Kreativmesse "Do it yourself":Nichts für linke Hände

Lesezeit: 3 min

Am Wochenende findet zum 25. Mal die Handarbeits-Messe im MOC in Freimann statt. Das Prinzip: anfassen, ausprobieren und die selbstgemachten Stücke mit nach Hause nehmen.

Von Thomas Becker

Nähen? Also so richtig mit Maschine? Puh, das wäre nun wirklich absolutes Neuland, eine Herausforderung sondersgleichen für jemanden, der unter der Rubrik "handwerkliches Können" nicht viel mehr als Tanken und Schuhebinden anführen kann. Petra Susanne Fritz lässt das nicht gelten: "Isch ganz oifach", sagt die Schneidermeisterin aus Reutlingen, und wenig später hat sie einen schon überredet, aus dem lustigen Lama-Stoff ein Strampelhöschen für den Neugeborenen zu nähen, mal eben so. Dagegen waren das Stempeln bei "Happyhills" und die Glaskleberei zuvor ein Klacks. Aber Frau Fritz wirft schon die Nähmaschine an und meint: "Des gäht ruckzuck." Willkommen auf der "Creativmesse Do it yourself"!

Zum 25. Mal findet am Wochenende im MOC diese Mischung aus Trendschau, Vorführungen und Workshops statt. "Ein Markt der Fantasie", schwärmt Veranstalterin Petra Griebel, "Vielfalt statt Einfalt ist unser Credo und der Anspruch unserer 180 Aussteller." Spaß am Selbermachen, Dingen den persönlichen Stempel aufdrücken, Lust auf Sachen mit Wertigkeit, die das grüne Gewissen bedienen als Statement gegen Fast-Fashion und Massenkollektion, das seien neben Selbstverwirklichung, Selbstfindung und achtsamem Lebensstil Motive fürs Handarbeiten. Dass das im Trend liegt, belegt die Studie "Nutzungsverhalten Handarbeit" des Verbands Initiative Handarbeit. Dem zufolge stehen Nähen und Stricken an der Spitze der Beliebtheitsskala. Die Szene werde immer innovativer, - und jünger, sagt Griebel: "Knapp 60 Prozent unserer Besucher sind unter 45."

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Und sie sind zu 98 Prozent weiblich, abgesehen von den gleichmäßiger gemischten Schulklassen und Kindergartengruppen. Die sägen und schnitzen unter Anleitung von Waldkindergärtner Rainer Gutermann in der "Waldwerkstatt" oder gestalten auf der vom "Bastelzirkus" organisierten Workshop-Fläche Kerzen, arbeiten mit Gießharz und Modelliermasse, formen Bienenwachs oder gießen mit weißen Handschuhen Acrylfarbe, was unter dem Begriff "Pouring" läuft.

Wer Geduld und eine halbe Stunde Zeit mitbringt, kann sich selber Seife gießen, in Dino- oder Herzchen-Form. Nebenan in der Eulenhofer Seifen-Manufaktur stehen zig Farben und Düfte für den perfekten Seifenmix bereit - damit sich die lieben Kleinen brav die Hände waschen, was in Zeiten des Coronavirus ja noch wichtiger geworden ist. 20 000 Besucher werden an den drei Messetagen erwartet - mit zusätzlichen Desinfektionsmöglichkeiten und einer erhöhten Taktung beim Reinigungsdienst reagieren die Veranstalter auf das Virus.

Zurück zur Kreativität: In den zwei Hallen gibt es Stoffe, Wolle, Garne, Stempel, Bänder, Papier, Pinsel, Stifte, Perlen und Schmuckzubehör aller Art, es wird gestrickt, genäht, gebastelt, gemalt, geplottet, gestanzt, gequiltet, geflochten, gefilzt und gedrechselt. Letzteres auch am Stand von Unimat: Aus Buchen- oder Ahornholz kann man sich bei Matthias Lauterborn für zehn Euro innerhalb einer Viertelstunde einen höchstpersönlichen Kugelschreiber drechseln. Derweil lernt frau am Stand von "Clip & Clutch", wie sie aus einem Stoff, einem ausgewählten Bügel und etwas Kleber ihre eigene Handtasche designt. Kostenpunkt: 20 bis 40 Euro.

Das Prinzip der Messe: anfassen, ausprobieren und die selbstgemachten Stücke mit nach Hause nehmen, aber auch einkaufen. So wie bei der "Sockenmanufaktur", wo Martina und Achim ihre Selbstgestrickten verkaufen. Richtig: Auch der Achim strickt. "Mit 55 musste ich das noch lernen, als meine Frau sich damit selbständig gemacht hat", erzählt er mit einem Lachen. Heute steckt jedes Socken-Pärchen in einer Banderole mit der Aufschrift Achim oder Martina, je nachdem wer da genadelt hat. Dazu gibt's noch lustige Postkarten mit Aufschriften wie "Nicht jetzt, Schatz - ich stricke!" oder "Das Leben ist kurz - strick' schneller!" Freunde des Male-Knitting können sich am Samstag mit dem Strick-Blogger Lutz Staacke austauschen, der rein phänotypisch eher vom Holzhacken zu kommen scheint. Bloggerkollegin Joél Joél lädt am Samstag von 14 bis 17 Uhr in die Creativlounge zum Strick-Treff.

Tipps von Profis gibt es zudem in Sachen Kalligraphie, Handlettering, Scrapbooking, Meshwork-Stoffflechtkunst bis zu Draht weben und Ketten häkeln, der Kulturraum München e.V. hilft im Workshop "Ohne Reim, kein Schwein!" beim Gestalten poetischer Texte, und "Glückscoach" Anja Plattner empfiehlt: "Lebe Deine Buntheit - sei Du selbst!" Ihr Credo: "Verabschiedet euch von Glaubenssätzen wie ,Ich kann nicht malen' oder ,Ich bin nicht kreativ', denn Kreativität braucht alles andere als Kontrolle." Nun ja, es mag Bereiche geben, in denen das zutrifft - das Nähen gehört eher nicht dazu. Um es kurz zu machen: Ohne die flinken Finger von Frau Fritz wäre aus dem lustigen Lama-Strampler nichts geworden.

"Creativmesse Do it yourself": Samstag und Sonntag, 10-18 Uhr, Eintritt 10 Euro. Ab 16 Uhr 6 Euro.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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