Unterföhring:Aus für das Leuchtturmprojekt

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Auf die Visualisierung (hier) folgt keine Realisierung: Die Pläne für das neue Rathaus in Unterföhring sind verworfen worden. (Foto: Raum und Bau Planungsgesellschaft mbH)

Weil dem Gemeinderat das geplante neue Rathaus zu teuer wird, soll noch einmal von vorn begonnen werden - mit einem anderen Architekturbüro. Die bisherigen Planer reagieren pikiert und verweisen auf die ambitionierten Wünsche der Lokalpolitiker.

Von Laura Geigenberger, Unterföhring

Der Traum vom futuristischen Rathaus in Unterföhring, das bis 2027 in der neuen Ortsmitte am Bahnhof hätte entstehen sollen, ist - zumindest fürs Erste - geplatzt: Am Donnerstag stimmte der Gemeinderat mit 18 zu 1 Stimmen dafür, die Zusammenarbeit mit dem Münchner Architekturbüro "Raum und Bau Planungsgesellschaft" zu beenden und noch einmal von vorn zu beginnen. "Das ist zwar schade, kann aber auch eine große Chance sein", sagte Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU). Der Auftrag soll nun neu vergeben werden.

Als Hauptgrund für den Sinneswandel nannte Kemmelmeyer das fehlende Preis-Leistungs-Verhältnis. Drei Vertreter des Architekturbüros hatten dem Gemeinderat im Zuge einer Vorentwurfsplanung auch einen Kostenvoranschlag präsentiert; demzufolge würden sich allein die Baukosten für das neue Verwaltungsgebäude jetzt auf über 70 Millionen Euro belaufen - deutlich mehr als die ursprünglich veranschlagten 49 Millionen Euro. Eine "immense" Kostensteigerung, fand Kemmelmeyer. "Denn das, was wir dafür bekommen, überzeugt uns leider weiterhin nicht."

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Bereits im Juli 2022 hatte Bürgermeister Kemmelmeyer den Architektenvertrag für das neue Rathaus unterzeichnet. Das von ihm als "Jahrhundert-" oder "Leuchtturmprojekt" betitelte Vorhaben sollte insbesondere durch seine Nachhaltigkeit und Architektur sowie die Realisierung moderner Arbeitswelten herausragen. Drei Gebäude in Holz-Beton-Hybridbauweise sollten sich zu einer polygonalen Form zusammensetzen; ihre Obergeschosse über gläserne Brücken verbunden sein. Mithilfe einer Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung sah die Planung den Bau zudem als "grüne Lunge" vor, der Lebensräume für Vögel und Insekten bieten könnte. Für klimaneutrale Wärme, Strom und Brauchwasser waren eine Photovoltaikanlage, ein Fernwärmeanschluss sowie Möglichkeiten zur Wasseraufbereitung vorgesehen.

Jedoch hatte sich die Planung - und damit das anvisierte Einzugsdatum - verzögert. Statt wie ursprünglich erhofft im Jahr 2026 hätte das Gebäude nach dem letzten Stand frühestens Ende 2027 eingeweiht werden können. Auch deshalb, weil mehrmals Änderungswünsche aus dem Gemeinderat bei der Planung berücksichtigt werden sollten. CSU-Gemeinderätin Marianne Rader bemängelte jedoch, dass die Architekten den Vorstellungen des Gremiums noch immer nicht ausreichend nachgekommen seien, etwa bei den Konzepten für die Klimaanlage, die Gestaltung des Eingangsbereichs oder auch den Sitzungssaal.

Raders Fraktionskollege Manfred Axenbeck zeigte sich gar "froh" darüber, nun Abstand von dem Entwurf nehmen zu können, wie er betonte. "Unser Ding war es von vornherein nicht und ich sehe hier auch kein 'Jahrhundertprojekt'. Wir brauchen für Unterföhring etwas anderes." So sehr er es bedauere, eine Summe von mehr als 70 Millionen Euro sei nicht vertretbar für ein Verwaltungsgebäude, sagte Gemeinderat Philipp Schwarz (SPD). "Das können wir den Bürgern nicht vermitteln. Das Geld brauchen wir für andere Vorhaben."

Das jetzige Rathaus, eröffnet 1975, ist nicht mehr State of the Art. (Foto: Sonja Marzoner)

Ein "Sankt-Nimmerleinstags-Projekt" nannte es dagegen Veit Wiswesser (FDP). Er stimmte als einziger gegen einen Neubeginn. "Was wollen wir denn an Kosten einsparen, was mit welchen Architekten verbessern?", fragte er. Urlaubsbedingt nicht im Gemeinderat dabei, aber dennoch "entsetzt, wütend und beschämt" zeigten sich die Grünen-Vertreter Gisela Fischer und Johannes Mecke im Anschluss am Telefon. "Wir haben jetzt 2,5 Millionen Euro für die Planung und viel Zeit verbraten", so Fischer. Sie befürchtete, dass die Nachhaltigkeit bei einem neuen Entwurf keine zentrale Rolle mehr spielen könnte.

"Sie sind bei ganz vielen Themen, die Sie möchten, an einem oberen Level."

Auch die Architekten reagierten sichtlich pikiert auf den plötzlichen Umschwung des Gemeinderats. Schließlich habe man seit 2022 stets auf die weltpolitisch bedingte Kostensteigerung hingewiesen und dem Gremium "einen Berg an Einsparungspotenzial" vorgeschlagen, sagte der Geschäftsführer der "Raum und Bau Planungsgesellschaft", Martin Werner. Demnach seien dem Gemeinderat letztendlich seine ambitionierten Wünsche und Visionen teuer zu stehen gekommen: "Es hört sich so an, als würden wir Ihnen überall goldene Wasserhähne verkaufen wollen. Aber Sie sind bei ganz vielen Themen, die Sie möchten, an einem oberen Level."

Dass nun Jahre - und möglicherweise auch die laufende Kommunalwahlperiode - verstreichen könnten, bis die Mediengemeinde ihr neues Rathaus bekommt, sei ihm durchaus bewusst, sagt Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer. Er hoffe, dass die Erfahrungen aus dem ersten Planungsprozess zu einem schnelleren Neustart beitragen können. "Es ist nicht alles umsonst gewesen", gibt er sich überzeugt.

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