Versorgung im Alter:Stationäre und ambulante Pflege in einer Hand

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Auch im Landkreis München benötigen immer mehr Menschen Pflege im Alter - stationär und ambulant. (Foto: dpa)

Der Bezirk übernimmt Aufgaben des Landkreises - und bittet diesen dafür kräftig zur Kasse

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Der Bezirk Oberbayern übernimmt von 1. September an alle Leistungen im Bereich der ambulanten Hilfe zur Pflege von den Landkreisen und kreisfreien Städten. Dieser Kompetenzwechsel, der die Organisation und Finanzierung der ambulanten Pflege von derzeit etwa hundert Menschen im Landkreis München und mehr als 4800 in ganz Oberbayern beinhaltet, ist eine Konsequenz aus dem bayerischen Teilhabegesetz, das im Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist.

Was nach einem rein technokratischen Vorgang klingt, ist für Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) ein Prozess, an dessen Ende "die Menschen die Gewinner sind". Bisher waren die bayerischen Bezirke nur für die Organisation und Finanzierung der stationären Pflege von Menschen verantwortlich - die Landkreise und kreisfreien Städte für die ambulante Betreuung.

Der Landkreis wehrte sich lange dagegen

Seit Jahren wird darüber diskutiert, beide Formen der Pflege zu bündeln. Aufgrund der Überschneidungen, sagte Mederer bei der Vorstellung des neuen Konzeptes am Mittwochvormittag im Landratsamt München, "und der damit verbundenen Synergien". Ambulant und stationär auf einer Verantwortungsebene sei der "Wunsch" der Betroffenenverbände und des Landkreis- und Städtetages gewesen. Im Dezember 2017 schaffte schließlich der Landtag mit der Verabschiedung des Teilhabegesetzes Fakten.

Der Landkreis München, allen voran Landrat Christoph Göbel (CSU), kämpfte bis zuletzt gegen die Zusammenlegung beim Bezirk. Dies wurde in den Etatberatungen im vergangenen Winter deutlich, wo über die deutliche Kostensteigerung für den Landkreis München diskutiert wurde, falls der Bezirk die ambulante Pflege übernimmt. Bisher investiert der Landkreis München in Eigenregie in diesen Bereich 1,9 Millionen Euro im Jahr - vom kommenden Jahr an werden es nahezu zehn Millionen Euro sein, die der Landkreis wird aufbringen müssen.

Das liegt an der hohen Wirtschaftskraft des Landkreises München. Die Kosten für die Pflege werden vom Bezirk anteilig auf seine 20 Landkreise und drei kreisfreien Städte umgelegt, gemessen an deren Umlagekraft. Mit einer Umlagekraft von mehr als einer Milliarde Euro tragen der Landkreis und seine 29 Städte und Gemeinden daher künftig alleine etwa 14 Prozent der Kosten aller Kreise und kreisfreien Städte bei der ambulanten Pflege.

"Viel wird auch von familiärer Pflege abgefangen."

Landrat Göbel und der Bezirkstagspräsident sind sich aber einig, dass die Zusammenlegung von stationärer und ambulanter Pflege eine "gewaltige Vereinfachung" darstelle, wie Mederer sagte. Aus seiner Sicht sei es auch von Vorteil, dass die ambulante Pflege "nach oben" wandere und nicht auf Landkreiseben verbleibe. "Es ist absolut sinnvoll, die Verantwortlichkeiten zusammenzuführen", ergänzte Göbel. Darin habe immer Übereinstimmung bestanden. "Für den Bürger ist es letztlich wichtig, dass die notwendigen Leistungen erbracht werden", sagt Göbel.

Im Landkreis erhalten derzeit exakt 98 Bürger ambulante Pflege durch örtliche Träger und Einrichtungen - und zwar in den unterschiedlichsten Formen. In Vollzeitpflege, in Teilzeit, von ausgebildeten Krankenpflegern und Laien, die den Beruf nicht erlernt haben. "Viel wird auch von familiärer Pflege abgefangen", sagte Christine Heese, Leiterin des Sachgebietes Sozialhilfe im Landratsamt. Es steige aber auch im reichen Landkreis München die Zahl derjenigen, die sich die Pflege in den eigenen vier Wänden nicht mehr leisten könnten. "Dieser Aufgabenbereich wird wachsen und er wird immer wichtiger", sagte Landrat Göbel. Mederer betonte, es solle mit der Änderung der "Verschiebebahnhof", zwischen ambulanter und stationärer Pflege beendet werden: "Die Menschen müssen sofort wissen, welche Leistungen sie erhalten, was für sie möglich ist. Das ist nur möglich, wenn eine Stelle alles im Blick hat."

Vor allem die ambulante Pflege solle in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden, sagte Mederer. "Ambulant soll immer vor stationär kommen, falls möglich. Die Menschen wollen bessere Pflege und benötigen sie auch. Und die Pflegekräfte müssen dementsprechend gut bezahlt werden."

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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