Justiz in München:Mehr Kinder in Gefahr

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Seit Beginn der Pandemie hat das Amtsgericht München 25 Prozent mehr Kinder und Jugendliche in Psychiatrien und anderen Einrichtungen untergebracht. Auch in anderen Rechtsgebieten haben sich die Zahlen seit Beginn der Corona-Krise verändert.

Von Stephan Handel, München

Das Amtsgericht München hat in der Corona-Zeit eine erhöhte Zahl von Kindern und Jugendlichen in Jugendpsychiatrien und anderen Einrichtungen untergebracht. Die meisten Maßnahmen waren von kurzer Dauer, etwa wegen akuter Suizidgefahr. Insgesamt stieg die Zahl der "freiheitsentziehenden Unterbringungen" bei jungen Menschen um etwas mehr als 25 Prozent. Diese Zahlen teilte Gerichtspräsidentin Beate Ehrt am Donnerstag bei einem Pressegespräch mit.

Zwar wird nicht erfasst, was der Grund für die Zwangseinweisungen ist. Auffällig aber ist, dass im Jahr 2019 die Zahl monatlich relativ stabil um die 80 lag. Auch das Jahr 2020 blieb zunächst in diesem Bereich - bis die Zahlen dann von August an auffällig anstiegen und bis heute kontinuierlich weiter steigen. In den vergangenen vier Monaten wurde der Wert von 150 Einweisungen nur einmal unterschritten. Beate Ehrt nannte es eine "starke Hypothese", diesen Anstieg mit der Corona-Krise in Verbindung zu bringen. Allerdings wies sie daraufhin, dass in den meisten Fällen nur kurzfristige therapeutische Interventionen nötig waren.

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Das Amtsgericht München ist das größte Gericht Bayerns, mehr als 200 Berufsrichter sprechen hier Recht. Zuständig ist das Gericht für das Gebiet der Stadt und des Landkreises München. Die Pandemie hatte nicht nur Auswirkungen auf die Familiengerichte, die über Einweisungen von Kindern und Jugendlichen entscheiden, sondern auch in anderen Rechtsgebieten. So stieg die Zahl der Klagen gegen Reiseveranstalter und Reisebüros eklatant an: Während im Zeitraum März 2019 bis Februar 2020 in diesem Bereich 767 Klagen eingingen, waren es im gleichen Zeitraum 2020 bis 2021 fast sechs mal so viele, nämlich 4364. Das lag an den Reisebeschränkungen, der Stilllegung des Flugverkehrs, den Quarantäne-Bestimmungen bei der Rückkehr und vielen anderen Unsicherheiten, die Reisenden wie Veranstaltern gleichermaßen zu schaffen machten.

Die Zahl der Insolvenzen dagegen ging trotz der Lockdowns deutlich zurück - was seinen Grund gewiss in den Hilfsmaßnahmen hatte, so wurde zum Beispiel die sogenannte Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen lag 2019 bei 2071, hingegen 2020 nur bei 1498. Beate Ehrt vermutet aber, dass es nach dem Ende der Ausnahmeregelung eine größere Welle von Verfahren geben könnte. Dass die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im Jahr 2021 (975) gegenüber 2020 (755) gestiegen ist, ist womöglich auf einen anderen Effekt zurückzuführen: Es trat eine Reform des Gesetzes in Kraft, die die Dauer der sogenannten Wohlverhaltensphase auf drei Jahre verkürzt. "Vielleicht haben da manche Leute auch einfach abgewartet", sagte Ehrt.

Was die Strafverfahren vor dem Münchner Amtsgericht betrifft, so blieben die Zahlen in den meisten Bereichen ungefähr gleich - mit einer Ausnahme: Verfahren wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz stiegen von 767 (im Zeitraum zwischen März 2019 und Februar 2020) auf 4364 von März 2020 bis Februar 2021.

© SZ vom 07.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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