Kreis und quer:Corona ohne Ende

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Die Pandemie ist zwar vorbei und die Menschen begegnen sich wieder unbekümmert; dennoch erinnert vieles an die Zeit, die bald Geschichte sein wird.

Kolumne von Bernhard Lohr

Corona lässt uns nicht los. Auch wenn alle in den Bierzelten wieder feiern und sich Menschen ausgelassen in den Armen liegen, bleibt die offiziell für beendet erklärte Pandemie präsent. Beim Griff in die Tasche einer Jacke, die man länger nicht anhatte, taucht unversehens eine Schutzmaske auf, die sich dort verschlupft hat. Im Supermarkt sind die Klebestreifen an der Kasse geblieben, die einst auf gebührenden Abstand hingewiesen haben. Und bei manchem Arzt haben sich die Plexiglasscheiben gehalten, die vor Infektionen schützen sollten. Und stolpert man nicht überall über diese Spender mit Handdesinfektionsmittel?

Wer in Unterschleißheim von der Tiefgarage den Aufgang zum Rathaus und zum Bürgerhaus nimmt, wird an der Tür sogar noch auf einem Hinweisplakat daran erinnert, dass er möglichst 1,5 bis zwei Meter Abstand zu hustenden und niesenden "Fremdpersonen" halten soll. Zwar wird anders als auf der Homepage der Stadt unter der Rubrik Zugangsregeln nicht mehr das Tragen einer Maske empfohlen. Doch man solle sich gründlich die Hände waschen, heißt es, und das Händeschütteln solle man tunlichst vermeiden.

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Die Corona-Pandemie war eine intensive Zeit. Was wurde alles diskutiert und gestritten. Auch durch Unterschleißheim marschierten Corona-Leugner, die alles als Quatsch abtaten. Auf der anderen Seite stellten viele ernsthaft die Frage, ob die Menschen jemals zu alten Gewohnheiten zurückfinden würden. Sie lernten neue Begriffe kennen. Jeden Tag ging der Blick auf die aktuelle Inzidenz. Und mancher weiß jetzt, dass die Latenz in der Infektiologie den Zeitraum beschreibt, in dem jemand ein Virus in sich trägt, aber die Infektion noch nicht ausgebrochen ist. Offenbar gibt es auch eine Latenzzeit in Behörden. Die Pandemie ist vorbei, aber es dauert, bis das überall ankommt.

Natürlich gibt es noch Infektionen und auch schwerere Verläufe sind möglich. Ärzte können sich vorstellen, dass im Herbst bei Risikogruppen Impfungen angebracht sind. Vorsicht und Umsicht sind angebracht. Doch auch vor Corona war es aus Höflichkeit geboten, beim Husten und Niesen Abstand zu halten und "Fremdpersonen" nicht auf den Pelz zu rücken. Das Händeschütteln ist dagegen wieder zurück. Und in Unterschleißheim wird sich am Wochenende zeigen, ob man sich sogar mehr traut. Die Stadt feiert 50 Jahre Partnerschaft mit den Freunden aus Le Crès. Mal sehen, ob "la bise" wieder da ist, der Luftkuss, mit dem sich die Franzosen traditionell innig begrüßen.

Der Tag wird kommen, an dem das letzte Hinweisplakat verschwindet. In Unterschleißheim könnte man es rüber bringen ins neue Stadtmuseum. Bis zur ersten Sonderausstellung über die verrückte Zeit der Pandemie ist es nur eine Frage der Zeit.

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