Sicherheitswacht:Neubiberg lehnt Hilfspolizisten ab

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Bürgermeister Heyland und Polizeichef Ganserer werben im Gemeinderat vergeblich dafür, dass Ehrenamtliche im Ort auf Streife gehen. Das knappe Votum könnte auch auf die Nachbargemeinde Ottobrunn Auswirkungen haben.

Von Daniela Bode, Neubiberg/Ottobrunn

In Taufkirchen, Haar und Unterhaching gehen Ehrenamtliche auf Streife, sehen nach dem Rechten und unterstützen die örtliche Polizei dabei, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu verbessern. In Neubiberg dagegen wird so eine Sicherheitswacht in nächster Zeit nicht eingeführt. Der Gemeinderat hat es am Montag mit Stimmen vor allem der CSU und der Grünen knapp abgelehnt, einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Polizeiinspektion 28 in Ottobrunn zu stellen. Das Votum könnte auch Auswirkungen auf die Nachbargemeinde Ottobrunn haben, die die Sicherheitswacht eigentlich gemeinsam mit Neubiberg einführen wollte.

Die Neubiberger Gemeinderäte machten es sich nicht leicht, etwa zwei Stunden diskutierten sie über das sensible Thema. Welche Aufgaben eine Sicherheitswacht hat und warum er sie für die Gemeindegebiete Neubiberg und Ottobrunn für sinnvoll erachten würde - es wäre die erste im Einsatzgebiet der Polizeiinspektion 28 -, hatte ihnen zuvor der Leiter der Polizeiinspektion Armin Ganserer erläutert.

Bislang gibt es die Sicherheitswacht in 768 Gemeinden

Bislang sind in Bayern 768 ehrenamtliche Ordnungshelfer im Einsatz, nach dem Willen des Innenministeriums sollen es mindestens 1000 werden. Ganserer betonte, dass er und die Kontaktbeamten immer häufiger den Eindruck hätten, dass die Ängste in der Bevölkerung stiegen. Sei es wegen der Vorfälle in Köln, sei es wegen vermehrter Wohnungseinbrüche. Er verwies auf immer mehr Einsätze, die aber nicht mit Straftaten belegt seien.

Ganserer betonte, dass die Sicherheitswachten keine Aufgaben der Polizei übernähmen. Sie seien dazu da, Kontakt zu den Bürgern zu halten, der Polizei verdächtige Vorkommnisse zu melden, und könnten so das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung verbessern. Die Mitglieder seien von der Polizei ausgebildet. Neben den Rechten, die jeder hat, hätten sie etwa die Befugnis, Personalien festzustellen oder einen Platzverweis auszusprechen. Zur eigenen Sicherheit würden sie mit einem Pfefferspray ausgestattet.

Sicherheitswacht für Unterhaching
:Mit Pfefferspray auf Streife

In Unterhaching sollen künftig wie in Taufkirchen Ehrenamtliche der Sicherheitswacht nach dem Rechten sehen. Kritiker im Gemeinderat warnen, dass das Stellenkürzungen bei der Polizei zur Folge haben könnte.

Von Michael Morosow

Idee war, eine Sicherheitswacht für Neubiberg und Ottobrunn zu etablieren, da die Gemeindegebiete so eng verzahnt sind. In Neubiberg sollte sie an Brennpunkten wie dem Bahnhof und Landschaftspark, aber auch in der Nähe von Asylbewerberunterkünften und in einbruchgefährdeten Bereichen patrouillieren.

Die Entscheidung fiel mit einer Stimme Mehrheit

Die Entscheidung fiel mit nur einer Stimme Mehrheit. Während Bürgermeister Günter Heyland und seine Fraktion der örtlichen Freien Wähler sowie Volker Buck (SPD), Maria Weiß (SPD), Josef Kyrein (Grüne) und Lise-Lotte Endstrasser (CSU) dem Vorschlag Ganserers folgten, lehnte ihn der Rest des Gremiums ab. Der Rathauschef etwa betonte, dass zwar die Kriminalitätsentwicklung in Neubiberg insgesamt rückläufig sei, aber die Zahl der Wohnungseinbrüche und die Straßenkriminalität gestiegen seien.

Den Kritikern gefielen verschiedene Aspekte an einer Sicherheitswacht nicht. Hartmut Lilge (CSU) und einige andere monierten, dass man "die Einrichtung nicht wieder abschaffen kann". Ganserer hatte zuvor erklärt, dass das nicht im Gesetz stehe, er aber davon ausgehe, dass sich die Sicherheitswacht von selbst auflöse, wenn die Ehrenamtlichen nichts zu tun hätten. Dass aktiv eine Auflösung vorangetrieben werden könne, glaubt er "eher nicht".

Das Gefühl der Unsicherheit soll nicht bestätigt werden

Andrea Bernatowicz (Grüne) fand, dass mit der Einführung der Sicherheitswacht ein falsches Signal gesetzt werde. "Damit bestätigen wir das Gefühl der Menschen, die sich subjektiv unsicher fühlen", sagte sie. Dabei hätten sie doch in Neubiberg ein sehr hohes Sicherheitsniveau.

Ganserer betonte, dass es um subjektive Ängste gehe, die man auch ernst nehmen müsse. Kilian Körner, Ute Hirschfeld (beide Grüne) und einige andere plädierten dafür, die Stellen bei der Polizei aufzustocken. Körner sprach von einem "Appell". Ganserer räumte dem allerdings wenig Wirkung ein. "Sonst würde ich nicht hier sitzen und mich für eine Sicherheitswacht aussprechen", sagte er. Lilge und sein Fraktionskollege Thomas Pardeller plädierten sogar dafür, die Bürger zu befragen. Das hielte Ganserer jedoch für ein "Debakel", da dann hoheitliche Aufgaben aus der Hand gegeben würden.

Ottobrunn wollte die Sicherheitswacht gemeinsam mit Neubiberg einführen

In Ottobrunn wollte sich der Hauptausschuss am Dienstagabend mit dem Thema befassen. In der Beschlussvorlage der Verwaltung hieß es, dass ein Antrag gestellt werden soll, wenn auch der Neubiberger Gemeinderat der Einführung einer Sicherheitswacht zustimmt. "Da die Gemeindegrenzen so fließend sind, war angedacht, dass es sinnvoll wäre, die Sicherheitswacht auf beide Seiten auszuweiten", sagte Richard Putz, Leiter des Ordnungsamts, vor der Sitzung. "Das Nein in Neubiberg hindert die Gemeinde Ottobrunn aber nicht daran, eine Sicherheitswacht doch zu bejahen."

Auch Polizeichef Ganserer sah das so: "Wenn Ottobrunn sich dafür entscheidet, werde ich mich nicht verwehren. Es gibt ja eigene Sicherheitsbelange in beiden Gemeinden." Sollte sich der Neubiberger Gemeinderat doch einmal anders entscheiden, müsste er einen Antrag bei der Polizeiinspektion 28 stellen. Wann dann erneut ein Bewerberverfahren beim Polizeipräsidium angestoßen werden kann, ist jedoch offen.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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