Unterföhring:Die kleine Tunnelversion

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Der Verkehrsplaner Harald Kurzak empfiehlt der Gemeinde Unterföhring, den Verkehr auf der Ortsdurchfahrt unter die Erde zu verlegen. Zunächst muss aber geklärt werden, ob das Projekt technisch realisierbar ist

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Die Zahlen sprechen für sich: Würde die Ortsdurchfahrt in Unterföhring untertunnelt, könnte dies mindestens eine Halbierung des Durchgangsverkehrs bedeuten. Bis zu 20 000 Fahrzeuge sind wochentags auf der Münchner Straße unterwegs. Wie Verkehrsplaner Harald Kurzak berechnet hat, würde ein solches Bauwerk Lärm und Abgase, denen die Anwohner an der Ortsdurchfahrt ausgesetzt sind, erheblich mindern.

Der Professor an der Technischen Universität und ausgewiesene Kenner der Verkehrsproblematik in Stadt und Landkreis stellte dem Gemeinderat in der Sitzung am Donnerstagabend seine Untersuchungen zu einem möglichen Tunnelbauwerk vor.

Im Dezember 2015 hatte eine knappe Mehrheit im Gremium eine solche Studie in Auftrag gegeben. Darin sollten nicht nur ein etwaiger Tunnel für die Durchgangsstraße von Unterföhring betrachtet werden, sondern auch die Möglichkeiten einer Ortsumfahrung.

Der Tunnel müsste unter den Kanal geführt werden

Für Kurzak ist Letzteres nicht zielführend. "Die Entlastung durch einen Tunnel ist größer", sagte er nun. Seiner Untersuchung zufolge sollte Unterföhring sich für eine "kleinere Version" des Tunnels entscheiden und nicht, wie bereits 1999 schon einmal diskutiert und damals verworfen, zwischen der Abfahrt zum Föhringer Ring und dem Kanal.

Laut aktuellen Überlegungen könnte der Verkehr nördlich der Kreuzung Mitterfeldallee/Münchner Straße unter der Erde verschwinden und erst kurz vor der Autobahnbrücke nach dem Kanal wieder an die Oberfläche geführt werden. Allerdings müsste der Tunnel unter dem Kanal hindurch geführt werden, wobei man freilich prüfen müsste, ob dies machbar ist. Gespräche mit der Nachbargemeinde Ismaning seien ebenso notwendig, denn die Rampen in und aus dem Tunnel liegen nicht mehr auf Unterföhringer Ortsgebiet, wie Kurzak sagte.

Die SPD im Gremium zeigte sich skeptisch: Fraktionsvorsitzende Jutta Schödl sagte, ihr fehle die Schau auf den Föhringer Ring, der nun vierspurig ausgebaut werde. Außerdem sei sie der Meinung, dass die jetzige Studie keine neuen Erkenntnisse gegenüber dem Gutachten von 1999 enthalte, wonach das Projekt damals abgelehnt worden sei. Thomas Weingärtner (SPD) gab zu bedenken, dass der Verkehr "trotzdem da ist", man lege ihn nur unter die Erde.

Um aus der Staufalle zu kommen, müsse man vielmehr das Augenmerk auf den öffentlichen Nahverkehr legen, forderte er. Und: Durch einen Ausbau der Kreisstraße M 3 und der Bundesstraße 471 auf jeweils vier Spuren könne Unterföhring auf eine großräumige Entlastung hoffen. "Mit dem Tunnel machen wir mehr kaputt", fasste Schödl ihre Ablehnung zusammen, die auch mit der Kostenfrage zusammenhing:

Unterföhring kann die Sache selbst in die Hand nehmen

Damals sei die Rede von umgerecht 100 Millionen Euro gewesen. "Heute wird es bestimmt noch teurer." Kurzak riet den SPD-Gemeinderäten, "nicht alles so schwarz zu sehen". Überörtlicher Straßenbau sei zwar ein langwieriges Geschäft, allerdings könne Unterföhring mit einem Tunnel "die Sache selbst in die Hand nehmen", um den Ort vom Durchgangsverkehr zu entlasten.

Diese Auffassung teilte Johann Zehetmair von der Parteifreien Wählerschaft (PWU): "Es gibt Hoffnung zur Entlastung", sagte er. Man dürfe dies nun nicht wieder "zerreden". Zudem sei man es als Gemeinderat "der Bevölkerung schuldig, etwas auf den Tisch zu bringen". CSU-Fraktionssprecher Manfred Axenbeck assistierte: "Die SPD hat ein generelles Problem mit Tunneln", betonte er und erinnerte an den S-Bahn-Tunnel. "Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann hätten wir da draußen am Bahnhof jetzt einen Trog."

PWU und CSU sowie SPD-Gemeinderat Manfred Unterstein stimmten schlussendlich dafür, das Tunnel-Projekt weiterzuverfolgen und eine Kostenschätzung einzuholen, während Untersteins Kollegen dagegen waren. Laut Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) muss zudem untersucht werden, ob ein solches Bauwerk technisch realisierbar ist.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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