München:Vom Waschkeller zum Brauereigasthof

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Josef Bacher-Maurer nahm seinen Schwiegersohn zu einem Braukurs mit. Heute betreiben die beiden ihre eigene Brauerei. (Foto: Claus Schunk)

Aus Spaß begannen Andreas Kurpiela und sein Schwiegervater Josef Bacher-Maurer ihr eigenes Bier herzustellen. Inzwischen schenken sie mehrere Sorten in einem familieneigenen Wirtshaus in Arget aus

Von Cathrin Schmiegel, Sauerlach

Sauerlach - Es ist still an diesem sonnigen Samstagvormittag, auf der Holzkirchener Straße in Arget ist kein Mensch zu sehen. Dann saust ein einsamer Rennradfahrer vorbei, keucht, und ist an der nächsten Ecke wieder verschwunden. Die Landstraße bleibt verlassen zurück. Von einem kleinen Hügel dringt das dumpfe Klirren von Gläsern herab, ein kehliges Lachen ertönt. Die Geräusche kommen vom Gasthaus Seefranzl Bräu. Die Farbe an den Wänden ist noch strahlend weiß, es duftet nach frischer Lasur und süffigem Bier, von dem Familienbetrieb selbst gebraut. Erst in diesem Sommer hat die Wirtschaft eröffnet. Drei Jahre, nachdem Andreas Kurpiela und Josef Bacher-Maurer ihre eigene Brauerei eröffnet und eine kleine Fangemeinde um sich geschart haben.

Michaela Bacher-Maurer - alle rufen sie schlicht Michi - sitzt auf einer Bierbank auf der Sonnenterrasse des Gasthofes. "Vor einem Jahr", sagt sie, "war hier noch Wiese." Bacher-Maurer war bei der Entstehung der Brauerei und des Gasthofes von Anfang an dabei, ihr Vater Josef Bacher-Maurer und ihr Partner Andreas Kurpiela waren es, die 2012 mit dem Brauen begonnen haben. Das Seefranzl ist in Familienhand. Michaelas Bruder Stefan Früh, der ursprünglich auch Bacher-Maurer hieß, und seine Frau Alexandra sind beide Gastronomen und führen den Gasthof. Das war lange ihr Traum, "in nur fünf Monaten war das Wirtshaus dann aufgebaut", sagt Michaela Bacher-Maurer. Sie selbst sei bei dem Betrieb voll eingespannt, macht die Öffentlichkeitsarbeit und hilft Stefan in der Küche. Das Brauen aber, erzählt sie, würden noch immer ihr Vater und Kurpiela übernehmen.

In einem kleinen Raum im Keller ist die Luft feucht. Es ist nicht viel darin: ein paar Wasserboiler, ein Regal, und der Braukessel. Andreas Kurpiela steht davor und gießt langsam heißes Wasser auf geschrotetes Malz. Im Raum verbreitet sich ein süßlich-erdiger Geruch. Anfangs, erzählt Kurpiela, entstehe die sogenannte Maische. Bis das Bier schließlich filtriert, abgefüllt und mit den Etiketten des Hauses versehen werden kann, wird noch einige Zeit vergehen: "Zehneinhalb Stunden dauert der ganze Prozess", sagt Kurpiela ohne den Kessel aus den Augen zu lassen. "Die letzten acht Stunden muss ich ununterbrochen dabei bleiben." 200 Liter kann Kurpiela so bei einem Durchgang herstellen, zwei bis drei Mal in der Woche wird gebraut.

Eine Ausbildung zum Brauer hat der 31-Jährige nicht, er arbeitet drei Tage die Woche als Schreiner, den Rest hält er sich inzwischen für das Seefranzl frei. Sein Schwiegervater ist als Maler derzeit so eingespannt, dass hauptsächlich er selbst das Brauen übernimmt. Was die beiden Männer über das Handwerk wissen, haben sie sich überwiegend autodidaktisch beigebracht. Die Idee dazu hatte Josef Bacher-Maurer vor drei Jahren. Er hat seinen Schwiegersohn und sich zu einem Brauereikurs mitgenommen, "just for fun" wie Kurpiela sagt. Das Resultat: "Wir waren hinterher ein wenig angetrunken und haben uns gedacht: ,Wir machen einfach unser eigenes Bier'." Am selben Abend noch wurde eine Brauanlage gekauft. "Gebraut haben wir anfangs im Waschkeller von Michis μMutter", sagt Kurpiela und lächelt, "sie hat ihn dafür geräumt".

Die erste Anlage hatte ein Fassungsvermögen von 50 Litern. Nach und nach entstanden darin die extravaganten Biersorten, die im Gasthof und Freitagnachmittags auch im Seefranzl-Laden verkauft werden. Das Grundrezept für das Micheli-Dunkel, hatten Kurpiela und Bacher-Maurer noch im Brauseminar erhalten, für das Weißbier gab es "fünf bis sechs verschiedene Rezepte". Für das Niederhamer, einem Hellen nicht unähnlich, hat sich Josef Bacher-Maurer von einer Brauerei beraten lassen. Auch bei anderen Schmankerln holt sich die Familie Unterstützung: Das Biertreberbrot wird von der Dorfbäckerei aus den ausgelaugten Malzresten gebacken, die nach dem Brauvorgang übrig bleiben. Die Bierpralinen etwa stellt eine befreundete Konditormeisterin für die Wintermonate her, nach einem ausgeklügelten Rezept. "Es hat lange gedauert, bis wir herausgefunden haben, wie die Pralinen am besten schmecken", sagt Michaela Bacher-Maurer. Mal sei die Konsistenz zu flüssig geworden, mal habe es nicht geschmeckt. "Der Hopfengeschmack sollte nicht dominieren." Die Füllung sei jetzt geleeartig, das habe der Familienrat so entschieden.

Es war auch die Familie, die sich letzten Endes für die Realisierung des Gasthofes entschieden hat. "Die Nachfrage nach unserem Bier wurde immer größer", erinnert sich Michaela Bacher-Maurer, "da hieß es: aufstocken oder es ganz sein lassen." Der Entschluss für die eigene Wirtschaft fiel am 50. Geburtstag von Josef Bacher-Maurer im vergangenen Jahr. "Mein Vater kam zu uns und hat gefragt: Wo seht ihr eure Zukunft?", erzählt Tochter Michaela. Die Antwort sei bei allen Beteiligten dieselbe gewesen.

Ein Jahr danach sitzen auf einer der Bierbänke ein paar Gäste und prosten sich zu. Vor sich haben sie die "Probierbrettl" der Wirtschaft abgestellt, darin: drei Biersorten in 0,1-Liter- Weißbiergläsern mit Seefranzl-Aufdruck. Welches Bier das Beste ist, kann niemand von ihnen auf Anhieb sagen. "Sie schmecken alle besonders", sagt ein Mann mit grau meliertem Haar und nimmt noch einen Schluck.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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