Blumenau:Eine U-Bahn, die im Grünen endet?

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Menschen aus Laim, der Blumenau oder Pasing schätzen den Landschaftspark, viele Münchner aus anderen Stadtteilen kennen ihn nicht einmal. (Foto: Catherina Hess)
  • Ein Antrag der CSU-Fraktion nennt den Landschaftspark in der Blumenau "wertvollstes Siedlungsgebiet".
  • Mit der Verlängerung der U-Bahnlinie 5 soll es eine neue Abzweigung in Richtung des Landschaftspark geben.
  • Umweltschützer befürchten, dass der neue U-Bahn-Abzweig Begehrlichkeiten an einem neuen Stadtquartier wecken könnte.

Von Thomas Anlauf

Ein Turmfalke sitzt im Baum und blickt in die Ferne, von Weitem trällert eine Feldlerche. Zwei Radler ziehen vorbei in Richtung Westen, auf einer Parkbank liegt eine junge Frau und genießt die Frühlingssonne. Die Großstadt scheint weit weg zu sein, am Horizont ist eine Kirche zu sehen. Und doch liegt diese besondere Landschaft, die etwa die Größe des Nymphenburger Schlossparks hat, mitten in München.

Wer nicht in der Blumenau, in Laim oder Pasing wohnt, weiß meist nicht einmal, dass westlich der Willibaldstraße ein riesiger Landschaftspark liegt. Es ist ein Gemisch aus Streuobstwiesen und Äckern, einer Baumschule und kleinen Waldstückchen. Vor einem Vierteljahrhundert hat der Stadtrat das ländlich anmutende Gebiet zum Landschaftspark erklärt, das Areal sollte nicht weiter bebaut werden. Mit der Zeit gerieten die Pläne dafür in Vergessenheit. Doch nun sind Naturschützer aufgeschreckt. In einem Antrag der CSU-Fraktion ist plötzlich von "wertvollstem Siedlungsgebiet" die Rede.

Martin Hänsel sitzt in seinem Büro über eine Karte gebeugt. "Das darf man nicht bebauen, das Gebiet verträgt auch keine moderate Bebauung", sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Bund Naturschutz in München. Hänsel verweist nicht nur auf die ökologische Vielfalt des Gebiets, in dem Laubfrösche genauso vorkommen wie selten gewordene Vögel. "Es ist auch eine wichtige Kaltluftschneise", sagt der Naturschützer. Auf der aktuellen Münchner Klimafunktionskarte ist das riesige Gebiet zwischen dem Wald des Lochhamer Schlags im Südwesten und der Agnes-Bernauer-Straße im Norden tiefgrün eingefärbt, dort wird besonders viel kühle und frische Luft in Richtung Innenstadt transportiert.

Bereits 1992 hieß es in einer Beschlussvorlage des Bauausschusses, dass das Areal "der Nutzung als Naherholungsgebiet, der ökologischen Ausgleichsfunktion (Luftaustausch, Kühlungseffekt durch Kaltluftproduktion, Abbau bzw. Verhinderung von Inversionslagen), der Biotopfunktion und der landwirtschaftlichen Nutzung" dienen solle. Bebaut werden sollte das Gebiet nicht. Das gilt bis heute. Doch mit der Verlängerung der U-Bahnlinie 5 nach Pasing soll es nun an der Willibaldstraße eine Abzweigung nach Süden geben - in Richtung des Landschaftsparks.

Eine U-Bahn, die im Grünen endet? Das kann sich Naturschützer Hänsel nicht vorstellen, auch wenn er das prinzipiell begrüßen würde. So könnten Münchner, die nicht in unmittelbarer Nähe wohnen, den Landschaftspark gut erreichen. Das Gebiet könnte als Erholungsgelände für die Münchner dienen, als "Englischer Garten für den Westen", sagt Hänsel. Das schwebt auch der SPD vor. "Der gesamte Grünzug soll als Landschaftspark aufgewertet und besser erschlossen werden", findet SPD-Stadtrat Christian Müller, der auch stellvertretender Vorsitzender des Pasinger Bezirksausschusses ist. Das Gelände solle zudem besser mit dem Pasinger Stadtpark verbunden werden, die Baumschule und ein Staudengarten sollen nach dem Willen der SPD im Münchner Westen in das Konzept mit einbezogen werden. "Das Gelände ist als grüne Lunge zu sichern und von Bebauung freizuhalten", fordert Müller.

Der Landschaftspark in der Blumenau ist längst nicht so überlaufen wie etwa der englische Garten. (Foto: Catherina Hess)

Doch Hänsel befürchtet, dass mit dem U-Bahn-Abzweig, der zunächst nur aus einem sogenannten Aufweitungsbauwerk am künftigen Bahnhof Willibaldstraße bestehen wird, auch Begehrlichkeiten nach einem neuen Stadtquartier geweckt werden. Zwar soll laut einem Stadtratsbeschluss mit der Abzweigung lediglich die Möglichkeit geschaffen werden, dass die U-Bahn eines Tages vielleicht bis in die Blumenau verlängert werden könnte. Doch es gibt längst Überlegungen, die Baumschule, die sich im Landschaftspark auf städtischem Grund befindet, zu verlegen und dort Wohnungen zu bauen. "Ob Wohnbaupotenziale im Bereich der städtischen Baumschule verfügbar sind, wird derzeit geprüft", teilt Ingo Trömer vom Planungsreferat mit. Eine Bebauung in der Grünanlage lehnen jedoch auch der Laimer Bezirksausschuss sowie SPD und Grüne in Hadern ab.

Der Stadtrat denkt bereits darüber nach, das als Landschaftspark ausgewiesene Gebiet als große städtische Parkanlage umzugestalten. "In Teilbereichen könnten dort auch neue Sportflächen und Schwimmteiche entstehen", heißt es in einem SPD-Antrag vom vergangenen November. Die CSU will wiederum in ihrem Antrag vom Januar von der Verwaltung prüfen lassen, wie das Gelände "als Park zur Freizeitgestaltung genutzt und als grüne Lunge ausgebaut werden kann. Von diesem Gelände aus soll in einem Grünkorridor eine Verbindung mit dem Pasinger Stadtpark geschaffen werden". In einem Antrag forderte die CSU kürzlich, eine Radverbindung von Pasing "über den neu zu entstehenden Park zum Westpark" zu schaffen.

Anders als die SPD kann sich die CSU einen Teilbereich des bestehenden Grünlands mit Wohnbebauung vorstellen. Martin Hänsel warnt vor solchen Fantasien: "An der Notwendigkeit, die gesamte Fläche als Landschaftspark zu erhalten, hat sich nichts geändert." Gerade in einer stark wachsenden Stadt seien Grünflächen immer wichtiger. Für die Bevölkerung in Laim gilt das besonders: Das Stadtviertel hat nur einen Anteil von drei Prozent an Grünflächen, nur Isar- und Ludwigsvorstadt haben noch weniger (2,9 Prozent). Auch Hadern besitzt lediglich 3,5 Prozent Grünflächen auf seinem Gebiet. Stadtrand bedeutet eben nicht unbedingt, dass die Menschen dort inmitten der Natur leben.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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