Unterföhring:Straßenname doppelt - Notarzt kommt zu spät

Lesezeit: 2 min

  • Eine Frau ist gestorben, weil der Notarzt aus Versehen nach St. Emmeram in den Münchner Stadtteil Oberföhring statt in den St.-Emmeram-Weg in der Gemeinde Unterföhring geschickt wurde.
  • Offenbar kommt es immer wieder zu Verwechslungen. Der Gemeinderat lehnt eine Umbenennung jedoch ab. Der Grund: Organisatorischer Mehraufwand.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Es ist der Albtraum einer jeden Familie: Die Mutter klagt nachts plötzlich über Unwohlsein und Herzschmerzen; kurze Zeit später bricht sie zusammen. Die Familie ruft den Notarzt, aber der findet nicht den richtigen Weg und kommt zu spät. Die Frau kann zwar reanimiert werden, stirbt aber trotz aller Wiederbelebungsversuche. So geschehen in Unterföhring. Wie Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU) berichtete, wurde der Rettungswagen aus Versehen nach St. Emmeram in Oberföhring geschickt. Es verging wertvolle Zeit, bis die Ärzte am richtigen Einsatzort ankamen.

Nach Angaben der Unterföhringer Nachbarschaftshilfe kommt es immer wieder zu Verwechslungen - und das nahm die Einrichtung nun zum Anlass, beim Gemeinderat zu beantragen, den St.-Emmeram-Weg umzubenennen. Bevor es wegen eines Irrtums oder eines Hörfehlers in der Integrierten Einsatzzentrale erneut zu einer Gefahrensituation für ein Menschenleben komme, wie es im Schreiben der Nachbarschaftshilfe heißt.

Auch einen Vorschlag hatte die Einrichtung bereits parat: So könne der St.-Emmeram-Weg in Herderweg umbenannt werden; dieser müsse nur verlängert werden. Unterstützt wird das Ansinnen auch vom Seniorenbeirat in der Gemeinde. Denn nicht zuletzt befinden sich unter der Adresse St.-Emmeram-Weg auch Altenwohnungen.

Gemeinderat lehnt Streichung einstimmig ab

Die Unterföhringer Kommunalpolitiker äußerten sich allesamt sehr betroffenen über "den tragischen Vorfall", eine Streichung der Straßenbezeichnung aus dem örtlichen Adressverzeichnis lehnte der Gemeinderat allerdings einstimmig ab. Das sei mit einem zu großen Aufwand verbunden, hieß es im Gremium übereinstimmend. Immerhin lebten dort 217 Menschen, die dann ihre Adressen und Daten bei Versicherungen und Behörden ändern lassen müssten. Viele der Anwohner hätten sich bereits nach Bekanntwerden des Antrags der Nachbarschaftshilfe im Rathaus gemeldet und ihre Skepsis kundgetan, berichtete der Bürgermeister. CSU-Gemeinderat Franz Solfrank wohnt selbst am St.-Emmeram-Weg und stützte die Aussage von Kemmelmeyer: "Ich habe mit vielen Nachbarn gesprochen, und diese scheuen den Aufwand."

Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvorsitzende Jutta Schödl: Was passiert sei, sei sehr, sehr bedauerlich. Allerding müsse man sich nach einer Umbenennung des St.-Emmeram-Weges die Frage stellen, ob nicht noch andere Straßen in Unterföhring einen neuen Namen brauchten. Die Johanneskirchner Straße zum Beispiel, die es genauso in Oberföhring gebe, oder die Münchner Straße. "Wo fängt man an?", fragte Schödl.

Genaue Information für Notdienste

Für Johann Zehetmair von der PWU würde man nur wieder neue Verwirrung stiften, wenn der St.-Emmeram-Weg umgetauft würde. Denn, wie auch die Nachbarschaftshilfe und ein örtlicher Pflegedienst berichteten, es habe eine lange Zeit gedauert, bis der im Oktober 2008 eröffnete St.-Emmeram-Weg in Unterföhring in den Listen von Liefer- und Rettungsdiensten verankert gewesen sei. Nun wieder alles umzutun, sei nicht sinnvoll, sagte Zehetmair.

Der Gemeinderat sprach sich schließlich dafür aus, dass alles beim Alten bleibt. Allerdings soll die Verwaltung Notdienste, wie Polizei, Rettungsleitstelle oder Feuerwehr noch einmal genau darüber informieren, dass es in Unterföhring ähnliche Straßennamen gibt wie im nahen Oberföhring. Der St.-Emmeram-Weg in der Medienkommune sei nicht gleichzusetzen mit St. Emmeram jenseits der Stadtgrenze. Eines aber, sagte Bürgermeister Kemmelmeyer, könne man bei all der Detailtreue in den Aufzeichnungen nicht ausschließen: dass Menschen Fehler machten - bei der Aufnahme von Daten oder vor lauter Aufregung bei einem Notruf.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: