Mitten in der Altstadt:Unbeschränkter Einkaufsspaß

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Die ersten Ladentüren öffnen sich wieder und beim Shoppen fühlt sich manch eine wie eine Königin. So viel umsichtiges Personal für so wenig Kundschaft.

 Glosse von Nicole Graner

Es sind die ersten Tage der vorsichtigen Öffnung von Geschäften. Im Tal zum Beispiel haben nur ein paar wenige auf. An den Türen steht Personal, daneben Desinfektionsspender. Normalerweise ist nur Einlass nach vorheriger Terminvergabe möglich. Aber es ist leer, also gibt es auch kurzfristigen Einlass mit Angabe der Personalien.

Einige Menschen lugen vorsichtig an der Tür hinein und drehen wieder um. Als ob sie es nicht glauben können, dass der Laden wirklich geöffnet sein könnte. Andere fragen, wieder andere schimpfen über die Öffnungsstrategien. "So ein Schmarrn", sagt eine Frau, die nicht in ein Geschäft darf, das nur Online-Termine vergibt. "So ein dämlicher Schmarrn!" "Es tut mir leid", sagt die Dame am Eingang, "ich kann nichts dafür. Beschweren Sie sich doch in Berlin!"

Ein großes Kaufhaus hat zwei Zugänge ausgeschildert. Abgetrennt durch rote Seile, fast wie bei einer Filmpremiere: für bereits erfolgte Registrierung, also mit Termin, und ohne Termin. Ein freundliche Dame weist die Besucher ohne Termin ein, man wartet nur kurz. Dann geht es zur nächsten Dame, ebenso freundlich, an einen kleinen Stehtisch. Dort gibt man Name und Adresse an und wie lang man wohin möchte.

Und dann steht man, natürlich maskiert, nach einer gefühlten Ewigkeit wieder auf einer Rolltreppe in einem Kaufhaus, das einem fast ganz allein zu gehören scheint. Alles ist irgendwie unwirklich. Die Abteilung Bettwäsche zum Beispiel: Keiner ist da. Hallo? Huhu? Ist da jemand? Gleich zwei Beraterinnen fragen nach Wunsch und Begehr. Sie schwärmen aus, suchen gemeinsam nach gewünschten Motiven und Größen. Sie breiten Bettwäsche aus. Egal wie viele Stücke, Hauptsache, man sieht das Muster. Sie machen Preis- und Qualitätsvergleiche. Ehrlich: Das ist tolles Einkaufen. Fast vergisst man die Zeit.

Schnell hopst man noch in die Parfümerie, um endlich wieder die Wimperntusche zu kaufen, die nicht schmiert und seit Wochen online vergriffen ist. Auch hier: Was für eine Freundlichkeit! Was für eine Ruhe! Endlich galt er mal wieder, der Spruch: Der Kunde ist König.

© SZ vom 16.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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