Unterföhring:Hundehalter lassen sich keinen Maulkorb verpassen

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Der Leinenzwang, den die Gemeinde Unterföhring eingeführt hat, sorgt weiter für Ärger. (Foto: Yoav Kedem)

Nachdem die Lokalpolitiker einen Bürgerantrag gegen die Leinenpflicht für große Hunde abgelehnt haben, wollen die Initiatoren weiter kämpfen. Und auch im Gemeinderat werden Stimmen laut für einen Kompromiss.

Von Laura Geigenberger, Unterföhring

Ein Raunen der Enttäuschung geht durch die Reihen der Zuschauer, die sich im Sitzungssaal des Unterföhringer Rathauses niedergelassen haben. "Unverschämtheit", entrüstet sich ein Mann in der ersten Reihe. "War ja zu erwarten", ergänzt jemand. Andere haben nur ein Kopfschütteln übrig. Dem kollektiven Frust vorausgegangen ist eine Abstimmung des Gemeinderats: Mit 15 zu neun Stimmen wies das Gremium einen Bürgerantrag ab, mit dem 364 Unterföhringer die Aufhebung des Leinenzwangs für alle Hunde mit einer Schulterhöhe über 50 Zentimeter gefordert hatten.

Somit bleibt die umstrittene Verordnung, die im Dezember in Kraft getreten ist und beinahe für das gesamte Gemeindegebiet gilt, bestehen. Ganz vom Tisch ist das Thema aber nicht: Fraktionsübergreifend betonten mehrere Gemeinderäte in der Sitzung am Donnerstagabend ihre Bereitschaft, mit den Hundebesitzern eine Kompromisslösung auszuhandeln.

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Für die rund 60 Tierhalter, die ins Rathaus gekommen sind, bedeutet die Entscheidung des Gemeinderats dennoch eine Niederlage in ihrem mittlerweile seit Monaten andauernden Protest gegen die Leinenpflicht. "Die Leute haben ein gutes Gespür, ob etwas gerecht ist oder nicht, und das ist hier absolut nicht der Fall", sagt Antragssteller Thomas Stahn. Bereits im November, nachdem der Gemeinderat mit 13 zu zehn für die Einführung der Leinenpflicht gestimmt hatte, formierte sich eine regelrechte Widerstandsbewegung: Hundehalter gründeten Whatsapp-Gruppen, erwogen eine Demonstration und starteten eine Online-Petition, die mittlerweile fast 800 Unterschriften zählt.

Wenige Tage vor Weihnachten reichten drei Unterföhringer den Bürgerantrag mit 364 Unterschriften ein - mehr als dreimal so viele wie benötigt. Ihre Kritikpunkte: Die Leinenverordnung sei übertrieben streng und nicht tierschutzkonform, die Gemeindeverwaltung habe zudem keine nachvollziehbaren Gründe für die restriktive Maßnahme angeführt. Das Rathaus verweist bislang allgemein auf "vermehrte Vorfälle mit Hunden", nennt aber keine Details. Das stößt den Hundehaltern bitter auf - sie werfen der Verwaltung Intransparenz und Willkür vor.

Kämpfen gegen den Leinenzwang für große Hunde: Andreas Pelka und Annelie Ulrich aus Unterföhring. (Foto: privat)

Wie emotional das Thema besetzt ist, war am Donnerstag bereits eine halbe Stunde vor der Sitzung zu spüren, als sich die 60-köpfige Gruppe der Hundebesitzer vor dem Rathaus versammelte. Viele wirkten angespannt, beinahe gereizt, andere schon resigniert. Andreas Pelka hatte 250 handtellergroße, kreisförmige Aufkleber drucken lassen und verteilt, welche sich die Teilnehmer an ihre Pullis, Jacken, Taschen und Notizblöcke hefteten. Darauf zu lesen: "I love dogs" ("Ich liebe Hunde") - wobei das Wort "love" durch ein rotes Herz ersetzt war.

"Es ist sehr zu begrüßen, dass sich zu einem politischen Thema so ein Engagement bildet", zeigte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Philipp Schwarz im Gemeinderat beeindruckt. Diese starke Bürgerbeteiligung lasse sich kaum ignorieren. Zustimmung kam von Simone Spratter (PWU): "Unser Ziel muss sein, gemeinsam und überfraktionell Gespräche zu führen und zu Ergebnissen zu kommen, mit denen jeder leben kann."

"Das ist wie ein Boxkampf: Das war die erste Runde."

Auch Veit Wiswesser (FDP) stellte sich auf die Seite der Protestierenden: Wegen ein paar "antisozialer Menschen", die ihre Verantwortung als Tierhalter missachteten, "quasi alle Unterföhringer Hundebesitzer in Sippenhaft" zu nehmen, sei nicht gerechtfertigt, sagte er. Von den Gegnern des Bürgerantrags ergriff nur Peter Scholler (fraktionslos) das Wort: Er wünsche sich konkrete Lösungsansätze von den Antragstellern. Bis diese verhandelt würden, solle die Leinenpflicht für "Ruhe" sorgen.

Die Hundehalter haben bereits Ideen, wie ein Kompromiss aussehen könnte. "Für mich wäre eine Leinenpflicht dort gerecht, wo viele Menschen verkehren und wo es eng wird", sagt etwa Thomas Stahn. Dass ihre Vierbeiner rund um soziale Einrichtungen wie Schulen, Spielplätze oder Seniorenheime an die Leine gehörten, sei ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Das wolle man auch bei einem runden Tisch oder Arbeitskreis kommunizieren. "Wichtig ist jetzt halt, dass die Politiker nicht beim Reden bleiben, sondern ins Machen kommen", sagt Andreas Pelka, der nun mit anderen einen Hundeverein gründen will. "Ich sehe es ein bisschen wie einen Boxkampf: Der Bürgerantrag war die erste Runde. Wir machen weiter - jetzt erst recht."

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