Zu Ostern ist Süßes gefragt, aber müssen es unbedingt immer Schokoladeneier, Schoko-Hasen, Hefeteig-Osterfladen oder mit Puderzucker bestäubte Rührteig-Lämmer sein? Abwechslung bieten handwerklich hergestellte süße Spezialitäten aus anderen Ländern, die seit Kurzem in München erhältlich sind.
Bulgarische Strudel am Gärtnerplatz
Vania Naydenova und ihre Familie hatten bereits viele Jahre erfolgreich das Café "Poushe" in Zürich betrieben, als sie 2014 ihre selbstgemachten Strudel unter diesem Namen erstmals in Deutschland verkauften, nämlich bei einem Street-Food-Festival auf der Münchner Praterinsel. Seitdem ist Naydenova klar gewesen, dass sie irgendwann einen festen Poushe-Standort in München haben will. Trotzdem folgten in den Jahren danach zunächst Ableger in Stuttgart, Augsburg und Regensburg, wegen der hohen Münchner Mietpreise.
Doch nach einem ersten Soft-Opening-Versuch vergangene Woche ist es Anfang April nun so weit. Poushe eröffnet das erste Café in München, in der Klenzestraße 30 direkt am Gärtnerplatz. Betrieben wird es, wie alle Standorte in Deutschland, von Naydenova und ihrem Ehemann Florian Baumgartner. Doch hinter der Marke Poushe stehen eigentlich vier Frauen: Naydenova selbst, ihre zwei Schwestern und deren Mutter Ivanka Suter, die Poushe 2001 gründete und sich bis heute um das Mutterschiff in Zürich kümmert.
Der Fokus jedes Poushe-Cafés liegt auf den handgemachten Strudeln nach Familienrezept. Schon Naydenovas Großeltern in Bulgarien seien Zuckerbäcker gewesen, und die Grundzutaten der Strudel bis heute dieselben geblieben. Der Strudelteig wird mit Sonnenblumenöl statt Butter gemacht und ist deshalb von Haus aus vegan. Strudel und Mehlspeisen seien aber nicht unbedingt typisch bulgarisch, eher böhmisch oder osteuropäisch, erklärt Naydenova.
Die Strudel selbst stellen die Schwestern in der Nähe von Stuttgart in Handarbeit her und liefern sie nach München. Die Produktion zu verlegen, sei nicht leicht, sagt Naydenova, denn die Wickeltechnik der Strudel sei kompliziert und ein gehütetes Familiengeheimnis. Mitarbeiter in der Herstellung unterschreiben sogar eine Geheimhaltungsvereinbarung. Die Kunst bestehe darin, den Teig hauchdünn auszurollen, damit er beim Backen außen knusprig wird und die Füllung innen gleichmäßig verteilt werden kann. Dadurch schmeckt der Poushe-Strudel nicht wie eine mächtige Mehlspeise, sondern eher wie eine saftige Knuspertasche.
Präsentiert werden die Strudel im Münchner Café in einer großen Vitrine am Bestelltresen mit Self-Service. Es gibt ganzjährig süße und herzhafte Klassiker, wie Apfel-Zimt (8,50 Euro) oder Linsen-Curry (9,50 Euro), und auch saisonale Kreationen, zum Beispiel jetzt im Frühling Strudel mit Erdbeeren oder Spargel. "Poushe" spreche man übrigens "Puschä" aus, mit Betonung auf der zweiten Silbe, erklärt Naydenova. Es sei ein Dialektwort aus der Region Bulgariens, aus der ihre Familie stammt, und ein Ausdruck für das Kleine, Süße, Herzliche, aber auch für das Gefühl, wenn die Familie beisammen sitzt.
Schwedische Kardamomknoten im Atelierpark
Marie Herrmann ist zwar mehr Sauerteig- als Zuckerbäckerin, doch ihren Sauerteig mischt sie sogar ihren süßen Kardamomknoten (vier Euro) bei. Letzten Herbst hat sie sich mit einem kleinen Container im Atelierpark beim Bahnwärter Thiel den Traum von einer eigenen Bäckerei erfüllt. "Bageri" heißt sie, die schwedische Bezeichnung für "Bäckerei".
In Skandinavien hat Herrmann nicht nur Kardamomknoten kennengelernt, die dort eine Spezialität sind, sondern auch Backbetriebe, die hochwertiges Handwerksgebäck und gleichzeitig guten Kaffee anbieten. Dieses Konzept wollte sie nach München holen, denn sie findet, hier bekomme man selten beides am selben Ort.
Eigentlich ist Herrmann gelernte Pharmazeutin und hat über eine Prüfung der Handwerkskammer eine Sonderlizenz erworben, die ihr ermöglichte, sich ohne Meistertitel mit einer Bäckerei selbständig zu machen. Ihr Pharmazie-Studium habe ihr bei der Vorbereitung auf diese Prüfung geholfen, denn zwischen den beiden Berufen gebe es durchaus Berührungspunkte. "Je mehr Geduld man dabei hat, Dinge zu ziehen, desto besser werden sie irgendwann. Das gilt für pharmazeutische Technologie und für Teigtechnologie gleichermaßen", weiß Herrmann. Ihren Sauerteig "zieht" sie mittlerweile schon seit sechs Jahren.
So beengt die Backstube sein mag, für Herrmann ist der Container der ideale Standort, den sie sich als selbständige Quereinsteigerin auch finanziell zugetraut habe. Sie habe anfangs lediglich Sorge gehabt, dass der Atelierpark zu wenig Laufkundschaft anziehen könnte. Diese Bedenken seien schnell verflogen. Mittlerweile gingen an einem Samstag bei gutem Wetter bis zu 600 Knoten über den Verkaufstresen.
Herrmann hat Kardamomknoten zum ersten Mal in Kopenhagen probiert und deren Herstellung sogar in der legendären schwedischen Bäckerei "Loshult Handelsbod" aus nächster Nähe studiert, als sie dort ein paar Wochen ausgeholfen hat. Ihr eigenes Rezept basiert aber auf einem veganen Sauerteig mit Hefe auf Hafermilchbasis, in die Füllung kommt unbedingt frisch gemahlener Kardamom. Die Teigstränge werden dann je nach Sorte unterschiedlich verknotet: Kardamom glatt geschlungen, Zimt gezwirbelt, Mohn-Marzipan geflochten. Am Gründonnerstag und Karsamstag gibt es zusätzlich Safranknoten. Zum Schluss bringt eine Glasur aus Rohrzuckersirup und Meersalz die Knoten zum Glänzen und hält sie länger frisch.
Türkisches Baklava auf dem Viktualienmarkt
Als vergangenen Herbst der Pop-up-Stand von Nadir Güllü aus Istanbul auf dem Viktualienmarkt eröffnete, war deren Baklava innerhalb weniger Stunden ausverkauft. "Nachschub wurde dann in Koffern aus Istanbul eingeflogen", erinnert sich Filialmanager Baris Çelik lachend. Die Nachfrage sei seitdem nicht abgerissen. So durfte das Pop-up, das eigentlich nur bis Jahresende bleiben sollte, bis zum 31. März verlängern.
Doch auch jetzt ist der Abschied nicht für immer. Denn nun steht fest, dass Nadir Güllü mit einem festen Standort in München bleiben wird. Wo genau, dürfe man nicht verraten, denn die Verträge müssten erst noch unterzeichnet werden, sagt Çelik. Er verrät nur so viel: Weit umziehen müsse man nicht.
Die neue Filiale soll nicht nur die einzige in München bleiben, sondern auch die einzige in Deutschland, erklärt Çelik. Neben der Produktionszentrale in Istanbul, die momentan am Galataport neu gebaut wird und wo täglich zweieinhalb Tonnen Baklava hergestellt werden, gibt es nur noch einen weiteren Shop in Tokio. Die Wahl sei auf München gefallen, weil Baklava hier den Ruf eines übersüßten "Imbiss-Ramsch-Produktes" habe, sagt Çelik. Das wolle man ändern, denn in der Türkei sei Baklava eine hochwertige Delikatesse.
"Karakoy Gulluoglu Nadir Güllü" wird als Familienunternehmen in sechster Generation geführt und deren Baklava oft als das beste der Türkei bezeichnet. Mit 0,1 Millimeter ist der Teig so dünn ausgerollt, dass er sich gar nicht mit Zuckerwasser vollsaugen könnte, wie Deutsche das vom hiesigen Baklava gewohnt sind. Jedes Baklava besteht aus 40 Teigschichten und wird mit Pistazien aus Gaziantep gefüllt. Wegen solcher regionalen Zutaten mache es keinen Sinn, die Produktion aus der Türkei auszulagern, meint Baris Çelik. Dazu komme, dass die Ausbildung der Bäckermeister sieben Jahre dauere.
Insgesamt stellt Nadir Güllü 27 verschiedene Sorten Baklava her. Im Sortiment des Pop-ups gab es neben dem hellen Klassiker mit Pistazie ein dunkles Baklava mit belgischer Pralinenschokolade oder ein rundes mit Walnussfüllung (je 3,50 Euro pro Stück). In der neuen Filiale soll es dann mehr Sorten geben, verspricht Çelik.