Die Musikanten in der Münchner Fußgängerzone sind, je nach musikalischem Anspruch, ein Ärgernis oder eine Bereicherung. Immerhin müssen sie, bevor sie loslegen dürfen, in die Touristeninformation, um ihr Können zu beweisen - das Probespiel des kleinen Mannes. Da gibt es mittlerweile wirklich ganz großartige Acts, manche schieben einen echten Flügel vor den Oberpollinger und spielen Abba, und sogar die Panflöten-Peruaner sind mittlerweile weit über "El Condor pasa" hinausgewachsen.
Natürlich gibt es auch andere, die wenig musikalisches Talent vorweisen können, die sich deshalb meistens außerhalb der kontrollierten Bereiche finden und irgendetwas auf dem Akkordeon fingern, das nur entfernt an bekanntes Liedgut erinnert - das ist eher Betteln mit Begleitung, aber bitte, immerhin tun die Leute mehr, als nur auf dem Boden zu knien und den Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen.
Seit einiger Zeit schon belebt eine Frau die Straßenmusiker-Szene, die zwischen den beiden Extremen - Virtuosen und Nichtskönner - schwebt. Sie sitzt meistens in der Maffeistraße und bearbeitet eine Harmonika, wohl eine Steirische von der Art, wie sie auch Florian Silbereisen zu spielen vermag. Die Frau spielt gar nicht schlecht, auch wenn sie die Bassbegleitung weglässt und nur die rechte Hand arbeiten lässt. Eindeutig handelt es sich dabei um einen Beweis für das Sprichwort "Übung macht den Meister", denn sie spielt, wie früher Billy Mo mit seinem Tirolerhut, "immer nur das eine Stück".
Das Lied, das sie in immerwährender Wiederholung zum Besten gibt, ist "Bella Ciao". Auch dagegen ist nichts zu sagen, denn das ist ein ehrenhaftes Lied der italienischen Partisanen im Kampf gegen die Nazis. Das Problem bei der Frau in der Maffeistraße: Sie spielt ein "Bella Ciao" zu viel - nämlich nicht "bella ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao", sondern "bella ciao, bella ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao", somit aus der achttaktigen Phrase eine neuntaktige machend.
Wer auf die Tram wartet und während dieser Zeit dieses die Symmetrie missachtende Monstrum 15 bis 20 Mal anhören muss - der könnte wahnsinnig werden. Es möge doch bitte mal jemand aus der Touristeninformation dort vorbeischauen und der Frau die Harmonika wegnehmen. Oder wenigstens das überzählige Bella Ciao.