Versuchte Tötung in Lochhausen:Mordgedanken auf dem Campingplatz

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Ein Bewohner des Campingplatzes in Lochhausen war davon überzeugt, seine Nachbarn würden seinen Sohn nachts "regelmäßig" vergewaltigen. (Symbolbild) (Foto: Robert Haas)

Ein 54-Jähriger wollte seinen Nachbarn umbringen, schüttete ihm Benzin ins Gesicht, stach mit Messer und Mistgabel auf ihn ein. Nun entscheidet das Landgericht München I, ob er dauerhaft in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht wird.

Von Andreas Salch

Im Dezember 2020 verlor Faqih Z. den Bezug zur Realität. Der 54-Jährige lebte damals bereits seit mehr als einem Jahr in einem Wohnwagen auf einem Campingplatz in Lochhausen und hatte Wahnvorstellungen. Z. war davon überzeugt, sein Nachbar Claus W. (Namen geändert) und andere Bewohner des Campingplatzes würden seinen Sohn, von dem er manchmal besucht wurde, nachts "regelmäßig" vergewaltigen. Z. glaubte, Claus W. sei der "Hauptverantwortliche" für die vermeintlichen sexuellen Übergriffe.

Am Morgen des 20. Februar des vergangenen Jahres soll er schließlich den Entschluss gefasst haben, Claus W. zu ermorden. Gegen 8 Uhr lief er zu W.s Wohnwagen. Der 43-Jährige stand im Bademantel in der Tür. Z. ging wortlos auf ihn zu und schüttete ihm aus kürzester Entfernung aus einem Kanister Benzin ins Gesicht. Es kam zu einer Rangelei vor dem Wohnwagen. Dabei stieß Z. mindestens zwölf Mal wuchtig mit einem Küchenmesser mit einer knapp zwölf Zentimeter langen Klinge in den Kopf, Hals und Oberkörper seines Nachbarn, um ihn zu töten. Die Messerklinge drang mehrfach bis zu sieben Zentimeter tief in den Körper von Claus Z. ein.

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Faqih Z. wurde nach der Tat vorläufig festgenommen und einstweilig im Isar-Amper-Klinikum untergebracht. Ärzten zufolge litt der 54-Jährige zum Zeitpunkt der Attacke auf seinen Nachbarn unter einer paranoiden Schizophrenie und war nicht in der Lage, sein Verhalten zu steuern. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb in dem Verfahren vor der 1. Strafkammer am Landgericht München I nicht Anklage gegen Z. erhoben, sondern dessen zeitlich unbegrenzte Unterbringung in eine geschlossene psychiatrische Klinik beantragt.

Dem Opfer gelang es, irgendwie in den Campingwagen zu flüchten

Es grenzt an ein Wunder, dass Claus W. den Angriff überlebte. Nachdem er zu Boden gesunken war, hatte Z. einen Augenblick von ihm abgelassen. Obwohl W. stark blutete, gelang es ihm aufzustehen und in seinen Wohnwagen zu flüchten. Dort wollte er einen Notruf absetzen, konnte sein Telefon aber nicht bedienen, weil seine Hände völlig mit Blut verschmiert waren.

Z. hatte sich unterdessen mit einer Mistgabel bewaffnet. Während sein Nachbar versuchte, den Notruf zu wählen, stieß er mit der Mistgabel durch die noch offenstehende Türe des Wohnwagens auf dessen Brust- und Bauchbereich. Obwohl Claus W. getroffen wurde, gelang es ihm, die Türe seines Wohnwagens von innen zu verschließen. Faqih Z. flüchtete. Erst jetzt war W. in der Lage, einen Notarzt zu alarmieren. Er wurde mit einem Rettungswagen in das Krankenhaus Dritter Orden gebracht und notoperiert.

Z. macht zum Auftakt des Verfahrens keine Angaben zur Tat. Bevor er auf den Campingplatz nach Lochhausen zog, hatte er in einer großen Münchner Zuliefererfirma gearbeitet. Dann wurde ihm betriebsbedingt gekündigt. Er verlor seine Wohnung, lebte zunächst in Obdachlosenheimen und dann im Wohnwagen. Durch den Verlust seiner Wohnung sei er depressiv geworden, sagte Faqih Z. bei seiner Vernehmung. Im Isar-Amper-Klinikum lässt er sich behandeln. Er bekommt ein Neuroleptikum. Ein Urteil wird für Ende Januar erwartet.

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