Kommunalfinanzen:Im Sinkflug in den Sturm

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Weiterhin im Krisenmodus: Der Unterhachinger Gemeinderat bei einer Sitzung im vergangenen Jahr. (Foto: Claus Schunk/)

Unterhachings SPD-Bürgermeister Wolfgang Panzer wählt einen dramatischen Vergleich, um die Finanzlage der Gemeinde zu beschreiben. Die CSU will beim Personal sparen, die FDP die Gewerbesteuer senken. Nur die Grünen warnen vor unnötiger Panikmache.

Von Patrik Stäbler, Unterhaching

Auf der vorletzten Seite seiner Präsentation im Unterhachinger Gemeinderat listet Thomas Dannebaum fünf Stichpunkte zu den zukünftigen Haushalten auf - garniert mit insgesamt zwölf Ausrufezeichen. Keine Frage, der Kämmerer im Rathaus der zweitgrößten Kommune im Landkreis München will aufrütteln. Die Botschaft ist klar: Sollte Unterhaching weiter so wirtschaften wie bisher, dann steuert der Ort auf gewaltige Finanzprobleme zu. Denn bei steigenden Ausgaben gehen die Steuereinnahmen zurück, weshalb Dannebaum warnt: "Im Jahr 2024 müssen Entscheidungen vom Gemeinderat getroffen werden, die alle belasten werden!!"

Wobei es vor allem der Blick auf die Haushaltsjahre von 2025 an ist, der dem Kämmerer die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Denn heuer kann die Gemeinde die sich auftuenden Löcher noch stopfen - dank ihrer Rücklagen. Diese sind im Vorjahr durch Sparanstrengungen, höhere Gewerbesteuereinnahmen und verschobener Maßnahmen um satte 15 auf 20 Millionen Euro gestiegen. Allein dieses Polster wird laut dem Haushalt 2024, den der Gemeinderat letztlich einstimmig absegnet, umgehend wieder schmelzen. Denn um die Bilanz auszugleichen, plant das Rathaus 15,5 Millionen Euro aus dem Sparstrumpf zu nehmen. Und laut Finanzplan muss die Gemeinde danach kräftig Schulden machen: 13 Millionen Euro in 2025, acht Millionen in 2026 und 6,8 Millionen Euro in 2027.

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Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) vergleicht die Situation mit einem Jumbo-Jet, dessen Flügel - ergo die Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommensteuer - gekürzt wurden. Heuer könne man dank einer Tankfüllung, also der Rücklage, noch auf einen "positiven Sinkflug" hoffen. Danach jedoch drohe das Flugzeug Unterhaching in einen "perfekten Sturm" zu steuern, so Panzer. Daher müsse man den Konsolidierungskurs fortsetzen und entschlossen handeln. So will der Bürgermeister alsbald eine frei gewordene Stelle im Rathaus für die Wirtschaftsförderung einsetzen - in der Hoffnung, dass dies die Gewerbesteuereinnahmen ankurbelt. Sie lagen 2023 bei 35 Millionen Euro; heuer geht der Kämmerer nur noch von 26 Millionen Euro aus.

Gleichzeitig steigen die Ausgaben der Gemeinde stetig - und das nicht nur Investitionen betreffend wie die Erweiterung der Grund- und Mittelschule und die Sanierung der Hachinga-Halle, die im diesjährigen Haushalt mit je 2,6 Millionen Euro veranschlagt sind. Sondern vor allem die laufenden Kosten bereiten dem Gemeinderat Kopfzerbrechen. Als "Elefant im Raum" bezeichnet Stefan Zöllinger (CSU) dabei die Ausgaben fürs Rathauspersonal, die sich seit 2014 fast verdoppelt hätten. "Hier gilt es dringend, den Einstieg in mittel- und längerfristige Dämpfungsmaßnahmen zu finden", fordert er.

Derweil kritisiert Armin Konetschny (Grüne) mit Blick auf das satte Plus im Haushaltsjahr 2023 die "unnötige Panikmache" im Rathaus, wo man sich "einfach um 25 Millionen Euro verrechnet" habe. Den Vorschlag des Bürgermeisters, bis zum Sommer ein Konzept zu erarbeiten, wie in verschiedenen Bereichen die Ausgaben gesenkt und die Einnahmen erhöht werden könnten, begrüßt Konetschny ausdrücklich. Und mit Blick auf diese Pläne warnt Peter Wöstenbrink (SPD), dass die gemeindlichen Zuschüsse für Vereine und Institutionen "möglicherweise weiter reduziert werden müssen".

Derweil wiederholt Christine Helming (Freie Wähler) ihre Mahnung aus dem Vorjahr: "Die fetten Jahre sind vorbei." Und Claudia Töpfer (Neo) ergänzt: "Sie kommen so schnell nicht wieder." Dass derlei Warnungen inzwischen von allen Fraktionen kommen, quittiert Peter Hupfauer (FDP) mit dem Satz: "Das sind genau die Worte, mit denen die FDP seit vielen Jahren nicht nur in den Haushaltsreden der Rufer in der Wüste ist." Er bringt zur Steigerung der Einnahmen eine Senkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes ins Spiel - nach dem Vorbild des Nachbarorts Taufkirchen, der diesen Schritt kürzlich vollzogen hat. Mehr Tempo beim Verkauf des Stadions im Sportpark, das die Spielvereinigung gerne übernehmen würde, fordert SPD-Mann Wöstenbrink, während sich Grüne und Freie Wähler für den viel diskutierten Handwerkerhof im Ort stark machen - "um nicht weitere Firmen an unsere Nachbarn zu verlieren", so Helming.

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