", sagte er am Ende der letzten Aufstellungsversammlung im Münchner Osten. Diese musste am Sonntag wie tags davor die Wahl im Süden wegen der Corona-Maßnahmen rein digital stattfinden. Die Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich im Live-Stream vor, die Mitglieder stimmten von zu Hause aus ab. Um das Verfahren rechtssicher zu machen, müssen alle Teilnehmer die Abstimmung nun nochmals per Brief bestätigen. Zur Wahl stehen dann jeweils aber nur die Siegerinnen des digitalen Votums.

Dass dies im Osten nicht Bause sein wird, sondern die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Rashid, kam auch für die neue Kandidatin selbst überraschend, wie sie danach am Telefon sagte. "Natürlich tritt man mit Ambitionen an, dennoch bin ich immer noch überwältigt." Bereits im ersten Wahlgang hatte sie diese eine Stimme Vorsprung, die ihr dann im zweiten Wahlgang zum Sieg reichte. Danach musste sie den bereit liegenden Blumenstrauß selbst abholen, damit die Hygieneregeln nicht verletzt wurden. Sie müsse nun statt zu feiern bis zum Abend alles einmal durchdenken und strukturieren, sagte sie, "sonst kann ich heute nicht einschlafen".

Was sie im Großen vorhat, davon hat die Politikstudentin aber schon eine Vorstellung. Sie wolle nun "die Stimme der Migrantinnen und Migranten" sein. Rashid kam als Sechsjährige nach drei Jahren Flucht aus dem Nordirak nach Deutschland. Schon früh engagierte sie sich politisch, mit 16 Jahren gründete sie mit anderen die kurdische Frauengruppe Nergiz und nahm laut den Grünen 2011 als Delegierte für die irakischen Kurdinnen an der Weltfrauenkonferenz in Venezuela teil. Dem Bezirksausschuss von Ramersdorf-Perlach gehört sie seit 2014 an.

Ihre neue Kollegin aus dem Süden, Jamila Schäfer, kommt von einer ganz anderen Ebene. Sie ist bereits stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei und ließ in ihrer Vorstellungsrede mal eben die Annalena und den Robert einfließen, also das Spitzenduo Baerbock und Habeck, legte aber danach einen kämpferischen Auftritt hin. Dieser dürfte den Sieg über den härtesten Konkurrenten Peter Heilrath zumindest nicht behindert haben. Dieser war 2017 Direktkandidat und hatte sich auch diesmal wieder stark engagiert. "Ich bin überwältigt und freue mich sehr, mit euch in diesen Wahlkampf zu starten", sagte Schäfer, nachdem auch sie sich ihren Blumenstrauß selbst abgeholt hatte.

© SZ vom 15.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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