Prozess:Faustschläge in der Beethoven-Wache: Interne Ermittlerin sagt aus

Lesezeit: 2 min

Im vergangenen Jahr wurden in Bayern knapp 3000 Polizisten verletzt. Zum Schutz der Beamten werden unter anderem auch Bodycams eingesetzt. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ein Beamter der Wache an der Beethovenstraße steht wegen Körperverletzung im Amt vor Gericht. Eine LKA-Mitarbeiterin, die die Sache bearbeitet, hält einen Faustschlag zur Abwehr für angebracht - aber gab es überhaupt einen Angriff?

Von Susi Wimmer

Im Prozess um einen Polizisten, der einen Festgenommenen viermal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll, hat nun eine Interne Ermittlerin des Bayerischen Landeskriminalamtes zu den Vorgängen ausgesagt und die Situation bewertet: Sie sei ja auch schon Streife gefahren, habe einige Widerstände erlebt, da wäre zur Abwehr ein Faustschlag eine Maßnahme, sagte sie auf Nachfrage der Richterin.

Dass der Polizist von der Wache an der Beethovenstraße vor dem Amtsgericht steht, ist dem Umstand geschuldet, dass die Beamten der Beethoven-Wache den späteren Geschädigten angezeigt hatten: Dragan M. ( Name geändert) war am 10. Februar 2022 in der Schillerstraße von der Polizei kontrolliert worden. Er soll einen Beamten beleidigt und Widerstand geleistet haben. Deshalb wurde er auf die Inspektion verbracht. Was dort auf der Wache geschah, wurde teilweise von der Bodycam eines Beamten aufgezeichnet.

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Bei der Sachbearbeitung des angeblichen Widerstands von Dragan M. in der Arrestzelle fiel einem Polizisten eine Szene auf, die er an die Internen Ermittler weiterleitete. Es bestand der Verdacht, dass der Kollege von der Beethovenstraße Dragan M. viermal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll. Und dass die Beamten Dragan M. in die Arrestzelle trugen und den Gefesselten aus einiger Entfernung bäuchlings auf die Holzpritsche fallen ließen.

Pascal H. sprach in seiner Aussage vor Gericht von "einem Impuls", den er dem Geschädigten ins Gesicht gegeben habe. Blutüberströmt sei Dragan M. danach gewesen, ein Umstand, den Pascal H. sich nicht erklären konnte. Er hatte wegen Körperverletzung im Amt einen Strafbefehl über 90 Tagessätze erhalten. Somit wäre der Polizist vorbestraft gewesen. Er legte Einspruch ein - und nun kann es sein, dass er sich wegen zweier Taten verantworten muss. Denn Dragan M. holte sich auf der Beethoven-Wache nicht nur ein blutiges Gesicht, auch sein Finger wurde gebrochen - von dem Mann, der ihn auch geschlagen hatte, sagte M. vor Gericht.

Einen Angriff, den der Polizist abgewehrt haben will, sieht die Ermittlerin im Video nicht

Die Ermittlungen gegen den Fliesenleger Dragan M. wurden eingestellt. Er berichtete vor Gericht, er sei nach den Schlägen bewusstlos geworden und als er aufwachte, sei er nackt bis auf die Unterhose in einer Zelle gelegen. Dass er auf die Holzpritsche geworfen worden sein soll, daran habe er keine Erinnerung.

Die Interne Ermittlerin berichtete in der Verhandlung, dass nach ihrer Einschätzung das Fallenlassen auf die Pritsche "grenzwertig" gewesen sei. Mehrere Beamte hatten den nur 60 bis 70 Kilo schweren Fliesenleger in die Zelle getragen. Pascal H. behauptete, aufgrund des Gewichts sei ein Abbremsen nicht möglich gewesen. Die Interne Ermittlerin meinte, "das sind doch starke Männer".

Pascal H. sagte aus, er habe "den Impuls" gegeben, weil er einen Angriff von Dragan M. abwehren wollte. Die Interne Ermittlerin hingegen erklärte, sie sehe auf dem Video keinen Angriff, der Geschädigte sei "eher überrascht" gewesen. Der Prozess wird Anfang November fortgesetzt.

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