Taufkirchen:Anwohner wollen Flüchtlingsunterkunft verhindern

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Die mögliche Unterbringung von Geflüchteten in Containern auf dem ehemaligen Tennisgelände am Postweg in Taufkirchen birgt viel Diskussionsstoff. (Foto: Claus Schunk)

300 Geflüchtete sollen am Postweg untergebracht werden. Nun läuft eine Online-Petition gegen das Vorhaben, die bereits von 800 Personen unterzeichnet wurde. Allerdings nehmen es die Initiatoren mit der Wahrheit nicht so genau.

Von Patrik Stäbler

Noch ist gar nicht entschieden, ob der Landkreis auf den ehemaligen Tennisplätzen am Postweg in Taufkirchen eine Container-Unterkunft für circa 300 Geflüchtete errichtet. Doch schon jetzt schlägt das Vorhaben hohe Wellen und hat unter anderem zu einer Online-Petition eines Anwohners geführt, die es mit der Wahrheit freilich nicht so genau nimmt. Auch deshalb hat die Gemeinde Taufkirchen inzwischen mit einer Richtigstellung reagiert. Darin distanziert sich das Rathaus "explizit von Spekulationen über eine Vorteilnahme, die Teile der Petition suggerieren".

Seitens des Landratsamts bestätigt eine Sprecherin, dass die Errichtung einer Containeranlage am Postweg aktuell geprüft werde. "Ob dies dort jedoch überhaupt möglich ist und wie eine Unterkunft an dieser Stelle aussehen könnte, dazu können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen." Erst wenn die Prüfung ergebe, dass sich die Einrichtung am Standort realisieren lasse, würden konkrete Planungsschritte aufgenommen, so die Sprecherin. "Im Zuge derer würden auch die unmittelbaren Anwohner einbezogen."

Bei vielen von ihnen herrscht jedoch schon jetzt Unruhe - nicht zuletzt aufgrund der Online-Petition, die in den sozialen Medien hitzig diskutiert wird und die bisher mehr als 800 Menschen unterzeichnet haben. Auf der zugehörigen Webseite finden sich etliche emotionale Kommentare, darunter auch einige mit rassistischem Inhalt. Im Begleittext der Petition stellt deren Urheber das Areal am Postweg als ungeeignet für eine Flüchtlingsunterkunft dar - unter anderem wegen der Nähe zur Wohnanlage in der Dorfstraße sowie der benachbarten Kindergärten. "300 Flüchtlinge, auf deren Auswahl keiner einen Einfluss hat, und die auf einem sehr beengten Raum leben müssen, viel Zeit, aber keinen Platz zu Zeitvertreib haben, sind ein Unsicherheitsfaktor", heißt es dort.

"Egal, wo ich Unterkunft hinstelle, das passt niemandem in der Nachbarschaft", sagt Bürgermeister Sander.

Im Weiteren kritisiert die Petition, dass die Gemeinde sich mit einem "privaten Investor" über die Unterkunft am Postweg geeinigt und ihm dafür "ein zukünftiges Baurecht zugesagt" habe. Dies ist laut Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) in doppelter Hinsicht falsch. Zum einen verhandle nicht das Rathaus, sondern das Landratsamt mit dem Eigentümer. Zum anderen seien keine Zusagen über ein Baurecht erfolgt. "Darüber wird der Gemeinderat entscheiden, zum gegebenen Zeitpunkt."

Aus dem Landratsamt heißt es derweil, dass die Behörde bei der Planung von Unterkünften grundsätzlich in engem Kontakt mit den Kommunen stehe - "das ist selbstverständlich auch hier in Taufkirchen der Fall", so die Sprecherin. Tatsächlich hatte sich der Gemeinderat im Dezember mit der möglichen Errichtung einer dreistöckigen Container-Unterkunft auf den früheren Tennisplätzen beschäftigt. Seinerzeit hieß es in der Sitzungsvorlage, dass sich das Gremium "prioritär" für diesen Standort ausgesprochen habe.

Nach der Sitzung erläuterte der Zweite Bürgermeister Michael Lilienthal (Freie Wähler), dass das Landratsamt anfangs die Festwiese als Aufstellungsort vorgeschlagen hatte. Dies habe der Gemeinderat jedoch verhindern wollen und daher den Postweg ins Spiel gebracht. In den Verhandlungen hatte der dortige Grundstückseigner darum gebeten, dass ihm im Gegenzug ein künftiges Baurecht auf dem Areal zugesichert wird. Das hatte der Gemeinderat aber abgelehnt, sagte Lilienthal damals.

Auf die Frage, ob der Postweg ein geeigneter Standort für eine Flüchtlingsunterkunft ist, will sich Ullrich Sander nicht klar positionieren. "Egal, wo ich Unterkunft hinstelle, das passt niemandem in der Nachbarschaft. Und ich weiß auch um die Befindlichkeiten und Ängste, die dadurch ausgelöst werden", sagt der Rathauschef. Dazu komme das Thema Schul- und Kitaplätze. "Ich sehe es als problematisch an, wenn Eltern bei uns keinen Kindergartenplatz kriegen, weil das Personal fehlt", sagt Sander. "Zugleich werden Flüchtlingskinder prioritär behandelt und bekommen einen Platz. Das passt einfach nicht zusammen."

Unterdessen meldeten sich in der jüngsten Gemeinderatssitzung zwei Anwohner der Tennisplätze am Postweg zu Wort. Sie distanzierten sich von der Online-Petition, die sie als "Einzelaktion" bezeichneten. Ihnen zufolge haben sich etliche Anwohnerinnen und Anwohner zusammengetan und einen Brief ans Rathaus und an den Landrat verfasst. Darin betone man, "dass wir im Grundsatz nicht gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Taufkirchen sind". Das Grundstück am Postweg jedoch sei schlicht zu klein für eine Unterkunft mit 300 Geflüchteten - "und auch von der Umgebung her nicht optimal geeignet".

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