Kreis und quer:Oberbayerische Romanze

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Normalerweise retten Kommunen ihre Fußballklubs vor der Pleite. In Unterhaching könnte das Ganze jetzt mal andersherum laufen.

Kolumne von Stefan Galler

In regelmäßigen Abständen kreist der Pleitegeier über dem Betzenberg. Und immer dann, wenn das Wasser dem 1. FC Kaiserslautern mal wieder bis zum Hals steht, muss die Stadt ran und Steuermittel aufwenden, um den Stolz der Pfalz vor dem Bankrott zu retten. In der Regel geht es dabei um die Pacht für das Fritz-Walter-Stadion, die in der dritten Liga schon mal von 3,2 Millionen auf 425 000 Euro zusammengestrichen wurde, damit der vierfache deutsche Fußballmeister nicht absäuft.

Die Roten Teufel sind beileibe nicht der einzige Klub, der schon von seiner Heimatkommune gerettet werden musste - Hansa Rostock wäre 2012 in die Insolvenz gegangen, hätte die Stadt nicht im großen Stil Steuerschulden erlassen und einen üppigen Zuschuss gewährt. Duisburg kam seinem altehrwürdigen MSV 2019 in letzter Sekunde zu Hilfe und pumpte 2,5 Millionen Euro aus dem Haushalt in Stadiongesellschaft und Verein. Sonst würden die Zebras heute nicht mehr galoppieren.

Und selbst die Münchner Löwen, heutzutage eigentlich ständig in Streitereien mit den lokalen Politikern verstrickt, mussten 1937 in allerhöchster Not das Grünwalder Stadion an die Landeshauptstadt verticken, um nicht in Konkurs zu gehen. Die NSDAP-Stadtratsfraktion hatte davor schon Teile des Klubgeländes an der Auenstraße gekauft - zu für den TSV 1860 vorteilhaften Konditionen.

Dass es auch mal anders herum laufen kann, also ein Fußballverein eine Gemeinde rettet, klingt nach Science Fiction, ist aber gar nicht mal so weit hergeholt. Ausgerechnet die Spielvereinigung Unterhaching würde in die Heldenrolle schlüpfen, nachdem sie in der Vergangenheit öfter mal der Klotz am Bein der Kommune gewesen ist. Doch nun wird aus der hässlichen Raupe plötzlich ein Schmetterling, weil der Verkauf von Nationalspieler Karim Adeyemi von Salzburg nach Dortmund dem Ausbildungsverein im südöstlichen Landkreis ordentlich Moneten in die Kasse gespült hat, von 6,75 Millionen Euro ist die Rede. Und so könnte der Verkauf der gemeindlichen Sportplätze und des Stadions an den Klub der Rettungsanker werden. Jenes Stadion, von dem es aus dem Umfeld des Rathauses schon mal hieß, man wünsche sich, dass die Hooligans von Dynamo Dresden dort doch bitteschön ganze Arbeit leisten sollten.

Der Deal würde natürlich hervorragend zur von Präsident Manfred Schwabl angestoßenen Positionierung der Spielvereinigung als Klub des Volkes passen. Die Identifikation mit den Bürgern steht ganz oben auf seiner Agenda. Und die dürfte zunehmen, wenn der Verein dazu beiträgt, dass die eben verfügte Haushaltssperre schon bald wieder gelockert werden kann.

Der Holzkirchner rettet Unterhaching, eine oberbayerische Romanze. Bleibt zu hoffen, dass nicht die Löwen eines schönen Tages die Stadt München aus dem Würgegriff der drohenden Pleite retten müssen, womöglich durch den Kauf des Sechzigerstadions durch Investor Hasan Ismaik. Ein Scheich (der eigentlich ein Immobilienmogul ist) als Giesinger Heuschrecke, Herrgott noch mal, das wäre vielleicht ein Fiasko! Da könnte ja gleich ein chinesischer Investor in den Hamburger Hafen einsteigen.

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