Der Taufkirchner Gemeinderat hat sich gegen eine Umbenennung der Willy-Messerschmitt-Straße ausgesprochen - jedoch soll an den Straßenschildern eine Hinweistafel mit Erläuterungen zum Namensgeber angebracht werden. Darauf wird unter anderem stehen, dass der Luftfahrtingenieur und Erfinder NSDAP- und SS-Mitglied war, eine führende Position in der NS-Rüstungsindustrie innehatte und die Messerschmitt-Werke Tausende Zwangsarbeiterinnen, Zwangsarbeiter sowie KZ-Häftlinge ausbeuteten. Für die Variante mit der Ergänzungstafel, die Peter Hofbauer (Freie Wähler) vorgeschlagen hatte, votierten 20 von 22 Gemeinderatsmitgliedern, nachdem zuvor eine 13:9-Mehrheit eine Umbenennung abgelehnt hatte. Hinsichtlich der Finanzierung will das Rathaus bei der Firma Airbus anfragen, ob sie die Kosten für die Tafel übernimmt.
Anstoß für die Debatte im Gemeinderat war ein Antrag der Grünen, die eine Umbenennung der Willy-Messerschmitt-Straße gefordert hatten. Als neue Namensgeberin schlugen sie Rita Maiburg vor, die weltweit erste Linienflugkapitänin. "Straßennamen sind nichts anderes als eine positive Ehrung", betonte Robin Waldenburg (Grüne). "Und bei Willy Messerschmitt ist die historische Faktenlage eindeutig." So war der 1898 geborene Flugzeugkonstrukteur laut den Grünen "kein Mitläufer, sondern ein Mittäter", wie es Rudi Schwab formulierte. Seine Fraktionskollegin Gabi Zaglauer-Swoboda erinnerte zudem daran, dass die Willy-Messerschmitt-Straße in unmittelbarer Nähe zum Standort des ehemaligen KZ-Außenlagers in Ottobrunn liege, was sie als "zynisch" erachte.
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Heftige Kritik am Vorstoß der Grünen übte Peter Hofbauer. Er monierte, dass in der Begründung des Antrags erfundene Zitate verwendet würden sowie Passagen aus fragwürdigen Quellen "eins zu eins hineinkopiert". Hofbauer unterstrich, dass Willy Messerschmitt 1942 in seiner Firma entmachtet worden sei und dort fortan nicht mehr viel zu sagen gehabt habe. Zudem sei der Luftfahrtpionier nach Kriegsende in einem Entnazifizierungsverfahren als Mitläufer eingestuft worden. Auch Michael Lilienthal (Freie Wähler) widersprach der Darstellung, "als wäre Willy Messerschmitt ein glühender Nazi gewesen, der das alles freiwillig gemacht hat". Zudem verwies er darauf, dass es in München eine Messerschmittstraße gibt und der Erfinder im U-Bahnhof Garching-Forschungszentrum mit einer Tafel geehrt wird. "Dass wir uns jetzt anmaßen, wie eine Art Ethikrat schlauer zu sein und das besser beurteilen zu können, finde ich absurd", sagte Lilienthal.
"Messerschmitt ist quasi die DNA von Airbus"
Mit den Stimmen von Freien Wählern, CSU, Bürgermeister Ullrich Sander (parteilos) sowie Teilen der SPD wurde der Antrag der Fraktion der Grünen und der Initiative Lebenswertes Taufkirchen letztlich abgelehnt. Große Zustimmung erhielt dagegen der Vorschlag Hofbauers mit dem Ergänzungsschild. Der Text darauf soll sich an eine Formulierung anlehnen, die in Augsburg an der Professor-Messerschmitt-Straße zu lesen ist. Dort hatte eine von der Stadt eingesetzte Kommission mehrere Straßennamen mit NS-Bezug untersucht. Im Falle von Willy Messerschmitt kam sie 2019 zu der Empfehlung einer Kontextualisierung in Form der Erklärtafel.
Wegen deren Finanzierung und Anfertigung solle die Gemeinde bei der Firma Airbus anfragen, schlug Hofbauer vor. Diese hat nicht nur ihren Sitz in der Willy-Messerschmitt-Straße, sondern ist auch eng mit dem Erfinder verbunden. "Messerschmitt ist quasi die DNA von Airbus", betonte Lilienthal. Wohl auch deshalb hatte sich der Konzern 2015 mit einem Brief an alle Fraktionen gewandt, als der Gemeinderat über die offizielle Widmung der 1993 benannten Straße zu entscheiden hatte. Schon damals forderten die Grünen eine Umbenennung, was Airbus strikt ablehnte. "An der Person Willy Messerschmitt führt kein Weg vorbei, wenn Sie unser Unternehmen eingemeinden wollen", hieß es seinerzeit in dem Schreiben.
Wie vor acht Jahren sind die Grünen nun also erneut mit ihrem Antrag auf eine Umbenennung der Straße gescheitert. Wohl auch aus Frust über die ablehnende Haltung des Gemeinderats stimmten einzig Thomas Hummel und Gabi Zaglauer-Swoboda gegen die Variante mit dem Ergänzungsschild.