Nachlass:Unterhaching erbt Millionen-Villa

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In der gelben Villa in Unterhaching hat Rudolf Pesl bis zu seinem Tod gelebt. Sie könnte ein Museum werden. (Foto: Sebastian Gabriel)

Über eine Stiftung hat die Gemeinde von dem verstorbenen Mäzen und Sammler Rudolf Pesl Immobilien und zahlreiche Kunstwerke vermacht bekommen. Die sind Millionen wert - aber für die Gemeinde vor allem mit Verpflichtungen verbunden.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Die gelbe Villa nahe dem Ortspark in Unterhaching fällt auf. Solche Anwesen gibt es sonst kaum in der Gemeinde. Es ist das Haus des im Februar verstorbenen Kunstmäzens und Unterhachinger Ehrenbürgers Rudolf Pesl. Villa und dazu ein beträchtliches Vermögen in Form von weiteren Immobilien in Untersendling und vor allem zahlreichen wertvollen Kunstschätzen hat er der Gemeinde vermacht. Die kann sich allerdings nicht über einen Geldregen freuen - das Erbe stellt sie vor allem vor eine große Herausforderung. Denn es gilt nun, die Kunstwerke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

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Ganz überraschend kommt das Vermächtnis des Kunstsammlers nicht. Bereits 1990 hatte der Mäzen gemeinsam mit seiner Frau die Pesl-Stiftung gegründet, die fortan "Kultur und Bildung sowie die Erholung bedürftiger Unterhachinger Bürger" förderte. Etwa 2000 Euro stiftete der aus reichem Elternhaus stammende studierte Mediziner seither jährlich. Fest stand aber bereits vor 32 Jahren, dass der Multimillionär sein Vermögen der Stiftung vermacht und damit in die Hände der Gemeinde Unterhaching legt. Denn gemäß der Stiftungssatzung besteht der Stiftungsrat jeweils aus dem Ersten Bürgermeister als Vorsitzenden sowie zwei Mitgliedern des Gemeinderats. Nach Pesls Tod sollten dann noch drei weitere Posten besetzt werden: mit einem Juristen, einem Architekten und einem Kunst- oder Museumsfachmann.

Als Pesl dieses Jahr am 28. Februar im Alter von 99 Jahren starb, wurde mit dem Testament bestätigt, dass die Pesl-Stiftung nun vielfältige Aufgaben vor sich hat. Die Villa soll entweder in ein Museum umgewandelt werden oder die Kunstwerke anderen Ausstellungen zur Verfügung gestellt werden, um sie so öffentlich zugänglich zu machen. Zudem gilt es, das Anwesen mittelfristig in die Denkmalliste aufzunehmen. Auch muss das Gebäude erhalten und damit auch unterhalten werden. Es darf "niemals abgebrochen werden", lautet die Vorgabe.

Armin Konetschny (Grüne), der aktuell gemeinsam mit Stefan Zöllinger (CSU) den Gemeinderat im Stiftungsrat vertritt, listete in der jüngsten Sitzung weitere Vorgaben auf: "Die Sicherheitstechnik muss dem Stand der Technik entsprechen, die Sammlungsobjekte sind zu erhalten, zu restaurieren und gegebenenfalls gleichwertig zu ersetzen." Zudem seien für die Wohnungen in Untersendling Rücklagen für die Übernahme der Baulast zu bilden, so Konetschny weiter. Es sei noch einiges unklar, sagte er und verwies unter anderem auf die aktuellen Einnahmen und Ausgaben beziehungsweise einen Wirtschaftsplan für die Stiftung, den Zustand des Gebäudes, der anderen Immobilien, der Kunstgegenstände. Die Pesl-Stiftung sei ein "komplexes Konstrukt und die Rahmenbedingungen vielfältig", erklärte Konetschny. Die Grünen und die CSU wollten sich daher mit der im Testament festgelegten Erweiterung des Stiftungsrats noch etwas Zeit lassen und die neuen Mitglieder sorgfältig auswählen.

Ehrenbürger Rudolf Pesl (rechts) beim Neujahrsempfang 2012 mit Bürgermeister Wolfgang Panzer. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Mehrheit im Gemeinderat folgte hingegen dem Vorschlag der Verwaltung und wählte Kurt-Jürgen Schweizer, Ingenieur für Holztechnik und Prokurist bei Apleona Ausbau München, sowie den Rechtsanwalt und ehemaligen CSU-Gemeinderat Christian Dollinger in den Stiftungsrat. Für den Bereich Kunst- oder Museumswesen wird noch ein Kandidat oder eine Kandidatin gesucht, die zu einem späteren Zeitpunkt zur Wahl vorgeschlagen wird. Hier soll erst noch ein geeignetes Anforderungsprofil erstellt werden. Die Verwaltung wies darauf hin, dass die Besetzung wichtig sei, damit die Stiftung handlungsfähig bleibe und sich um die nächsten Schritte kümmern könne. Konetschny hingegen wies darauf hin, dass die Kandidatenvorschläge nicht mit den bisherigen Stiftungsratsmitgliedern abgestimmt gewesen seien.

"Wie viel das alles wert ist, ist reine Spekulation, dazu kann auch die Gemeinde nichts sagen."

Zunächst will bis zu den Sommerferien nicht nur der Stiftungsrat, sondern der gesamte Unterhachinger Gemeinderat die Pesl-Villa besuchen, um sich dort selbst ein Bild von der Erbschaft der Stiftung zu machen. Laut Rathaussprecher Simon Hötzl ist bislang noch nicht abschließend bekannt, wie hoch das Vermögen insgesamt ist. Rudolf Pesls Privatsammlung soll aus mehr 10 000 Büchern und Kunstgegenständen im Wert von 30 Millionen Euro bestehen. Dazu zählt etwa das Original der Schedel'schen Weltchronik von 1493, einem der bedeutendsten Beispiele spätmittelalterlicher Buchdruckkunst, und die weltweit zweitgrößte Mongolika-Sammlung nach St. Petersburg. "Wie viel das alles wert ist, ist reine Spekulation, dazu kann auch die Gemeinde nichts sagen", so Rathaussprecher Hötzl.

Noch in diesem Sommer allerdings soll in Unterhaching entschieden werden, wie es mit der Pesl-Villa und den Kunstschätzen weitergeht, ob tatsächlich in der Wallbergstraße am Ortspark ein Museum entsteht oder die Exponate verliehen werden. Auch müssen sich Stiftung und Gemeinde um die Versicherung und die Überwachung von Anwesen und Kunstgegenständen kümmern. "Da hat auch unser für Stiftungen zuständige Mitarbeiter im Rathaus einige Arbeit vor sich", sagt Hötzl.

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