Mordversuche im Kreißsaal:"Alles getan, was in unserer Macht stand"

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"In 35 Dienstjahren ist mir so etwas noch nie untergekommen": Pressekonferenz im Klinikum Großhadern. (Foto: Stephan Rumpf)

Die beschuldigte Hebamme galt als äußerst engagiert: Nach den Mordversuchen im Klinikum Großhadern zeigen sich die Verantwortlichen geschockt. Das Krankenhaus hat nun eine Hotline für Patientinnen eingerichtet.

Von Susi Wimmer und Florian Fuchs, München

Im Klinikum Großhadern haben sich die Verantwortlichen geschockt gezeigt von den Taten, die die festgenommene und inzwischen auch freigestellte Hebamme begangen haben soll. "In 35 Dienstjahren ist mir so etwas noch nie untergekommen", sagte Professor Klaus Friese, der Direktor der Frauenklinik. Im Krankenhaus könne sich keiner der Kollegen vorstellen, was das Motiv der 33-Jährigen gewesen sein könnte.

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Vier Mütter und ihre Neugeborenen kämpften um ihr Leben: Eine Hebamme soll im Münchner Klinikum Großhadern vier Frauen im Kreißsaal ein blutverdünnendes Medikament in hoher Dosis verabreicht haben. Nun ermittelt die Mordkommission.

Mehrere leitende Ärzte erläuterten am Donnerstag ihre Sicht der Dinge - auch in der Hoffnung, dass das Klinikum von werdenden Müttern künftig nicht gemieden wird. Man habe in diesen vier Fällen "alles getan, was in unserer Macht stand", versicherte der Ärztliche Direktor Karl-Walter Jauch.

Am 26. Juni sind den Ärzten laut Auskunft des Krankenhauses zum ersten Mal Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Alle vier betroffenen Patientinnen hätten Risikoschwangerschaften gehabt. Ein hoher Blutverlust sei bei solchen Geburten nichts Ungewöhnliches, es habe sich deshalb niemand Sorgen gemacht. Erst ein Anästhesist habe bei einem der Kaiserschnitte bemerkt, dass die Werte nicht stimmten. Das Krankenhaus leitete daraufhin Untersuchungen ein und fand heraus, dass in einer Infusion das Mittel Heparin enthalten gewesen sein muss.

Die Klinik gab ein Gutachten in einem Labor in Frankfurt in Auftrag. Am 4. Juli lagen die Ergebnisse vor. Am 8. Juli informierten die Ärzte die Staatsanwaltschaft, am 10. Juli erstattete das Krankenhaus Anzeige. Am selben Tag sprachen die Ärzte auch mit Patientinnen und Angehörigen. Das Klinikum hat unter 089/4400-73890 inzwischen eine telefonische Hotline geschaltet.

Die beschuldigte Hebamme galt nach Auskunft des Krankenhauses als äußerst engagiert. Als nach ihrer Einstellung im Sommer 2012 Vorwürfe aufkamen, wonach sie bereits bei ihren früheren Arbeitsstationen Probleme wegen Medikamentenmissbrauchs gehabt habe, sei sie zu einem Personalgespräch gebeten worden. Dort jedoch konnte sie die Vorwürfe offenbar ausräumen.

Von August 2013 bis März 2014 sei sie wegen Problemen mit der Bandscheibe krankgeschrieben gewesen. Bei zwei der betreffenden Geburten war die 33-Jährige nach Auskunft des Klinikums die leitende Hebamme. Sie sei damit verantwortlich für die Infusionen gewesen. Bei den anderen Schwangerschaften habe sie die Rolle der begleitenden Hebamme gehabt.

© SZ vom 25.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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