Polizeihubschrauber:Oberschleißheim gibt nicht klein bei

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Obwohl ihr Rechtsbeistand ihnen keine Chancen einräumt, stimmen die Gemeinderäte geschlossen für eine Klage gegen die Ansiedlung der bayerischen Polizeihubschrauber. Sie wollen damit ein politisches Zeichen setzen.

Von Gudrun Passarge, Oberschleißheim

Die Gemeinde Oberschleißheim setzt nach den Worten von Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) ein politisches Zeichen: Sie wird gegen die Ansiedlung der Polizei-Hubschrauberstaffel Bayern klagen, und das, obwohl der Anwalt in der Sondersitzung am Dienstagabend dargelegt hatte, dass eine Klage der Gemeinde "ziemlich wahrscheinlich scheitern würde". Mehr Chancen räumt er der Klage einer Naturschutzinstitution ein. Dass die Gemeinde trotzdem diesen Weg gehen will begründete etwa Peter Benthues (CSU) damit, dass die Lokalpolitiker den Bürgern sagen wollten: "Wir haben auch die letzte Chance am Schopf gepackt."

Vor der Sitzung durften die Bürger sich noch einmal zu Wort melden. Sie kritisierten die Verlegung der Polizeihubschrauber in das sowieso schon lärmgeplagte Oberschleißheim und befürchteten schwere Schäden im Natura-2000-Gebiet, das direkt an den Flugplatz angrenzt. Die Hubschrauber der Landespolizei sollen neben denen des Bundes angesiedelt werden und bringen jährlich 3500 zusätzliche Flugbewegungen mit sich.

Doch der Vortrag von Rechtsanwalt Michael Hofmann fiel dann ernüchternd aus. Einer Klage Oberschleißheims gegen den Planfeststellungsbeschluss könnte nur Erfolg beschieden sein, wenn die Planungshoheit der Gemeinde verletzt werde. Wenn es ihr dadurch beispielsweise unmöglich würde, Bebauungspläne zu realisieren, oder wenn große Teile Oberschleißheims so verlärmt würden, dass die Gemeinde sie nicht mehr sinnvoll überplanen kann.

Der Gesetzgeber habe in der Vergangenheit alles getan, "um eine Klage gegen Planfeststellungsbeschlüsse so schwer wie möglich, wenn nicht gar unmöglich zu machen", erläuterte Hofmann. Auch die Hoffnung auf eine aufschiebende Wirkung durch einen Eilantrag nahm der Rechtsanwalt den Gemeinderäten. "Darüber wird vielleicht noch in diesem Jahr entschieden. Eine langfristige Verzögerung funktioniert hier nicht."

CSU-Gemeinderat Benthues ärgerte sich über die rechtlichen Bedingungen. Dass die Gemeinde jetzt keine Rechte mehr haben soll, könne er "nicht billigen". Auch SPD-Fraktionssprecher Florian Spirkl zeigte sich enttäuscht und stellte einen Zusammenhang her zwischen der wachsenden Politikverdrossenheit der Bürger und solchen Gesetzen. Die Gemeinderäte suchten nach verschiedenen Ansätzen, vielleicht doch noch gute Gründe in einer Klage vorbringen zu können, aber Hofmann war wenig optimistisch.

So auch beim Punkt Lärmentwicklung und Lärmaktionsplan, den Grünen-Fraktionschefin Ingrid Lindbüchl vorbrachte. Der Planfeststellungsbeschluss sehe passiven Lärmschutz für Hochmutting und die Jakobsklause vor, weil die Werte dort 60 und 50 Dezibel überschritten, erläuterte der Rechtsanwalt. Der Gesamtlärm - also Hubschrauber, Autobahn plus Zugverkehr - hätte erst Folgen, wenn er einen Dauerschallpegel von mehr als 70 Dezibel am Tag und 60 in der Nacht erreicht, ansonsten wird jede Lärmquelle gesondert berechnet. "Ich kann mir für Lustheim nicht vorstellen, dass wir da auch nur annähernd in dem Bereich sind", sagte Hofmann.

Aufgeben wollten die Gemeinderäte trotzdem nicht. Nach dem Motto "Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie", machte Helga Keller-Zenth von den Grünen den Vorschlag, ein breites Bündnis aller Betroffenen zu schmieden. Sie wollte wissen, ob es erfolgversprechender sei, wenn Bürger klagten. Hofmann zeigte sich auch hier skeptisch, räumte aber ein, dass er das nicht untersucht habe.

Und für die Nachbarstadt Garching stellte er fest, sie liege schon zu weit entfernt: "Da geht nix." Zu den Aussichten Münchens wollte Hofmann sich nicht äußern, weil er sich nicht damit befasst hatte. Auf den Einwand, im Münchner Hasenbergl sei auch eine Schule betroffen, antwortete der Rechtsanwalt, auch da werde eine Klage das Vorhaben nicht verhindern: "Es wird allenfalls dazu führen, dass die Schule Schallschutzfenster bekommt." Dennoch gebe es eine Chance: "Am meisten Aussicht auf Erfolg haben möglicherweise Naturschutzverbände."

Trotz all dieser Auskünfte plädierten alle Gemeinderäte außer Johann Negele (Freie Wähler) für eine Klage, deren Kosten der Anwalt auf einen fünfstelligen Betrag bezifferte. "Wir Bürger von Oberschleißheim wollen das nicht", sagte etwa Lindbüchl. Sie beklagte allerdings, dass die bisherigen Proteste gegen die zweite Hubschrauberstaffel in Oberschleißheim eher einem "Zwergerlaufstand" glichen. Der Protest müsse hörbar werden, forderte sie: "Wir sollten einfach auf die Straße gehen." Brigitte Scholle (SPD) stimmte ihr zu. Sie forderte Bürgermeister Kuchlbauer auf, mit allen betroffenen Institutionen Kontakt aufzunehmen. An Lindbüchl gerichtet sagte sie ihre Unterstützung zu, "mehr Leute mobil zu machen".

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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