Viel und heftig wurde zuletzt gestritten um die Frage, wie viele neue Wohnungen unter welchen Vorgaben im Münchner Nordosten entstehen sollen. Nun geht es auch wieder um das geplante Siedlungsgebiet im Norden. Noch in diesem Jahr will das Planungsreferat mit einer Machbarkeitsstudie loslegen, die eruieren soll, inwiefern das 900 Hektar große Areal im Bereich Feldmoching-Ludwigsfeld grundsätzlich besiedelt werden könnte. Das geht aus Beschlussvorlagen hervor, die Stadtbaurätin Elisabeth Merk am Mittwoch in den Planungsausschuss des Stadtrats einbringt. Die Machbarkeitsstudie soll bis 2023 vorliegen, Merk rechnet bis dahin mit Kosten von 3,63 Millionen Euro, die der Stadtrat nun bewilligen soll.
Die Untersuchung wäre der erste Schritt auf dem Weg zum sogenannten Kooperativen Stadtentwicklungsmodell, kurz: Kosmo, das das Planungsreferat für den Münchner Norden entwickeln soll. Diesen Auftrag erhielt es vom Stadtrat, nachdem CSU und SPD im Sommer 2018 die geplante Einleitung einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) gekippt hatten, weil sich massiver Protest formiert hatte. Im Nordosten hingegen läuft die bereits vor Jahren beschlossene Vorbereitung einer SEM weiter. Das hatte der Stadtrat Ende Januar mit breiter Mehrheit, inklusive CSU, beschlossen. Seit einer hitzigen Diskussionsveranstaltung im Februar will die CSU aber die SEM auch im Nordosten abblasen. Im Norden und im Nordosten geht es um die letzten großen Siedlungsreserven der Stadt, aber auch um die Fragen, wie München noch wachsen kann und wo bezahlbarer Wohnraum herkommen soll.
Stadtplanung:SEM: Ein Projekt, das provoziert
Was ist eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme? Wie verhindert sie Bodenspekulation? Und warum gibt es so heftigen Widerstand im Münchner Nordosten und im Norden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Das Untersuchungsgebiet im Norden umschließt den Ortskern Feldmoching. Im Norden geht es bis zur A99 und zur Stadtgrenze, im Osten grenzt es an das Hasenbergl, an die Siedlungen Fasanerie und Lerchenau im Süden und Ludwigsfeld im Westen. Es ist etwa dreimal so groß wie der Stadtbezirk Altstadt-Lehel und derzeit von der Landwirtschaft geprägt, auch der Feldmochinger See und der Fasaneriesee gehören dazu. Das Kosmo solle dazu dienen, "eine einvernehmliche Entwicklung in Kooperation" zwischen Stadt und Grundstückseigentümern und "eine wirtschaftlich tragfähige Baulandentwicklung" zu erreichen, schreibt das Planungsreferat. Die Grundstückspreise sollen also so hoch sein, dass die Verkäufer damit leben können, aber nicht zu hoch, damit die Stadt noch Geld für die Infrastruktur hat und der Wohnraum nicht zu teuer wird. Eine zentrale Frage der Machbarkeitsstudie wird sein, wie ein neues Siedlungsgebiet im jetzt schon verkehrsgeplagten Münchner Norden samt Umland erschlossen werden könnte.
Das Planungsreferat skizziert auch den Zeitplan nach Vorliegen der Studie. Wenn der Stadtrat dann beschließen sollte, die Siedlungspläne fortzusetzen, sollen von 2024 bis 2029 in einer zweiten Phase "vertiefte Planungen" erfolgen. Die Stadt würde mit Grundstückseigentümern "verbindliche Verhandlungen zur freiwilligen Teilnahme an der Siedlungsentwicklung" anstreben. Das Schlagwort der Enteignung, die in der SEM als ultima ratio möglich wäre, kommt beim Kosmo nicht mehr vor. In einer dritten Phase von 2030 an könnten schrittweise Schaffung von Baurecht und Bebauung erfolgen.