Milbertshofen/Freimann:Potenzial zu Höherem

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Stadtplaner skizzieren die Silhouette des Gewerbebandes am Frankfurter Ring nun mit Bauten ab 80 Metern neu. Die Lokalpolitiker begrüßen das Rahmenkonzept, fordern aber Nachbesserungen

Von Lea Kramer und Stefan Mühleisen, Milbertshofen/Freimann

Die Stadt will die Gewerbeflächen im Münchner Norden neu ordnen. An diesem Mittwoch soll der Planungsausschuss des Stadtrats über einen Rahmenplan für die Gewerbegebiete am Frankfurter Ring entscheiden. Es geht bei dieser Konzeptplanung auch darum, ob und wo in diesem Gebiet 80 Meter hohe oder noch höhere Häuser entstehen können. Denn die aktualisierten Hochhausstudie vom Vorjahr bescheinigte diesem "Gewerbeband" das Potenzial, "zu einer stadtweiten Prägung der Silhouette" beizutragen.

Der knapp fünf Kilometer lange Streifen nördlich des Frankfurter Rings zwischen den Bahngleisen des DB-Nordrings im Norden, der Ungererstraße im Osten und dem Oberwiesenfeld im Westen ist eines der großen alten Industriegebiete der Stadt. Betriebe wie die Knorr Bremse AG oder die BMW-Gruppe prägen das Areal seit langer Zeit. Über die Jahrzehnte hinweg haben sich auf den Flächen rund um die Firmenstandorte zahlreiche Bau- und Automobilzulieferer angesiedelt. Dieses klassische produzierende Gewerbe hat in der Vergangenheit viel Fläche eingenommen und wird diese auch weiterhin benötigen. Aufgrund veränderter Produktionsprozesse und zunehmender Digitalisierung ist indes anzunehmen, dass sich auch die Gewerbestruktur verändert - und damit die Produktionsstandorte umgebaut werden müssen. Dabei stehen die großen Firmen vor den gleichen Problemen wie die Stadt: Ihnen fehlt es an Platz. Sie konkurrieren mit Wohnbau, Grünflächen und Infrastrukturprojekten um Flächen. Denn auch in Gewerbegebieten wird München immer dichter. "Häufig erfolgen diese Entwicklungen ohne übergreifende Planung", heißt es in der Vorlage für den Stadtrat.

Aus diesem Grund wollen die Stadtplaner künftig mitbestimmen, wie sich das 167 Hektar große Areal weiterentwickelt. Letztlich solle der Rahmenplan ein "Gerüst" dafür liefern, heißt es aus dem Referat. Fixpunkte dieser Entwicklungen könnten 80 Meter hohe Gebäude werden. Die Grundstücke rund um den Frankfurter Ring sind in der vom Stadtrat beauftragten Hochhausstudie explizit als mögliche Zone für sogenannte Stadtzeichen aufgeführt, also Häuser, welche die Stadtsilhouette prägen. Diese fehlen Stadtbaurätin Elisabeth Merk der Vorlage zufolge am Frankfurter Ring, würden aber zwischen dem neuen H2-Hotel am Olympiapark und der Studentenstadt durchaus hineinpassen. "Das gesamte Gewerbeband weist derzeit wenig prägnante städtebauliche Bezüge oder erfahrbare und identifizierbare Orte auf", heißt es. Demnach könnten Hochhäuser der höchsten Kategorie als Teil der Neustrukturierung und qualitativen Weiterentwicklung im Nachverdichtungsprozess dienen. Gewerbe und Handwerk werden das Gebiet weiter prägen, aber die Stadt will Grünflächen und den öffentlichen Nahverkehr verbessern. Die seit einiger Zeit viel diskutierte Seilbahn entlang des Frankfurter Rings taucht in dem Beschlussvorschlag ebenso auf wie die Verlängerung der Tram 23 nach Kieferngarten sowie die Pendel-S-Bahn zwischen Euroindustriepark, BMW und Karlsfeld.

Die betroffenen Bezirksausschüsse werten den Ansatz für das Rahmenplan-Vorhaben zwar positiv. Ein Großteil der Stadtteilpolitiker in Milbertshofen-Am Hart sieht in dem Gewerbeband vor allem eine Chance für den Stadtbezirk. "Wir würden in die jetzigen Überlegungen aber noch gerne ein paar mehr Möglichkeiten für die Zukunft miteinbringen wollen", sagte Susanne Schneider-Geyer, Fraktionssprecherin der SPD im Bezirksausschuss (BA). Ein Versäumnis der Verwaltung sehen Sozialdemokraten, Grüne und ÖDP/Freie Wähler allerdings darin, dass die Stadt eine Wohnnutzung wegen der Emissionen ausdrücklich ausgeschlossen hat. Deshalb lehnte der BA den Rahmenplan mehrheitlich ab.

Denselben Kritikpunkt äußern die Politiker im Nachbarbezirk Schwabing-Freimann - obgleich deren Stellungnahme die Hauptziele der Verwaltungsvorlage begrüßt, begleitet jedoch von dringenden Empfehlungen: So legt das Gremium den Stadtplanern ans Herz, das Areal zum "urbanen Gebiet" umzuwidmen, einer relativ neuen Kategorie im Baugesetzbuch, die eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen zulässt. Ferner regt der Bezirksausschuss an, die westliche Schleife der Autobahnabfahrt unbedingt in die Planung mit einzubeziehen sowie zu untersuchen, inwieweit Grundstückseigentümer am Ausbau der Infrastruktur finanziell beteiligt werden können.

Eine handfeste Forderung setzten die BA-Politiker noch per Antrag ab: Die Stadt soll eine Fläche für ein Jugendzentrum und eine Halle für Live-Konzerte ausweisen. "Die Überplanung des Gewerbebands eröffnet die Chance, eine solche Kulturfläche mit in die Planungen aufzunehmen", heißt es in dem SPD-Antrag, der einstimmig angenommenen wurde.

© SZ vom 09.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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