Allach:Was soll aus dem Einkaufszentrum am Bahnhof werden?

Lesezeit: 3 min

Attraktives Äußeres, wenig Leben drinnen: das Evers in Allach. (Foto: Florian Peljak)

Im Evers stehen viele Läden leer, zudem liegt es mit ehemaligen Mietern im Clinch. Das Center-Management glaubt indes an eine gute Zukunft.

Von Anita Naujokat

Es sollte ein lebendiger Treffpunkt zum Shoppen, Essen und Ratschen sein, mit einem sehr guten Potenzial, für alle Bevölkerungsgruppen sollte es ein Top-Anziehungsplatz werden: das Einkaufszentrum Evers am neu gestalteten Oertelplatz direkt am Allacher S-Bahnhof. Als Nahversorger konzipiert, ist es mit seiner Verkaufsfläche von 10 000 Quadratmetern nicht mit überörtlichen Centern wie etwa den Pasing Arcaden (39 000 Quadratmeter Verkaufsfläche) oder gar dem Pep in Neuperlach (60 000 Quadratmeter) zu vergleichen. Doch seit geraumer Zeit stehen im Evers zunehmenden Kunden vor leeren Verkaufsräumen.

Rechnet man Dienstleister wie die Stadtsparkasse oder die Volkshochschule nicht ein, sind von den rund 25 Geschäften und Gastrobetrieben der viel gepriesenen "Einkaufswelt" fast zweieinhalb Jahre nach der Eröffnung im Juli 2019 gerade einmal zwei Drittel der kleineren übrig geblieben. Der "Food-Court" unter der gläsernen Lichtkuppel ist verwaist. Der hohe Leerstand treibt auch immer mehr Bürgerinnen und Bürger um. So sehr, dass im Juli eine Bürgerin im Namen vieler selbst eine Umfrage in der Bevölkerung gestartet hat, welche Geschäfte sich die Allacher im Evers wünschen. Die Liste, die sowohl an das Center-Management als auch an den Bezirksausschuss Allach-Untermenzing ging, ist lang: Sie reicht von Bioprodukten, Blumen, günstigen wie hochwertigen Bekleidungsgeschäften über Bücher, Feinkost, "Fast Food" von griechisch, asiatisch bis zu Schaschlik und Bratwurst sowie Fisch, bis hin zum Techno-Markt und einem Laden für Handwerksbedarf.

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Man müsse die Bürger fragen, denn die wüssten am besten, was ihr Stadtteil benötige, so die Initiatorin. Die Politik des Center-Managements sei offensichtlich nicht aufgegangen. "Es wäre schade, wenn das Evers uns verloren gehen würde", schreibt sie, denn Allach habe ja keinen richtigen Ortskern.

Die Gewerbeeinheiten hat der Bezirksausschuss von Anfang an als zu groß empfunden

"80 Prozent" aller, mit denen er gesprochen habe, sagten, "das Evers sei ein totaler Reinfall", so Victor Agerer (CSU) im Bezirksausschuss, an den sich Bürger um Hilfe gewandt hatten. So ganz überraschend kommt das Ganze nach Auffassung von Grünen-Fraktionssprecher Falk Lamkewitz nicht. Der Bezirksausschuss habe die Gewerbeeinheiten von Anfang an als zu groß empfunden, dann sei auch noch Corona hinzugekommen. Für Lamkewitz liegt das Problem nicht beim Management oder dem Stadtteilgremium: Ladenbetreiber und Verantwortliche großer Ketten überlegten sich sehr genau, wo sie hingingen und analysierten exakt das Marktgeschehen und das Umfeld. "Eine Zukunft für das Evers sehe ich erst, wenn das Kirschgelände fertig bebaut ist", erklärte SPD-Fraktionssprecher Friedrich Schneller. Und auch für Florian Wimmer (CSU) kam das Evers zu früh: "Da ist was zuerst gebaut worden, was man noch nicht braucht."

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Was im Stadtteilgremium nicht zur Sprache kam, aber auch eine schnelle Weitervermietung verhindern könnte: Beim Landgericht München I waren acht, jetzt sind es noch sieben Streitverfahren zwischen der Eigentümerin des Evers und Noch- oder ehemaligen Mieterinnen und Mietern anhängig sowie ein selbständiges Beweisverfahren, das einer Hauptsacheverhandlung vorgeschaltet werden kann. In fast allen geht es um gegenseitige Forderungen wie Schadenersatz oder Mietzahlungen - mit jeweils anderen Richterinnen und Richtern. Ende September teilte die Pressestelle des Landgerichts mit, es ruhten das Beweisverfahren und eine andere Klage. Ein Verfahren werde derzeit von den Parteien nicht betrieben, in einem sei vor Kurzem die Klage zurückgenommen worden. Drei Verhandlungen seien durch Endurteil in erster Instanz entschieden. Gewonnen habe dabei jeweils das "Evers". Gegen die Urteile hätten die unterlegenen Parteien offenbar Rechtsmittel eingelegt, die Akten befänden sich beim Oberlandesgericht. Zwei Verfahren seien noch offen.

Die Manager wollen alle Ideen aus der Bevölkerung und der lokalen Politik prüfen

Der Bezirksausschuss scheint letztlich nicht allzu beunruhigt zu sein: Ein Gespräch zwischen Stadtviertelvertretern und Center-Management vor Kurzem sei sehr konstruktiv verlaufen, sagte die stellvertretende Bezirksausschuss-Vorsitzende Stefanie Martin (CSU). Sie habe den Eindruck, dass sich das Management mit Engagement und Professionalität um das Zentrum bemühe. Zwar sei das Treffen vertraulich gewesen, so viel aber könne sie sagen: Das Management habe durchblicken lassen, dass es sich - auch orientiert an der Wunschliste - in fortgeschrittenen Gesprächen befinde und von einem positiven Ausgang überzeugt sei. Zu berücksichtigen sei eben auch, dass es zwei bis drei Jahre dauere, bis sich so ein Center etabliert habe. Und dann kamen auch noch die harten Corona-Lockdowns dazwischen. "Diese Zeit muss man zur Etablierung hinten anhängen." Jetzt expandierten nur wenige. SPD-Sprecher Friedrich Schneller äußert sich ähnlich: Er sei von dem Gespräch sehr angenehm überrascht gewesen: Und überzeugt davon, dass das Center-Management in die Zukunft denke.

Das Center-Management signalisiert auch selbst Aufgeschlossenheit: Man werde alle Ideen aus der Bevölkerung und der lokalen Politik auf ihre Umsetzbarkeit prüfen, sagt Matthias Felten, Manager Unternehmenskommunikation bei der MEC Metro-ECE Centermanagement GmbH & Co. KG in Düsseldorf. "Wir arbeiten mit Hochdruck an einer weiteren Belebung des Evers durch neue Mieter." Konkret sei von "fortgeschrittenen Gesprächen mit regionalen Unternehmen" zu berichten. Zwar sei das Center Management von einem positiven Ausgang dieser Verhandlungen überzeugt, könne aber zum derzeitigen Zeitpunkt "noch keine weiteren Aussagen zum Stand der Verhandlungen machen".

© SZ vom 05.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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