Prozess:Exhibitionist muss ins Gefängnis

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Der Angeklagte war bereits vor dem Prozess mehrfach vorbestraft. (Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa)

Der Mann hatte sich in der S-Bahn und im Olympiabad vor mehreren Frauen entblößt. Zwei Taten hätten vielleicht verhindert werden können - wenn die DB-Sicherheit eingegriffen hätte.

Von Susi Wimmer

Wenn Menschen Stress abbauen wollen, treiben sie Sport, manche meditieren, andere konsumieren. Ibrahim S. zieht sich aus. Er öffnet seine Hose und belästigt in aller Öffentlichkeit Frauen. Exhibitionismus ist eine krankhafte Neigung, und in den Augen von Amtsrichterin Ines Tauscher zeigt sich der mehrfach vorbestrafte Ibrahim S. eher selbstmitleidig denn empathisch und therapiewillig. "Es fällt mir nicht leicht, Sie ins Gefängnis zu schicken", sagt sie dem zweifachen Vater. Und tut es dann doch. "Es ist zu viel aufgelaufen."

16 Einträge listet das Bundeszentralregister beim 32-Jährigen auf: Bereits im Alter von 14 Jahren ging es los mit gefährlicher Körperverletzung, dann Raub, Bandendiebstahl, Betrug - und von 2015 an auch drei Verurteilungen wegen Exhibitionismus, zuletzt 2019 auf Bewährung. Die Bewährungszeit wurde sogar zweimal verlängert, weil S. anderweitig straffällig wurde.

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Auch im Frühjahr 2022 stand er noch unter Bewährung, als er sich in der S8 vor einer 17-Jährigen entblößte, Augenkontakt suchte und sich selbst befriedigte. Im Olympiabad fixierte er eine Frau, die sich gerade bei den Umkleiden föhnte, ließ sein Handtuch fallen und lief nackt um die Frau herum. Als diese flüchtete, rannte er ihr sogar noch nach. "Ich hatte riesige Angst", sagte die Frau bei der Polizei.

Noch schlimmer erging es zwei jungen Urlauberinnen, die nach einem Besuch in der Therme Erding kurz vor Mitternacht mit der S-Bahn in ihr Münchner Hotel zurück wollten. Ibrahim S. setzte sich schräg gegenüber ins Abteil, fixierte sie mit stierem Blick und öffnete seine Hose. Die Frauen flohen zu Mitarbeitern der Therme Erding, die sie kurz zuvor schon im Schwimmbad gesehen hatten, und die ebenfalls in der Bahn saßen. Eine drückte einen Alarmknopf, woraufhin der Zug länger an einem Bahnhof stand.

Warum die Bahn-Mitarbeiter nicht einschritten? Es sei bald Feierabend gewesen, sagen sie

Dann kamen zwei Sicherheitsmitarbeiter der Bahn. "Die haben das nicht ernst genommen", sagte eine der Geschädigten. Sie seien zu Ibrahim S. gegangen und hätten gefragt: "Was wird das hier? Etwa ein Striptease?" Mehr hätten sie nicht gemacht. Der Zug fuhr weiter - mit Ibrahim S. und den beiden verängstigten Frauen. Sie befürchteten, S. könnte ihnen folgen. Daraufhin gab ihnen die Mitarbeiterin der Therme ihre Telefonnummer, und nachdem die Frauen ausgestiegen waren, hielten sie Telefonkontakt bis zum Hotel.

"Wer weiß, ob die weiteren beiden Taten passiert wären, wenn die DB-Sicherheit anders gehandelt hätte", sagt Richterin Tauscher. Die beiden wurden tatsächlich ausfindig gemacht und hätten angegeben, es sei ja Aussage gegen Aussage gestanden und außerdem sei bald Feierabend gewesen.

Mal gefiel ihm die Gruppentherapie nicht, dann passte der Einzeltherapeut nicht, Ibrahim S. spricht leise - und kreist um sich selbst. Ja, sagt er, vielleicht wolle er mit seinen Taten Bewunderung ernten von Frauen. "Sie erzeugen nur Ekel und Angst", sagt die Richterin. Verteidiger Ömer Sahinci plädiert auf eine Bewährungsstrafe. Sein Mandant sei in Therapie und habe Tabletten, die sofort den Trieb zügeln. Aber Richterin Tauscher verurteilt S. zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis. Sahinci erklärte nach der Verhandlung, er wolle in Berufung gehen.

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