Ludwig's:Irreal preiswert

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Nicht immer ein guter Kompromiss: Das Ludwig's versucht alle Klassiker der bayerischen Küche anzubieten und dabei noch billig zu bleiben.

Felix Mostrich

Wie schwierig es ist, ein seriöses Restaurant in der Innenstadt zu etablieren, dafür ist das Lokal im Hotel am Markt ein gutes Beispiel. Als das intim am Dreifaltigkeitsplatz neben dem Viktualienmarkt gelegene Hotel vor einem Jahr renoviert wurde, haben die Besitzer im Erdgeschoss des spitzwinklig zum Markt vorstoßenden Hauses einen Restaurantraum eingerichtet, der sich mit großen Rundbogenfenstern zur Gasse hin öffnet, also leicht einsehbar ist.

Hotelrestaurant in merkwürdiger Lage: das Ludwig's. (Foto: Foto: C. Hess)

Unter dem Namen "Café 1897" - er sollte an die Bauzeit des Hauses erinnern - hat sich das Restaurantteam zunächst an feiner italienisch-französischer Küche versucht, doch auf dem gehobenen Preisniveau war in diesem gastronomisch gut bestückten Winkel der Stadt offenbar kein Publikum zu gewinnen.

Im Sommer, als dann zusätzlich die Tische draußen im Freien zu bedienen waren, haben die Betreiber quasi über Nacht auf bayerische Küche und auf Biergartenrustikalität umgeschaltet und mit banalen Dutzendgerichten zu teilweise auffällig heruntergesetzten Preisen einigen Spontanerfolg gehabt. Die Plätze in der Nische neben dem Haus waren von Touristen immer gut belegt, doch um Passanten auch an trüben Tagen ins Innere zu locken, hat die blauweiß angepasste, absichtlich unoriginelle Küche nicht ausgereicht.

Denn nirgends in der Stadt liegen Lokale verschiedenen Anspruchs, die auf ein Stammpublikum zählen können, so dicht beieinander wie hier. Auch der neue Name LUDWIG'S - mit dieser Anspielung haben sich übrigens schon einige Gastronomen in München verspekuliert - brachte nicht den gewünschten Durchbruch. So ist man in dem kleinen Hotelrestaurant in der merkwürdigen Lage, dass man von einem Team, das eigentlich deutlich mehr könnte, mit Speisen versorgt wird, die bewusst schlicht gehalten sind, ja das ortsübliche Preisniveau sogar immer wieder unterschreiten.

Recht anständige Tagesreste

Das kann mal gut, mal weniger gut ausgehen. Wenn ein Gemischter Fischteller mit Risotto nur 6,20 Euro kostet, muss man eigentlich aufs Höchste alarmiert sein. Im Ludwig's gibt es zu diesem Preis recht anständige Tagesreste: einen stattlichen Berg Risotto, der mit viel beißfestem Gemüse untermengt ist; dazu, frisch gegrillt, zwei Jakobsmuscheln und je ein Stück Lachs und ein Filetstück vom Zander. Fast überall in München müsste man das Dreifache für ein vergleichbares Gericht bezahlen. Hier fungieren die irreal preiswerten Tagesgerichte offensichtlich als Lockangebote.

Doch sie wecken auch Misstrauen. Wie kann ein großes, fleischiges Enten-Viertel mit Blaukraut und Kartoffelknödel nur 8,90 Euro kosten, wenn man anderswo für ein deutlich kleineres, partiell vertrocknetes Tier viel mehr bezahlen muss? Oder das frisch gebackene Fischfilet zu 6,90 - in diesem Fall musste man bei der Beilage deutliche Einwände machen: Der Kartoffelsalat war kühlschrankkalt, einzelne Kartoffelscheiben dürften noch halbroh gewesen sein; das Ganze war also kaum zu genießen.

Überhaupt übernimmt sich die Küche des kleinen Lokals bei den viel zu vielen Beilagen ganz erheblich. Die gedruckte Karte ist so umfangreich, dass wohl zwangsläufig mit Vorgefertigtem gearbeitet werden muss. Am besten fährt man wohl noch mit Bratkartoffeln, die für jeden Teller frisch nachgeröstet werden. Sie gibt es beispielsweise zum Schweineschnitzel "Wiener Art", das in seiner neutralen Panade recht trocken wirkte, auf der gedruckten Karte mit 10,50 Euro preislich halbwegs realistisch verzeichnet war.

Bratkartoffeln gibt es auch zum Zwiebelrostbraten (13,30), der aus einem fast filetartig zarten Stück Lende bestand, also durchaus Sehnsucht nach der feineren Küche früherer Tage hätte wecken können, aber leider nicht mit frisch gerösteten Zwiebeln wie beim schwäbischen Original, sondern mit frittierten Spänen wie aus dem Beutel dekoriert war.

Gut und ärgerlich

Immer wieder die gleiche Diskrepanz zwischen Gutem und Ärgerlichem: Das schöne Stück Ziegenkäse, außen goldgelb gebraten, innen schön weich, war hier kombiniert mit einem Berg frostig kalter, bauschig gekräuselter Salatblätter und Tomatenschnitzel, die den Zähnen weh taten. Oder der Schweinsbraten von der Schulter: ein Randstück, doch ordentlich saftig; Semmel- und Kartoffelknödel freilich schon leicht zerkocht; der kalte Krautsalat aber war der pure Graus und ähnelte eher einem Cocktail aus Konservierungsmitteln mit ätzend scharfer Einlage.

Beim Blick auf die Seiten mit Weinen und edlen Destillaten kann man etwas von der ehrgeizigen Vergangenheit des Lokals erahnen. Die offenen Weine, etwa der fränkische Riesling aus Volkach, der Trollinger aus Eberstadt, der Lugana oder der Côte du Rhone, sind - bei durchschnittlich 5,60 Euro für 0,2 Liter - ihr Geld wert. Über die Flaschenweine könnte man sich in höhere kulinarische Regionen hinauftrinken.

Doch niemand macht Gebrauch davon. Außer am Donnerstag, wenn Live-Jazz geboten wird, ist das Lokal meist leer. Wen wundert's: Der Versuch, alle Klassiker der bayerischen Küche gleichzeitig anzubieten, führt zu hässlichen Kompromissen. So kann man kein Stammpublikum gewinnen. Wer in dieser gastronomisch gut versorgten Ecke überleben will, muss etwas Originelles, Alternatives bieten.

Ludwig's, Heilig-Geist-Straße 6, 80331 München, Telefon: 089/2199 487-0. www.restaurant-ludwigs.de. Öffnungszeiten: So-Do 8-24 Uhr, Fr&Sa 8-2 Uhr.

© SZ vom 19.01.2009/agfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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