Geburtstag:Mutti fürs Leben

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Sie hat mit Stars wie Michael Douglas gedreht und auch zahlreiche deutsche Filme bereichert: die Starnbergerin Marianne Sägebrecht. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Die Allround-Künstlerin Marianne Sägebrecht wird 75 Jahre alt

Von Josef Grübl, Starnberg

Vielleicht sei sie ja eine Vertreterin für europäische Country- und Westernklamotten, mutmaßt er und starrt auf die bayerische Lederhose in ihrem Koffer. Daraufhin sie: "Ja, klar. Und ich bin Dolly Parton." Doch die Frau im Lodenkostüm, über deren Herkunft die beiden Amerikaner rätseln, hat nichts mit Country zu tun. Und sie will auch nichts verkaufen. Im Gegenteil: Sie packt an, räumt auf und bringt Schwung in die Bude der Amerikaner. Jasmin Münchgstettner, so ihr Name, ist eine Lichtgestalt im kalifornischen Wüstenkaff, ein Engel mit bayerisch-barockem Körperumfang und Trachtenhut auf dem Kopf. Die als Feelgood-Komödie getarnte Emanzipationsgeschichte "Out Of Rosenheim" entstand 1987, sie lief mit großem Erfolg in den US-Programmkinos, auch in Deutschland wollten den Film von Percy Adlon knapp eine Million Zuschauer sehen. Für seine Hauptdarstellerin war er der Beginn einer internationalen Karriere: Marianne Sägebrecht drehte daraufhin mit Stars wie Michael Douglas, John Malkovich oder Michel Piccoli, sie war in Hollywoodkomödien wie "Der Rosenkrieg" zu sehen oder in "Asterix und Obelix gegen Caesar". Dabei hat die bayerische Allround-Künstlerin nie Schauspielunterricht genommen, sie kam über Umwege zum Film.

1945 in Starnberg geboren, wächst sie ohne Vater am Ostufer des Starnberger Sees auf. Sie macht eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin, heiratet und wird mit Anfang 20 Mutter einer Tochter. Mit ihrem Ehemann leitet sie die Starnberger Kleinkunstbühne "Spinn-Radl", nach der Scheidung in den Siebzigerjahren übernimmt sie als Wirtin die Schwabinger Künstlerkneipe "Mutti-Bräu". Dort wird sie zur Mutti von vielen, von Schauspielern, Schwulen, schrägen Vögeln. Nebenbei steht sie selbst auf der Bühne. Dort sieht sie auch Percy Adlon, der ihr 1980 eine kleine Rolle in einem Fernsehfilm gibt. Fünf Jahre später macht er sie zur Hauptdarstellerin des neonbunten Filmmärchens "Zuckerbaby". Sägebrecht spielt darin eine Totengräberin, die sich in die Stimme eines Münchner U-Bahn-Fahrers (Eisi Gulp) verliebt. Da ist sie bereits 40 und nach damaliger Auffassung alt und unförmig, trotzdem gewinnt sie das Herz des deutlich jüngeren und schlankeren Manns. Zwei Jahre später dreht sie mit Adlon in Amerika "Out Of Rosenheim", da verliebt sie sich in ein ganz anderes Zuckerbaby: in den unfassbar coolen und ewig rebellischen Hollywoodstar Jack Palance. Die Adlon-Filme sind Marianne Sägebrecht auf den Leib geschrieben, 1989 drehen sie die deutsch-amerikanische Komödie "Rosalie Goes Shopping". Auch die amerikanische Starfotografin Annie Leibovitz setzt sie in Szene, fotografiert sie als bayerische Venus im Alpsee bei Hohenschwangau.

Trotz internationaler Erfolge ist ihre Hollywoodkarriere von eher kurzer Dauer, in deutschen Filmen sieht man Sägebrecht seitdem aber regelmäßig. Für die ARD spielte sie in einer Fernsehfilmreihe die Köchin "Marga Engel", in den "Pettersson und Findus"-Kinderkinofilmen übernahm sie die Rolle der Nachbarin Beda Andersson. Nebenbei schreibt sie Bücher über dieses und jenes, pflanzt Heilkräuter, kocht Suppen, redet über den Tod und singt mit dem Kabarettisten Josef Brustmann "Sterbelieder fürs Leben". An diesem Donnerstag wird Marianne Sägebrecht 75 Jahre alt.

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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