Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Oben grün, unten grau

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Das Kreisverwaltungsreferat will nach der Innensanierung die Außenanlagen bürgerfreundlicher gestalten. Dafür sollen viele Bäume weichen. Der Bezirksausschuss protestiert und fordert kreativere Ideen

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die Stadt hat stolz gemeldet, dass die Innensanierung des Kreisverwaltungsreferats (KVR) nach eineinhalb Jahren abgeschlossen ist. Jetzt gehe sie daran, die Servicebereiche und die Außenanlagen bürgerfreundlich auszubauen, hieß es - und schon hagelt es Kritik. Denn offenbar soll eine ganze Reihe Bäume dafür fallen - darunter auch zahlreiche große. Der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt fordert, möglichst viele Gehölze zu erhalten. 14 dieser zur Fällung bestimmten Bäume werden explizit genannt. Auch ließe sich durch eine grüne Pflanzinsel in dem zukünftigen ebenen Wartebereich mit Überdachung die Situation für die Bürger verbessern.

Die geplante Sanierung des KVR sei wichtig und sinnvoll, mit dem neuen Konzept werde sich vieles für die Bürger verbessern, sagte die BA-Baumschutzbeauftragte Sylvia Haas (Grüne). Doch es gehe keinesfalls an, dafür die Bäume um das große Gebäude an der Ruppertstraße 19 zu fällen, nur weil sie die Baustelle störten. Die geplante Überdachung, die Verbreiterung des Gehwegs, die neuen Fahrradparkplätze und gestalterische Aspekte seien keine hinreichenden Gründe für die Baumfällungen, urteilte dann auch das Bezirksausschuss-Plenum einstimmig.

Noch wuchert es grün vor dem Haupteingang des Kreisverwaltungsreferats. Das soll sich zugunsten einer besseren Erreichbarkeit ändern. (Foto: Catherina Hess)

Es geht nicht nur um diese Bäume: Für die Baumschutzbeauftragte und auch für andere Stadtteilpolitiker aus dem Stadtbezirk ist dieser Abholzplan ein weiteres Beispiel dafür, dass die Stadt selbst immer wieder mit schlechtem Beispiel vorangeht, was den Baumschutz betrifft. Noch immer sei die Bedeutung von Bäumen für das Klima und die Bürger bei der Stadt nicht angekommen. Die Stadt habe schließlich Verantwortung für ihre Bewohner. Im Zuge von Baugenehmigungsverfahren und Einzelfällungen auf Privatgrund sei München in den vergangenen acht Jahren um mehr als 26 000 Bäume ärmer geworden. "Da stimmt doch etwas vorne und hinten nicht", sagte Haas.

Zwar sehe die Bilanz im öffentlichen Bereich nicht so verheerend aus, dort wurden von 2010 bis 2018 etwa 9500 Bäume gefällt, dafür 16 200 nachgepflanzt. Doch auch diese Positivbilanz sei eigentlich geschönt, so Haas. Verschwinde eine größere Baumkrone, seien 40 Neupflanzungen nötig, falls man Ausgleich ernst nehme. "Warum muss man denn alles abholzen und dann wieder neu pflanzen?" fragte sie. Es fehlten kreative Ideen und Mut bei der Planung. Woanders würden ja auch Konzepte entwickelt, bei denen Bäume nicht als Hindernis gesehen, sondern integriert würden - zum Beispiel ins Pflaster, aber auch in Bauten.

Auch Bäume am Kreisverwaltungsreferat entlang der Ruppertstraße stehen auf dem Abholzplan (links), nicht aber das Straßengrün. (Foto: Catherina Hess)

Sylvia Haas monierte auch, dass dieselben Architekten mit der Arbeit betraut wurde, die derzeit den angrenzenden Schulkomplex und das Stadtteilkulturzentrum Luise bauen. Planerisch bringe es Vorteile, wenn man einen gesamten Straßenzug aus einer Hand neu konzipiere. Jedoch bestehe dabei auch die Neigung, gestalterisch alles zu egalisieren. "Warum müssen schöne Bilder immer gleich aussehen?" Im Rathaus ist von nur elf Bäumen von insgesamt hundert die Rede, die gefällt werden müssen - elf, die in den Geltungsbereich der Baumschutzverordnung fielen. 25 Bäume sollen als Ausgleich neu gepflanzt werden. Das Rathaus verweist auch auf die extensive Dachbegrünung auf dem neuen fünften Stockwerk des Hauptgebäudes. Dort würden robuste Pflanzen wachsen, die die Luft reinigen, dort könne auch Regenwasser gespeichert werden.

Während es auf dem Dach grünt, wird unten nicht mehr viel wachsen: Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle teilte mit, das KVR solle aus allen Richtungen leicht und barrierefrei erreichbar sein. Die Gehwege würden breiter, die Anfahrt für Radfahrer besser gestaltet, an den Eingängen sollen 200 Radparkplätze entstehen, der "alleenhafte Charakter" entlang der Ruppertstraße soll erhalten bleiben.

In den vergangenen 18 Monaten wurde im KVR ein neues fünftes Stockwerk mit Büroräumen ausgebaut. Fassade und Fenster des Achtzigerjahre-Baus wurden energetisch saniert, die Fassade erneuert: Sie besteht jetzt aus Metall und Glas und erfüllt die aktuellen Anforderungen an Wärme- und Schallschutz. Insgesamt wurden die Büroflächen um 4500 Quadratmeter erweitert. Für die anstehende zweite Bauphase soll der Haupteingang von Mitte Oktober an für ein Jahr geschlossen werden. Wer in die Behörde will, muss dann einen provisorischen Eingang an der Ruppertstraße benutzen.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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