Energiewende:Über eine niedrige Schwelle in den Öl-Ausstieg

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Setzt vorübergehend auf einen Pufferspeicher und wartet ansonsten auf den Anschluss an ein Fernwärmenetz: Rupert Mayer aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn. (Foto: Sebastian Gabriel)

Was tun mit der alten Heizung? Diese Frage stellen sich aktuell viele Eigenheimbesitzer. Beim Tag des offenen Kellers in Höhenkirchen-Siegertsbrunn zeigen zehn Privatleute, wie sie auf Pellets, Solarthermie und Wärmepumpe umgerüstet haben.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Wenige Tage vor Weihnachten - in vielerlei Hinsicht ein denkbar schlechter Zeitpunkt - ereilt Rupert Mayer die schlimme Kunde: Im Keller seines Hauses in Siegertsbrunn hat die Ölheizung nach 25 Jahren ihren Geist aufgegeben. Der Kessel ist durchgerostet, unten läuft das Wasser raus, die ganze Anlage ist hinüber. Heißt für Rupert Mayer, dass er zügig etwas unternehmen muss, gerade jetzt im Winter. Nur was?

Vor dieser Frage - was tun mit der Heizung? - sind in den vergangenen Monaten Abertausende Menschen hierzulande gestanden. Inmitten von explodierenden Energiepreisen und irritierenden Gesetzesplänen war die Verunsicherung groß. In Höhenkirchen-Siegertsbrunn kommt noch hinzu, dass die Gemeinde seit Längerem den Aufbau eines kommunalen Fernwärmenetzes plant - obwohl diesbezüglich noch nichts beschlossen ist.

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"Ich habe auch bei meinem Haus die Hoffnung auf einen Fernwärmeanschluss", sagt Rupert Mayer. "Doch das wird sicher noch viele Jahre dauern." Jedenfalls zu lange für seine kaputte Ölheizung, weshalb sich Mayer im vergangenen Winter für eine Interimslösung mit einem großen Pufferspeicher entschieden hat. Dieser wird zwar weiterhin mit Öl betrieben, verfügt aber schon über die Voraussetzungen, um später auf Fernwärme umzusteigen. Zudem ließe sich der Pufferspeicher auch für eine Wärmepumpe nutzen - eine Option, mit der Rupert Mayer derzeit liebäugelt.

Wie genau seine Zwischenlösung aussieht, das können Interessierte an diesem Samstag, 14. Oktober, direkt vor Ort begutachten - beim Tag des offenen Kellers in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Dann öffnet nicht nur Rupert Mayer sein Haus für die Allgemeinheit, sondern insgesamt zehn Privatpersonen stellen ihre Heizsysteme vor: von der Pelletheizung über die Solarthermieanlage bis hin zur Wärmepumpe. "Die Idee ist, dass wir einen niederschwelligen Einstieg schaffen, um die Bürger untereinander zum Thema Heizung ins Gespräch zu bringen", sagt Herbert Palm. Der Physiker leitet das Institut für Nachhaltige Energiesysteme an der Hochschule München, lebt selbst in Siegertsbrunn und unterstützt die Gemeinde bei der anvisierten Energiewende.

Physiker Herbert Palm (links) erklärt Rupert Mayer, welche Möglichkeiten er für eine regenerative Heizung hat. (Foto: Sebastian Gabriel)

So hat Palm nicht nur einen Energienutzungsplan für den Ort erstellt, der Varianten für den Umstieg auf nachhaltige Energiequellen untersucht, sondern im Rahmen des Projekts "Kommunale Energiewende unterstützende Umweltkommunikation" (Keuko) erarbeiten er und sein Team auch Lösungen, wie die kommunale Energiewende möglichst bürgernah vermittelt werden kann. Ein Baustein neben Infoveranstaltungen, Fachsitzungen und einem Chat-Forum, das in Planung ist, soll der Tag des Kellers sein, den das Keuko-Team, die Gemeinde und der Arbeitskreis Energie und Umwelt der Zukunftswerkstatt gemeinsam organisieren.

"Viele Menschen in Höhenkirchen-Siegertsbrunn machen sich zurzeit Gedanken, wie es mit ihrer Heizung weitergeht", sagt Palm. "Und viele warten dabei auf die Gemeinde." Schließlich sei deren weitere Planung in Sachen Fernwärmenetz richtungsweisend für die Entscheidung vieler Immobilienbesitzer. Insofern gehe es beim Tag des offenen Kellers auch darum, "ein bisschen Druck auf die Gemeinde aufzubauen", sagt Palm. "Was die Bürger brauchen, ist eine Art Road-Map, damit sie wissen, ob die Fernwärme kommt - und wenn ja, wann sie in etwa mit einem Anschluss rechnen können."

60 Prozent der verbrauchten Energie am Ort entfallen auf den Wärmesektor

Dass sich die Gemeinde zum Erreichen ihrer Klimaziele auf die Wärmeversorgung wird fokussieren müssen, steht für Herbert Palm außer Frage. Schließlich entfallen ihm zufolge vom gesamten Energiebedarf des Orts in Höhe von jährlich circa 150 Gigawattstunden ganze 60 Prozent auf den Wärmesektor. Und hier wiederum stamme aktuell weniger als ein Viertel aus erneuerbaren Quellen.

Angesichts dieser Zahlen plädiert Herbert Palm für den raschen Aufbau eines Fernwärmenetzes in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Sein Team an der Hochschule München hat ein Szenario entwickelt, wonach die Gemeinde mit dem Bau eines Heizkraftwerks nahe der Erich-Kästner-Schule beginnen könnte. Dieses würde zwar in der Anfangsphase vorrangig mit fossilem Brennmaterial betrieben, könnte jedoch einen baldigen Startschuss für den langwierigen und kostspieligen Netzausbau ermöglichen. Zu einem späteren Zeitpunkt würde durch dieses Netz dann Fernwärme transportiert, die idealerweise aus Tiefengeothermie stamme, so Palm - wahlweise von einer gemeindeeigenen Anlage oder durch den Anschluss ans Netz der Stadtwerke München.

Und irgendwann, so hofft nicht nur Rupert Mayer, wird die klimaneutrale Fernwärme dann auch sein Haus heizen. Zumindest die Voraussetzung hierfür hat er beim Einbau der neuen Heizung bereits geschaffen.

Beim Tag des offenen Kellers am Samstag, 14. Oktober, öffnen zehn Haushalte in Höhenkirchen-Siegertsbrunn ihre Heizungsräume, um dort verschiedene Heizsysteme vorzustellen. Mehr zum Ablauf und zu den genauen Uhrzeiten steht auf der Homepage der Gemeinde unter www.hoehenkirchen-siegertsbrunn.de/offener-keller .

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