Einen der schönsten Ausblicke auf die Wiesn hat man auf der Oidn Wiesn im "Volkssänger- und Musikantenzelt Zur Schönheitskönigin" hinten links. Schaut man da nach vorne, so sieht man durch die große Panoramascheibe mit den Musikanten-Silhouetten einen Ausschnitt vom Riesenrad und die Kettenflieger vom "Rocket".
Besonders abends ist das an Oktoberfest-Romantik kaum zu überbieten. Doch schön sind noch ganz andere Dinge auf der Wiesn, dachten sich Festzeltwirt Peter Reichert und seine Mitstreiter, zum Beispiel auch Menschen und insbesondere Frauen. Weshalb in der "Schönheitskönigin" jetzt jeden Abend um 19 Uhr herum eine solche gewählt wird. Und irgendwann in diesen 17 Wiesn-Tagen soll's auch einmal einen Schönheitskönig geben.
Eine Misswahl im Bierzelt, das ist eine nicht immer rundherum und für alle erfreuliche Angelegenheit. Das weiß jeder (und vor allem jede), der (oder die) so etwas schon mal bei Dorffesten zwischen Trudering und Ruhpolding mitgemacht hat. Es gibt da Kriterien, aber die haben meist weniger mit dem Numerus clausus, dafür aber viel mit Oberweiten und anderen Körpermaßen zu tun.
So etwas aber ist dem Reichert viel zu blöd, denn das Festzelt "Zur Schönheitskönigin" ist ja nach der Volkssängerin Bally Prell benannt, deren größter Erfolg die "Schönheitskönigin von Schneizlreuth" gewesen ist. In gewissem Sinne lieferte sie damit auch eine Art Rollenmodell für die Wahl im Musikantenzelt auf der Oidn Wiesn. Da geht es nämlich nicht um Kurven, sondern um Fertigkeiten.
Drei Disziplinen müssen die Kandidatinnen absolvieren: Knödeldrehen, Teppich klopfen und, gleichzeitig, Wirsing- und Maßkrugstemmen. Die jeweiligen Festmusikanten stellen die Jury, und am Ende kommt Festwirt Peter Reichert mit einer zierlichen Krone auf die Bühne, die er der Siegerin des Abends aufsetzen darf.
Am Montagabend spielte die "Münchner Salettl-Musi", und drei Kandidatinnen hatten sich zur Wahl gestellt: die 25-jährige Münchnerin Daya Koch, die "eigentlich einen ruhigen Tag" verbringen wollte und von Freunden zur Bewerbung überredet worden war, die 38-jährige Nicole Koslowski aus Gelsenkirchen, die gerade beruflich in München ist, und die 47-jährige Anna-Maria Hartmann aus Hohenthann.
Die drei, angeleitet und angefeuert von Moderatorin Franziska Eimer und Musikant Elmar Walter, machen die Gaudi mit Begeisterung mit. Die Einschätzung der Jury schwankt jeweils zwischen "Bravo", "Pfenningguad" und "Ausgezeichnet", was Punktewerten zwischen 1 und 3 entspricht. Freilich, die Kriterien sind nicht immer so ganz durchsichtig, ja manchmal sogar fast ein bisschen willkürlich. Dem Spaß tut das keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Und irgendwann hält es der Wirt vor der Bühne nicht mehr aus, lacht lauthals los und stößt hervor: "Ja so ein Blädsinn!"
Doch kein Blödsinn kann so groß sein, dass er nicht doch auch wieder Ehrgeiz weckt. Und so liefern sich die drei Frauen ein spannendes Finish im Stemmen von Wirsing und Maßkrug. Elmar Walter muss die Krüge schließlich noch zusätzlich mit den Knödeln füllen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Dann aber setzt sich Anna-Maria gegen die Konkurrenz durch, sie ist die Schönheitskönigin des Abends und erhält Verzehrgutscheine für den "Starnbräu" in Bad Tölz, der eine Ecke weg ist von Hohenthann, aber für eine Gelsenkirchenerin wär's noch weiter gewesen.
An diesem Mittwoch findet in der "Schönheitskönigin" übrigens tagsüber ein "Bally-Prell-Preissingen" statt. Dessen Siegerin hätte dann obendrein die Chance, auch noch Schönheitskönigin zu werden. Das aber wäre dann fast schon nicht mehr schön, sondern beinahe ein bisschen unheimlich.