Lieblingsdings:Harald Lesch und die Liebe zu seiner Brotbox

Lesezeit: 2 min

Großvaters Brotdose begleitet den Astrophysiker und Wissenschaftsjournalisten Harald Lesch seit Kindertagen, rund um die Welt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Warum der Astrophysiker Harald Lesch wegen des Utensils schon mal wie ein Außerirdischer bestaunt wird - und was in die Brotbox hineinkommt.

Von Martina Scherf, München

"Hasenbrot" hat der Großvater oft von der Arbeit mitgebracht. In eben dieser Brotzeitbüchse, die Harald Lesch noch heute begleitet. Der Großvater erzählte dann eine Geschichte, er habe unterwegs Hasen gesehen, oben im Wald, die hätten ihm das Brot mitgegeben, und das könnten die Kinder nun essen. Es war das vertrocknete Pausenbrot, das übrig geblieben war, aber die Enkel mochten es. Auch, weil sie den Großvater liebten und er so lustige Geschichten erzählte.

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Und weil diese Beziehung so innig war, hat der Astrophysiker, Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator Harald Lesch die Brotbüchse noch heute. Sie begleitete ihn durch seine Studienzeit in Gießen und Bonn und nährte ihn, als er in den Semesterferien am Bau geschuftet hat. Sie ist bis heute täglich im Büro an der Ludwig-Maximilians-Universität in München dabei, und auch im Fernsehstudio bei Dreharbeiten. Sie flog mit ihm um die halbe Welt, und manchmal musste der Professor dann am Flughafen erklären, was diese Metallbox enthalte. Doch hoffentlich keine Cannabis-Produkte?

Als er einmal längere Zeit in Kanada arbeitete und keine Lust mehr auf das amerikanische Gummibrot hatte, kaufte er nach deutschem Rezept gebackenes Brot bei Mennoniten. Wenig später saß er mit Kollegen am Strand von Laguna Beach in Kalifornien. "Das ist ja eine Gegend, wo die Leute morgens gut geölt am Meer entlang laufen, um ihre Bodys zu posen." Er saß da, schaute auf all die gestylten Gestalten und packte in aller Ruhe seine Brotbüchse aus. "Die anderen aßen ihre Bowls und Salads, alles super gesund, ich hatte das herzhafte deutsche Brot mit deutscher Wurst drauf." Er wurde bestaunt wie ein Außerirdischer.

Wie sieht so ein Salamibrot aus, wenn man es nach Wochen im Seitenfach der Sporttasche wiederfindet? (Foto: Alessandra Schellnegger)

Essen verbindet, und so ist diese deutsche Lunchbox immer Anlass für eine Unterhaltung. Man kommt dann schnell mal von der Wurst zur Weltpolitik. "Das war immerhin schon in den Neunzigerjahren, als ich in Kalifornien zum ersten Mal die Frage hörte: You are from Germany? East or West? Is it the Russians' or is it ours? (Ost- oder Westdeutschland? Gehört ihr den Russen oder uns?)"

Und zuhause, was kommt da in die Box? Auf alle Fälle ein Wurstbrot, gesteht Lesch, "am liebsten die Hausmacher Leberwurst." Manchmal auch Käse, ein Gürkchen oder eine Tube Senf, "ich liebe Senf." Aber Wurst muss immer drin sein. Lesch stammt aus einer Gastwirtschaft mit Metzgerei, "das prägt", sagt er. In seiner oberhessischen Heimat hieß es früher: "Mei leebsche Gmüs is Fleesch und Wurscht" (mein liebstes Gemüse ist Fleisch und Wurst).

Nun ist Lesch auch überzeugter Protestant, da stehen Fleischeslüste nicht gerade hoch im Kurs. "Ach was, auch Protestanten essen gerne gut!", protestiert der Physiker, der auch Naturphilosophie an der Münchner Hochschule für Philosophie lehrt. Und wie passt das zur Nachhaltigkeit, die der omnipräsente Fernsehmann so gerne predigt? Nun, sein Fleischkonsum gehe stetig zurück, versichert er. Aber ganz vegetarisch - "das wird schwierig", gibt er zu. In die Brotbüchse kommt jedenfalls auch weiterhin die gute alte Hausmannskost. Und der Vorteil ist: So eine Büchs, die hat man immer dabei. Ein einziges Mal hatte er sie vergessen. Er stand im Stau auf der Autobahn, stundenlang, und musste hungern. Seither vergisst er sie nie mehr.

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