Kommunalfinanzen:Taufkirchen geht das Geld aus

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Großprojekte wie der Neubau der Mittelschule - für die als Interimsquartier aktuell die alte Grundschule am Wald hergerichtet wird - sollen nach dem Willen von Taufkirchens zweitem Bürgermeister Michael Lilienthal auf Eis gelegt werden. (Foto: Claus Schunk)

Zweiter Bürgermeister Michael Lilienthal nutzt die Abwesenheit von Rathauschef Ullrich Sander für einen Brandbrief: Wegen eines akuten Liquiditätsproblems soll der Gemeinderat Großprojekte zurückstellen.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Im alten Haus der Grundschule am Wald in Taufkirchen laufen derzeit die Bauarbeiten. Schließlich soll das Gebäude als Interimsquartier für die benachbarte Mittelschule hergerichtet werden, während diese abgerissen und neu gebaut wird. Doch diese Pläne könnten sich verzögern - wegen der prekären Finanzlage der Gemeinde. Darauf hat Zweiter Bürgermeister Michael Lilienthal (Freie Wähler) in einer E-Mail an alle Gemeinderatsmitglieder hingewiesen. "Die Gemeinde ist nicht pleite, aber sie hat ein Liquiditätsproblem", sagt Lilienthal, der derzeit den parteifreien Rathauschef Ullrich Sander vertritt. Er plädiert dafür, die Planungen für anstehende Großprojekte wie die neue Mittelschule sowie einen Ersatzbau für die Kita Wawuschel vorerst auf Eis zu legen und auch in ihren Dimensionen zu überdenken: "Alles gleichzeitig ist nicht stemmbar."

Das Schreiben hat Lilienthal nach eigener Aussage mit dem Gemeindekämmerer Jan Gradl abgestimmt. Laut Lilienthal muss das Rathaus schon jetzt sogenannte Kassenkredite aufnehmen, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken und den laufenden Betrieb zu gewährleisten. Sollte die Gemeinde wie geplant in diesem Jahr in den Neubau der Mittelschule einsteigen, dann würde dies eine "Ausgabenlawine" nach sich ziehen, warnt Lilienthal. "Und dafür haben wir nicht das Geld." Ein Problem sei dabei, dass der geplante Verkauf des Grundstücks der alten Grundschule noch immer nicht erfolgt ist.

Dabei hatte Bürgermeister Sander bereits vor drei Jahren verkündet, dass hier lediglich "finale Vertragsverhandlungen" ausstünden und ein Erlös von mehr als 30 Millionen Euro zu erwarten sei. Seither hat sich der Gemeinderat aber nicht auf die Konditionen des Verkaufs einigen können. Schwierig ist zudem laut Lilienthal, dass ungewiss sei, wann das Grundstück frei wird - schließlich hänge dies vom Neubau der Mittelschule ab. "Und kein Käufer ist gewillt, vorab groß zu zahlen, wenn er noch gar nicht weiß, wann er dort bauen kann."

"Die Gemeinde ist nicht pleite, aber sie hat ein Liquiditätsproblem", sagt Zweiter Bürgermeister Michael Lilienthal. (Foto: Claus Schunk)

Der Zweite Bürgermeister rechnet jedenfalls nicht damit, dass der Verkauf demnächst über die Bühne gehen wird. Auch deshalb mahnt er den Gemeinderat zur Zurückhaltung, nachdem dieser "geplant hat, als gäb's kein Morgen". So hat sich das Gremium neben dem 45 Millionen Euro teuren Schulneubau auch für ein neues Kinderhaus auf dem Gelände ausgesprochen, das mit acht Millionen Euro zu Buche schlagen wird. Im Weiteren will die Gemeinde, um den nahenden Rechtsanspruch auf eine nachschulische Betreuung zu erfüllen, ein zwei Millionen Euro teures Containergebäude auf den Stockbahnen am Postweg errichten. Und dann war zuletzt auch noch von einem Neubau der Kita Wawuschel die Rede - für circa 20 Millionen Euro. "Die Frage muss erlaubt sein, ob diese Projekte nicht eine Nummer zu groß sind", sagt Lilienthal. Er schlägt nun eine Sondersitzung des Gemeinderats vor, um die Vorhaben noch einmal zu überdenken.

Derweil sieht die SPD-Fraktion die Schuld an der prekären Finanzlage bei der "aktuellen Mehrheit im Gemeinderat". Sie habe "trotz wiederholter Warnungen und alternativer Vorschläge einen unhaltbaren Haushalt verabschiedet". Nun drohe die Gemeinde "in den nächsten Jahren in die Insolvenz zu schlittern", heißt es in einer Mitteilung der Partei. Sie fordert daher einen "verlässlichen Liquiditätsplan", der streng überwacht werden müsse. Zudem sollten Großprojekte wie der U-Bahn-Anschluss und der Campus-Ausbau "auf den Prüfstand gestellt und gegebenenfalls verschoben oder gestrichen werden".

Die CSU bewertet die Finanzlage der Gemeinde weniger dramatisch

Ungleich weniger dramatisch bewertet man die Finanzlage der Gemeinde dagegen bei der CSU. "Wir haben viel in die Zukunft investiert", betont Fraktionschefin Hildegard Riedmaier. Die drohenden Liquiditätsengpässe seien vor allem der Tatsache geschuldet, dass das Rathaus bestimmte Fördergelder vom Land noch nicht erhalten habe. Zudem stehe die Gemeinde kurz vor dem Verkauf zweier Grundstücke, betont Riedmaier, die mit Blick auf die geplanten Großprojekte aber einräumt: "Vielleicht müssen wir das Tempo ein bisschen zurücknehmen."

Deutlicher werden da die Grünen, die "angesichts der Dramatik der Haushaltslage" nur wenig Spielraum für den Gemeinderat sehen. Nun müsse "in einem schmerzhaften und mühsamen Prozess ausgehandelt werden, wo man Einsparungen vornehmen kann, da die Einnahmen nur sehr beschränkt erhöht werden können", heißt es in einem Statement der Fraktion. Einsparpotenzial sehen die Grünen etwa bei der Schaffung neuer Stellen und der Reduzierung von Ausgaben. "Da dies alles nicht ausreicht", betonten sie jedoch in ihrer Stellungnahme, "müssen die Bauprojekte der Gemeinde zumindest verschoben werden, was leider auch den dringend benötigten Neubau der Mittelschule beinhaltet".

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