Die Inzidenzwerte steigen schon wieder bedenklich an, und da ist es verständlich, dass die Münchner Polizei mit null Toleranz reagiert, wenn sie am Samstagabend zu einer illegalen Feier nach Berg am Laim ausrückt, wo sechs Personen aus vier Haushalten beisammen sind. Im Polizeibericht meldet das Präsidium, dass "von allen sechs die Personalien erhoben wurden", "für die dort nicht Berechtigten anschließend ein Platzverweis erteilt" wurde und "alle nach dem Infektionsschutzgesetz angezeigt" worden seien.
Wenn am selben Samstag 500 Polizeibeamte in der Innenstadt fast tatenlos zusehen, wie Gegner der Corona-Maßnahmen ihnen auf der Nase herum und auf dem Marienplatz eine maskenlose Riesenpolonaise tanzen, ist das Vorgehen hingegen weniger konsequent. Eine "einstellige Anzahl" von Verstößen gegen das Masken-Tragegebot sei insgesamt geahndet worden.

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In sozialen Netzwerken kursieren viele Videos von den Samstags-Demonstrationen, und alle erhärten ein erschreckendes Bild: Hunderte Gegner von Corona-Maßnahmen dürfen sich austoben, als habe es nie die Auflage gegeben, Abstand zu halten und Maske zu tragen bei so einer Massenversammlung. Die Videos zeigen beispielsweise in der Maximilianstraße Polizeikräfte, die einen Riegel bilden gegen keifende Demonstrantinnen und Demonstranten, die beinahe ausnahmslos ohne Maske auf sie einreden oder -brüllen. Kein Beamter reagiert.
Rufe der Unzufriedenheit über den Einsatz werden lauter, nicht nur in sozialen Medien. Warum versucht Münchens Polizei diese Passivität noch immer als Deeskalationsstrategie zu verkaufen, wo sie doch offenbar nichts als schiere Hilflosigkeit ist?
Die Polizei misst mit zweierlei Maß und wird unglaubwürdig: Hier die Polonaise mit völliger Straf- und Narrenfreiheit, und dort, wo's bequemer geht, die scharfe Durchsetzung der Infektionsschutzmaßnahmen. Das Geburtstagsquartett um eine 50-Jährige, das sich im Hummer-Luxuswagen am Samstag durch die Rosenheimer Straße chauffieren ließ, hat die Polizei gestoppt. Vier Personen, vier Haushalte, klarer Verstoß. Sie können also auch anders.