"Lieblingsdings":Der Langsamstarter

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Ein Porzellan-Filter und richtig guter Kaffee: Dann ist für Michael Altinger alles gut. (Foto: Robert Haas)

Nur mit seinem Kaffeefilterhalter beginnt für den Kabarettisten Michael Altinger der Tag wirklich gut.

Von Oliver Hochkeppel, München

Erst einmal muss Michael Altinger darauf kommen, wie man sein Lieblingsding überhaupt nennt, das er da am Treffpunkt, einem Schwabinger Café, sorgsam aus dem Zeitungspapier schält: "Kaffeefilterhalter" heißt das wohl. Aus Porzellan ist es, "ein Erbstück, von der Oma meiner Frau. Das war irgendwie schon immer da," erzählt der Kabarettist und "Schlachthof"-Gastgeber. Und er erklärt, warum dieses unscheinbare Ding ihm so am Herzen liegt: "Für mich ist das ein Symbol für einen langsamen Start in den Tag. Ich bin ein Langsamstarter. Dazu passt dieses Warten, bis es durchgelaufen ist, wieder nachschenken, wieder warten. Und erleben, wie sich langsam das Aroma ausbreitet im ganzen Haus. Langsam die Zeitung ausbreiten. Langsam entscheiden, welche Katastrophe man zuerst liest. So muss der Tag beginnen. Das ist seit einem Jahr zu einem richtigen Ritual geworden, jeden Morgen."

Tatsächlich habe sich der Filterträger erst durch Corona endgültig durchgesetzt: "In dieser Zeit habe ich vieles ausprobiert: Mit Siebträger und so Sachen, das ist alles kaputtgegangen. Dann diesen ganzen Kapsel-Mist, den hat ja jeder mal irgendwann durchprobiert. Bis ich festgestellt habe: Man muss einfach einen guten Kaffee besorgen, am besten vom Rechenbauer in Wasserburg einen 'Pearl of Kenia' - sensationeller, intensiver Duft, der mich schon mal wach macht. Und dann laufen lassen."

Zur Langsamkeit gehört die Vorsicht, Porzellan ist bekanntlich zerbrechlich. Während andere Kaffeefilterbenutzer schon etliche solcher Teile zerbrochen haben und auf Edelstahl oder gar Plastik ausgewichen sind, hat er keine Angst. "Da muss man genauso aufpassen wie mit den Filtertüten, die manchmal nach oben rutschen - die muss man erst anfeuchten."

Er habe wenig Zeit, wirklich zu genießen, sagt Altinger, da müsse er wenigstens den Morgen nutzen. Ist der Beruf des Kabarettisten so freudlos? "Es war mal anders, aber momentan muss ich schauen, dass ich mein Zeug zusammenkrieg'. Ich hab' gerade tatsächlich nur Krisengespräche mit Kollegen. Gerade war ich in Mainz, wo wir für das ZDF die 'Spätschicht' gedreht haben, da hat jeder Redakteur ein anderes Horrorszenario. Man überlegt gerade, wie relevant alles noch ist, es geht ein großes Aussieben los. Und vor allem geht es damit los, dass man den Jungen sagt: Ist doch schön, dass du im Fernsehen bist, da brauchst du doch keine Gage. Was mit der Lage der Kabarettszene korrespondiert, wo das Publikum ausbleibt."

Keine schönen Aussichten für sein Metier also, findet Michi Altinger. Wenigstens hat er was für einen starken, guten Kaffee.

Bei "Lieblingsdings" erzählen Menschen, woran ihr Herz hängt, was sie durchs Leben begleitet, ihnen Glück bringt und wovon sie sich niemals trennen würden.

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